Wirtschaft

"Unmengen" von Geld abgeflossen Zypern prüft Überweisungen

Die Bedingungen für das Rettungspaket stoßen in Zypern auf wenig Verständnis.

Die Bedingungen für das Rettungspaket stoßen in Zypern auf wenig Verständnis.

(Foto: REUTERS)

Wer größere Guthaben auf zyprischen Konten hat, wird wohl einen Teil des Geldes verlieren. Doch einige zyprische Beamte sind davon womöglich nicht betroffen. Sie sollen ihre Konten noch vor dem Schließen der Banken geräumt haben. Der Parlamentspräsident kündigt eine Untersuchung an.

In den Wochen und Tagen vor der Schließung der Banken Zyperns wegen der dramatischen Finanzlage soll es ungewöhnlich hohe Geldüberweisungen ins Ausland und Abhebungen von Bargeld gegeben haben. Diesen Informationen will nun Parlamentspräsident Ginnakis Omirou nachgehen. Er hat einer Liste mit den Überweisungen ins Ausland der vergangenen Wochen gefordert, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet.

Omirou will prüfen ob hohe Beamte, die in den Entscheidungszentren der Zentralbank oder auch im Präsidialgebäude sitzen und von der bevorstehenden Entscheidung zur Schließung der Banken am 16. März wussten, Geld ins Ausland geschafft haben. Zyprische Medien berichteten ohne Quellenangabe, es seien "Unmengen" von Geld abgehoben worden.

Banken sollen am Donnerstag öffnen

Unterdessen zeigt sich die zyprische Regierung optimistisch, die seit Tagen geschlossenen Banken am Donnerstag wieder öffnen zu können. Die Regierung habe noch etwas Zeit gebraucht, um Kapitalbeschränkungen zu installieren, sagte Finanzminister Michael Sarris der BBC. Eigentlich sollten die Banken bereits an diesem Dienstag wieder öffnen, was aber kurzfristig um zwei Tage verschoben wurde.

Das nächtliche Verwirrspiel um die Öffnung der Banken auf Zypern sorgt für weitere Unruhe in der Bevölkerung. Zudem herrscht nach wie vor Unklarheit über die geplanten Einschränkungen, mit denen bei einer Wiedereröffnung der Banken ein sofortiger Abfluss des gesamten Kapitals verhindert werden soll.

Nach einem Tauziehen zwischen dem Gouverneur der Zentralbank Zyperns und Staatspräsident Nikos Anastasiades wurde zu später Stunde beschlossen, alle Banken des EU-Landes noch geschlossen zu halten. Aus Gründen der "gleichmäßigen Funktion des gesamten zyprischen Bankensystems" sollten die Banken gemeinsam am Donnerstag öffnen, verlautete aus dem Finanzministerium und der Zentralbank.

Zunächst hatte es am Montag geheißen, dass am Dienstag zumindest die Genossenschaftsbanken sowie die nicht angeschlagenen kleineren Banken ihre Schalter öffnen würden. Die Banken auf Zypern sind bereits seit dem 16. März geschlossen.

Unterdessen demonstrierten auf den Straßen der zyprischen Hauptstadt Nikosia hunderte Schüler gegen die sogenannte Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds, die am Wochenende ein Rettungspaket für das finanziell angeschlagene Zypern geschnürt hatte. "Troika raus aus Zypern", skandierten die überwiegend links orientierten Schüler vor dem Parlament. "Wir können es auch alleine schaffen", meinte eine Schülern.

Coeure tadelt Dijsselbloem

EZB-Direktor Benoit Coeure kritisierte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem für sein Interview, das am Montag für heftige Kursbewegungen gesorgt hatte. "Ich denke, Herr Dijsselbloem lag falsch mit dem, was er da sagte. Die Erfahrung von Zypern ist kein Modell für den Rest der Eurozone", sagte Coeure dem französischen Radiosender Europe 1. "Es war eine Lösung für eine Lage, die verzweifelt geworden ist. Ich sehe keinen Grund, warum diese Methoden woanders angewendet werden sollte."

Der niederländische Finanzminister hatte in einem Interview den Eindruck vermittelt, dass die im Falle Zyperns angewendete Beteiligung von Guthaben über 100.000 Euro ein Beispiel für künftige Rettungsprogramme sein könnte. Das hatte schwere Verluste bei Bankaktien zur Folge.

Später bekräftigte er, dass der Rettungsplan für Zypern ein Wendepunkt im Umgang mit der Finanzkrise sei. "Diese Wende der Politik ist unausweichlich", sagte er der Tageszeitung "De Volkskrant". Kosten und Risiken der Finanzkrise würden nicht länger dem Staat, sondern dem Verursacher auferlegt. Der Rettungsplan für Zypern sei allerdings keine "Blaupause" für andere Länder.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, plädierte dafür, Gläubiger von Banken und Staaten bei Rettungsmaßnahmen stärker einzubinden und dafür Steuerzahler und Kleinsparer zu schonen. "Man sollte jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um Marktdisziplin wieder herzustellen", sagte er dem "Handelsblatt". "Die Gläubiger von Banken und Staaten müssen herangezogen werden, bevor der europäische Steuerzahler zu Hilfe gerufen wird."

Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP/dpa

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