Wirtschaft

Problem wird ausgesessen Banken halten an faulen Krediten fest

Faule Hypothekenkredite: Viele deutsche Banken wollen sich noch nicht von ihnen trennen.

Faule Hypothekenkredite: Viele deutsche Banken wollen sich noch nicht von ihnen trennen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Während ausländische Banken ihre faulen Kredite abstoßen, halten sich die deutschen Häuser damit noch zurück. Statt sich so neue Liquidität zu sichern, wollen sie offenbar das Problem aussitzen. Noch scheint nicht genug Druck im Kessel zu sein, so das Fazit vieler Experten.

Wann trennen sich die Banken in Deutschland in großem Stil von ihren faulen Immobilienkrediten? In diesem Jahr jedenfalls nicht mehr, lautet das nüchterne Fazit vieler Investoren, die auf so manches Schnäppchen gehofft hatten. Schließlich lag der Verdacht nahe, dass gerade sanierungsbedürftige Landesbanken und verlustreiche Immobilienfinanzierer angesichts der strengeren Eigenkapitalanforderungen anfangen, in ihren Portfolien sogenannte Non Performing Loans (NPLs) auszumisten. Doch "Basel III" hin oder her - für viele ist der Leidensdruck offenkundig noch nicht groß genug. Nur vereinzelt gehen hierzulande Pakete über den Tisch. Beim Preis finden Käufer und Verkäufer oft nicht zueinander.

"Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hat der deutsche Markt am meisten Nachholbedarf", sagt Jörg Keibel von der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS). "Die in der Boomphase gezahlten Preise führten zu falschen Erwartungen der Verkäufer." Dabei wäre eigentlich genug Geld da.

Gerade ausländische Investoren, allen voran Finanzinvestoren, haben die Taschen prall gefüllt, berichten Branchenkenner. Doch sie verlangen meist einen Preisabschlag zwischen 25 bis 50 Prozent. Nur so lassen sich ordentliche Renditen erwirtschaften, wenn die Private-Equity-Fonds die Gebäude irgendwann wieder zum Verkauf stellen - oftmals nach aufwendiger Sanierung. Und selbst Family Offices, die sich angesichts des Mangels an vollvermieteten Immobilien in Top-Lagen nun auch verstärkt nach NPL-Portfolien umschauen, knausern.

Das Problem aussitzen

Die Banken könnten sich mit dem Abverkauf der faulen Hypotheken zwar Liquidität verschaffen oder angesichts der anrollenden Refinanzierungswelle auf dem Immobilienmarkt einfach gesund schrumpfen. Doch sie wollen ihre Assets nicht verschleudern. Lieber sitze man das Problem aus und versuche unter Umständen, die kritischen Portfolien selbst auf Vordermann zu bringen, heißt es vielerorts hinter vorgehaltener Hand. "Da können die Investoren noch so laut die Werbetrommel rühren. Am Ende überlegt man genau, ob man um jeden Preis verkaufen muss", sagt ein Banker. Mitunter werfen die Immobilien sogar noch einen Cash-flow ab, da tue das Durchhalten nicht ganz so weh.

Blaupause oder Exot?

Der unlängst bekannt gewordene Colony-Deal sei jedenfalls nicht repräsentativ für die derzeitige Stimmungslage auf dem deutschen Markt, heißt es unisono bei Käufern und Verkäufern. Ein Bankenkonsortium aus Eurohypo, Helaba, Berlin Hyp und Archon Capital Bank hatte der US-Investmentfirma einen syndizierten Immobilienkredit über 370 Mio. Euro verkauft, zu einem unbekannten Preis. Solche großen Verkäufe habe es lange nicht gegeben, frohlockte Colony und hofft auf mehr. Andere Investoren sind da skeptischer. "Das war eher ein exotischer Deal", sagt einer.

Experte Keibel geht davon aus, dass in Deutschland in diesem Jahr bei NPL-Transaktionen ein Volumen von 2 Mrd. Euro erreicht wird. "Vielleicht geht es auch noch darüber hinaus." Faule Privat- und Konsumentenkredite werden dabei mit eingerechnet, machen generell aber nur einen Bruchteil der Gesamtsumme aus. 2 Mrd. Euro wären aber nichts im Vergleich zu den Boomjahren 2005 und 2006 mit mehr als fünf Mal so viel. Und selbst 2007, als die Finanzkrise ihre Kreise zog, waren es noch 5 Mrd. bis 6 Mrd. Euro.

Das Ausland ist weiter

In anderen Ländern sind die Banken schon weiter, ihre Bilanzbereinigung ist in vollem Gange: Die Royal Bank of Scotland, in der Finanzkrise vom Staat aufgefangen, verkaufte im Frühjahr spanische Immobilienkredite über 286 Mio. Euro an Perella Weinberg. Barclays machte einen ähnlichen Deal mit der Investmentfirma Crexus.

Auch in Italien fangen die Geldhäuser allmählich an, aufzuräumen. Unicredit und Intesa kämmen gerade ihre milliardenschweren NPL-Portfolien durch und loten aus, von welchen Teilen sie sich trennen.

Die Schuldenkrise könnte die Aufräumarbeiten noch beschleunigen. Gut möglich, dass dann der Druck auf dem Kessel auch in Deutschland steigt.

Quelle: ntv.de, Kathrin Jones, Reuters

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