Wirtschaft

Zockerei mit griechischen Anleihen Zyperns Banken vernichten Beweise

Polizisten bewachen Ende März den Eingang der Bank of Cyprus, während Angestellte vor dem Gebäude demonstrieren.

Polizisten bewachen Ende März den Eingang der Bank of Cyprus, während Angestellte vor dem Gebäude demonstrieren.

(Foto: REUTERS)

Der Schuldenschnitt für Griechenland war für Zyperns Banken eine Katastrophe, schließlich hatten sie eifrig Hellas-Anleihen gekauft. Aber warum setzten sie alles auf eine Karte und riskierten damit ihren Untergang? Das wird wohl ein Geheimnis bleiben, denn die Banken haben brisante Daten gelöscht.

Wegen eines mysteriösen USB-Sticks wird die Welt möglicherweise nie erfahren, warum die größte Bank Zyperns so eifrig dem Untergang geweihte griechische Staatsanleihen anhäufte - und damit ihr eigenes Schicksal sowie das ihrer Heimatinsel besiegelte. Im vergangenen Oktober wurde die Speichereinheit mit einem speziellen Programm zum Löschen von Daten in den Computer eines Managers der Bank of Cyprus gesteckt. Nach wenigen Minuten waren 28.000 Dateien verschwunden - darunter viele Emails genau aus der Zeit, in der das Institut Milliarden in die Bonds aus Athen investierte.

Der Vorgang kam ans Licht, als Ermittler die fraglichen Daten zum Zusammenbruch des Bankensystems auswerten wollten. Die Nachrichtenagentur Reuters erhielt einen Einblick in den vertraulichen Bericht der Beratungsfirma Alvarez & Marsal, der - auch wegen des USB-Sticks - keine eindeutige Erklärung für das fatale Verhalten der Bank zutage förderte.

Dem Bericht zufolge wollte die Bank of Cyprus offenbar mit riskanten griechischen Schuldenpapieren wachsende Verluste wettmachen, die ihr aus dem Anstieg fauler Kredite entstanden. Einige Manager weihten jedoch möglicherweise den Verwaltungsrat nicht in diese gewagte Strategie ein, verheimlichten die entstehenden Verluste durch Buchungstricks und verzögerten später womöglich eine Untersuchung. So erklärten Bank-Manager etwa im Dezember 2009 den Medien und dem Verwaltungsrat, dass die griechischen Anleihen fast alle verkauft seien. Dass die Bank schon wenige Tage darauf wieder Milliarden in die Papiere investierte, wurde dagegen nie publik. Der Bericht beklagt zudem eine Firmenkultur, in der Management-Entscheidungen nie infrage gestellt wurden.

Massenhaft Daten gelöscht

Michael Olympios, der Chef eines Anlegerverbandes, resümiert die Ergebnisse der Untersuchung mit dem berühmten Zitat des Historikers Lord Acton: "Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut." Die Bank of Cyprus will sich nun zu dem Bericht nicht äußern und auch der Generalstaatsanwalt lehnt eine Stellungnahme ab.

Anfang des Monats hatte die griechische Zeitung "Kathimerini" berichtet, der Bericht belaste vor allem den früheren Vorstandschef Andreas Eliades und den ehemaligen verantwortlichen Leiter für das Kapitalmarktgeschäft, Christakis Patsalides. Auf den Computern der beiden Ex-Manager seien nur sehr wenige oder überhaupt keine gespeicherten E-Mails aus den Jahren 2009 bis 2012 gefunden worden, dafür aber eine Spezialsoftware für die Löschung von Daten, die nicht zur Computer-Standardausstattung bei der Bank gehört habe, berichtete die Zeitung.

Auf dem Computer von Patsalides seien am 18. Oktober 2012 massenhaft Daten gelöscht worden. Die Bankangestellten waren dem Bericht zufolge indes von der Zentralbank schon am 21. August angewiesen worden, die Daten wegen der bevorstehenden Überprüfung durch Alvarez & Marsal nicht anzutasten.

Eliades' Büro-Computer sei komplett leer gewesen, hieß es weiter. Entweder habe er ihn nie benutzt oder die Daten seien nach seinem Abgang im Juli 2012 von der Bank beziehungsweise mittels der betreffenden Software gelöscht worden. Zugleich rügten die Prüfer die mangelhafte Kooperationsbereitschaft des Ex-Vorstandschefs, berichtete die Zeitung.

Das Gutachten von Alvarez & Marsal betrifft neben der Bank of Cyprus auch das zweite in Schieflage geratene Geldhaus, die Laiki Bank. Die Banken waren durch das starke Engagement in Griechenland nach dem griechischen Schuldenschnitt im Oktober 2011 ins Taumeln geraten. Die Versuche sie zu stützen, brachten auch den zyprischen Staat an den Rand des Bankrotts. Insgesamt 10,6 Milliarden Euro kostet allein die Abwicklung der Laiki Bank und die Restrukturierung der Bank of Cyprus. Zur Kasse gebeten werden dabei Großanleger und -gläubiger.

Die beteiligten Manager beharren unterdessen darauf, dass griechische Anleihen damals als attraktive Investitionsmöglichkeit erschienen. Der ehemals für das Risikomanagement der Bank of Cyprus verantwortliche Nicolas Karydas widerspricht auch der Darstellung des Berichts, er habe den Verwaltungsrat getäuscht - dieser habe die Investment-Strategie sogar mehrfach abgesegnet. "Es schien damals Konsens zu sein, dass Griechenland die Krise überstehen wird." Auch der frühere Institutschef Andreas Eliades erklärt, die Bonds hätten damals gute Ratings gehabt und seien auch international sehr gefragt gewesen. "Jeder kaufte griechische Anleihen." EU-Daten zufolge hatten jedoch die meisten internationalen Institute damals nicht annähernd so viele griechische Papiere in ihren Portfolios - obwohl sie viel größer waren.

Vielleicht enthielten die zahlreichen gelöschten Dateien stichhaltigere Argumente für den Kauf der griechischen Papiere, als die Manager heute liefern wollen - dies vermuten zumindest die Autoren des Berichts. Der mysteriöse USB-Stick unbekannter Herkunft hat sie jedoch vermutlich für immer gelöscht.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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