Wirtschaft

Schwere Zeiten für Gutscheinportale Das Ende des Rabattwahns

Da hatte er noch gut lachen: Andrew Mason mit Vorstand Eric Lefkofsky beim Groupon-Börsengang.

Da hatte er noch gut lachen: Andrew Mason mit Vorstand Eric Lefkofsky beim Groupon-Börsengang.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vorbei sind die glorreichen Zeiten für Groupon: Seit seinem fulminanten Börsengang wartet das Unternehmen eher mit Negativschlagzeilen auf, auch bei der deutschen Konkurrenz kriselt es. Marktführer Groupon versucht das Ruder herumzureißen und mit neuen Geschäftsideen zu punkten.

Es ist noch nicht lang her, da hatte Groupon allen Grund zum Feiern. Gerade hat Chef und Mitbegründer Andrew Mason die Eröffnungsglocke der US-Technologiebörse geläutet, jetzt albert er draußen mit Vorstand Eric Lefkofsky herum. Die Anspannung ist von ihm abgefallen, heute leuchtet endlich das überdimensionale Groupon-Logo am Nasdaq-Gebäude. Nur zu gern lässt sich Mason davor ablichten, sein Grinsen könnte nicht breiter sein. Der Börsengang ist geschafft, eine Groupon-Aktie kostet 20 Dollar.

"Das am schnellsten wachsende Online-Unternehmen aller Zeiten" nannte das "Forbes"-Magazin das Schnäppchenportal, das Anfang November 2011 den Sprung aufs Parkett wagte, einmal. Groupon erhielt mehrere Preise und war das "Startup des Jahres 2010". Zahlreiche Unternehmen fingen an, das Geschäftsmodell nachzuahmen. Höhepunkt der Erfolgsgeschichte war der Börsengang, der Marktwert wurde auf über 12 Milliarden Dollar geschätzt.

Viele Schnäppchen sind verkauft worden, nun erreicht der Preisverfall auch Groupon selbst. Die jüngste Vergangenheit war schmerzlich. Nur eine positive Nachricht konnte das Portal in Deutschland im letzten halben Jahr verkünden: Sämtliche Berliner Mitarbeiter bezogen im Juli das gemeinsame "Groupon Center". Ansonsten schweigt das Unternehmen.

Groupon muss Schlappen wegstecken

Katerstimmung bei Groupon-Chef Andrew Mason.

Katerstimmung bei Groupon-Chef Andrew Mason.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aus gutem Grund: Es läuft nicht wirklich rund für Groupon. Nachdem das Unternehmen des Öfteren wegen Bilanzkorrekturen öffentlich in der Kritik gestanden hatte, meldete das "Wall Street Journal" im August, dass vier wichtige Investoren ihre Anteile stark reduziert oder ganz verkauft hätten. Anfang September erreichte der Aktienkurs seinen historischen Tiefpunkt. Eine Groupon-Aktie ist heute gerade noch rund 4 US-Dollar wert. "Rabatt: 80 Prozent" – eigentlich versucht das Portal so seine Kunden zu locken, jetzt wird die eigene Aktie zum Schnäppchen.

Doch nicht nur mit dem Kursrutsch muss das Portal sich dieser Tage herumschlagen, es kommt noch dicker. Das Portal musste nun beliebte Schnäppchen aus dem Angebot nehmen. Gerade erst entschied das Verwaltungsgericht Berlin gegen das Portal. Scherzhafte Professoren- und Doktortitel in Fachgebieten wie Exorzismus, Unsterblichkeit und Ufologie darf das Portal künftig nicht mehr vertreiben.

Immer wieder war der Online-Vertreiber von Rabattgutscheinen auch von Verbraucherschützern kritisiert worden, etwa weil er die Ersparnis durch seine Rabatte zu hoch auswies oder Gutscheine mit zu kurzen Einlösungsfristen vertrieb. Doch vor allem Gutscheine für Schönheitsoperationen alarmierten die Verbraucherschützer, ein operativer Eingriff sei nicht vergleichbar mit einem Friseurbesuch. Im Frühjahr gab Groupon nach und erklärte, es wolle keine Schönheitsoperationen mehr anbieten - eine weitere Schlappe für das Portal.

WerGehtHin und weg: Deutsches Portal am Ende

Doch Groupon ist nicht das einzige Online-Rabattportal, das zu kämpfen hat: Beim größten deutschen Konkurrenten, der Google-Tochter Dailydeal, scheint es ebenfalls zu kriseln. Laut Medienberichten entließ das Unternehmen jüngst eine größere Zahl von Mitarbeitern aus Außendienst und Betrieb. Teils soll Angestellten in leitenden Funktionen gekündigt worden sein. "Wir nehmen Änderungen im Dailydeal-Team vor, um es besser an den dynamischen Deal-Markt anzupassen", teilte Google auf Anfrage von n-tv.de mit. Näher möchte sich aber weder Dailydeal noch Google zu den Entlassungen äußern.

Der ehemalige Wettbewerber WerGehtHin musste seinen Gutscheinvertrieb im Juli endgültig aufgeben."Wochenlang haben wir mit allen Mitteln gekämpft", verkündete das Unternehmen auf seiner Seite. "Wir haben alles gegeben und sind am Ende trotzdem gescheitert." WerGehtHin hatte in Städten wie Köln und Frankfurt vor allem Gutscheine für lokale Unternehmen angeboten. Als Empfehlungsportal für lokale Gastronomie und Veranstaltungen besteht Wergehthin.de nach wie vor, nur den Gutscheinvertrieb hat das Unternehmen eingestellt.

Marktführer sucht nach Alternativen

Im Fall, dass sich der Gutscheinhandel auch für sie nicht mehr rechnet, stünden die deutschen Marktführer Groupon und Dailydeal im ersten Moment schlecht da: Im Gegensatz zu WerGehtHin haben sie bisher keine größeren alternativen Geschäftsmodelle publik gemacht, auf die sie sich dann konzentrieren könnten. Das scheint auch Groupon-Chef Andrew Mason bemerkt zu haben. Er hat sich bereits neue Geschäftsfelder ausgedacht, wohl aus Angst vor dem Ende seines gefeierten Modells "Groupon". Die Möglichkeiten von Dailydeal, sich über Verknüpfungen mit anderen Angeboten des Google-Konzerns umzuorientieren, sind da wesentlich größer."

So teilte Groupon n-tv.de mit, das Unternehmen wolle "diversifiziert wachsen". In den USA teste es gerade schon zwei neue, ebenfalls kostenlose Services. Mit einer neuen Software, dem "Merchant Center", sollen die Kunden online einsehen können, wann im Restaurant ein Tisch oder beim Masseur ein Termin frei ist, und dann direkt reservieren. Der zweite neue Service, "Groupon Rewards", soll Stempel- und Bonuskarten ersetzen: Bonuspunkte verschiedener Unternehmen sollen stattdessen mit der neuen App gesammelt werden. Die neuen Angebote will Groupon bald auch in Deutschland einführen.

Zumindest die Google-Tochter Dailydeal scheint am bisherigen Geschäftsmodell festzuhalten. "Wir sind fest vom Couponing-Ansatz überzeugt", teilt Google mit. Bei einem Ende der Gutscheinportale hätte Dailydeal mit Google aber einen starken Mutterkonzern hinter sich. Und der würde gern noch ein wenig vom Rabattwahn profitieren. "Gemeinsam mit Dailydeal wollen wir unsere Position in Deutschland und die Zahl unserer Partner stetig ausbauen."

Quelle: ntv.de

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