Wirtschaft

Sicherheitskräfte sind alarmiert Zypern-Banken öffnen am Mittag

Ab Donnerstag sehen die Zyprer auch wieder eine Bank von innen.

Ab Donnerstag sehen die Zyprer auch wieder eine Bank von innen.

(Foto: REUTERS)

In Zypern beginnt ein spannender Tag. Um 12 Uhr Ortszeit (11 Uhr MEZ) machen alle Banken des mit Ach und Krach vor der Pleite geretteten Landes auf. Bankkunden dürfen pro Tag nicht mehr als 300 Euro abheben. Von der EZB bereitgestellte 5 Milliarden Euro werden auf die Bankfilialen verteilt. Es wird mit einem Ansturm der Kunden gerechnet. Sicherheitskräfte werden vor Ort sein.

Demonstration vor dem Präsidentensitz in Nikosia.

Demonstration vor dem Präsidentensitz in Nikosia.

(Foto: AP)

Die seit Tagen geschlossenen zyprischen Banken we rden in wenigen Stunden wieder geöffnet. Das teilten die Zentralbank Zyperns und das Finanzministerium in Nikosia mit. Alle Geldinstitute werden von 12 bis 18 Uhr Ortszeit (11 bis 17 Uhr MEZ) geöffnet sein.

Die Banken der Inselrepublik sind aus Sorge vor einer massiven Kapitalflucht seit dem 16. März geschlossen. Seitdem können sich die Menschen in griechischen Teil der Insel nur noch aus Geldautomaten mit Bargeld versorgen.

Die zyprischen Behörden trafen Vorkehrungen, damit nach der Öffnung nicht zu viel Kapital auf einmal aus den Banken abfließt. Finanzminister Michalis Sarris erließ ein Dekret, wonach Bankkunden pro Tag nicht mehr als 300 Euro abheben dürfen.

"Keine Panik, keine Panik"

Es wird mit einem Ansturm auf die Filialen gerechnet. Deswegen wurden die Beschränkungen eingeführt. Dazu gehört ebenfalls, dass keine Bar-Schecks eingelöst werden können. Kreditkarten können innerhalb Zyperns unbegrenzt genutzt werden. Im Ausland gilt dafür eine Grenze von monatlich 5000 Euro. Für Beträge bis zu 200.000 Euro ist eine Genehmigung der Zentralbank notwendig.  Zyprer sollen zudem pro Auslandsreise maximal 1000 Euro Bargeld mit sich führen dürfen. Festgeldanlagen dürfen nicht vorzeitig gekündigt werden.

Die Sicherheitskräfte seien vor der Öffnung der Banken in Bereitschaft, um auch Überfälle zu verhindern, sagte ein Sprecher der zyprischen Polizei. "Wir haben alle nötigen Maßnahmen getroffen, damit die Leute geschützt werden." Ein Sprecher der Genossenschaftsbanken rief die Menschen zur Ruhe auf: "Ich sage den Leuten: Keine Panik, keine Panik. Jeder wird das bekommen, was ihm zusteht."

Die zyprische Zentralbank ist einem Zeitungsbericht zufolge mit 5 Milliarden Euro Bargeld ausgestattet worden. Das Geld sei in einem schwer bewachten Konvoi vom Flughafen Larnaka aus zur Zentralbank in Nikosia gefahren worden, berichtete die Zeitung "Kathimerini". Das von der Europäischen Zentralbank (EZB) bereitgestellte Bargeld werde nun an die Bankfilialen in Zypern verteilt. Die Lieferung sei von Hubschrauber-Einheiten in der Luft gesichert worden.

Zypern ist vor allem wegen seines überdimensionierten Finanzsektors in Schieflage geraten. Spätestens seit dem Schuldenschnitt für Griechenland sind die Banken marode. Nun sollen sie - als Gegenleistung für die zehn Milliarden Euro schweren Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) - radikal schrumpfen. Zyperns zweitgrößtes Kreditinstitut Laiki wird sogar geschlossen, reiche Bank-Kunden sollen einen Großteil ihres Geldes verlieren und damit einen Sanierungsbeitrag leisten. Eine zunächst angedachte Beteiligung aller Sparer ist zwar vom Tisch, sorgte aber für große Verunsicherung.

Russland droht mit Konsequenzen

Zypern hat viele Jahre mit niedrigen Steuern, hohen Zinsen und laxen Kontrollen große Summen aus dem Ausland angelockt, vor allem von reichen Russen und Briten. Russlands Finanzminister Anton Siluanow warnte Zypern nun, unnötige Kontrollen bei gesunden Banken einzuführen. Er machte von dieser Frage auch die Gespräche abhängig, Zypern einen russischen Kredit im Volumen von 2,5 Milliarden Euro zu verlängern und mit besseren Konditionen zu versehen.

Trotz geschlossener Banken sollen bereits größere Summen von Ausländern in Sicherheit gebracht worden sein. Die Filialen der größten zyprischen Banken in London zum Beispiel wurden nicht dichtgemacht. Dort gab es auch - anders als bei den führenden Banken auf der Insel - keine Limits für Abhebungen. Details oder offizielle Bestätigungen für den Abfluss von Geldern gab es aber nicht.

Andere Steueroasen dürften von den Problemen Zyperns profitieren. Luxemburg verbat sich aber jeden Ratschlag, seinen riesigen Finanzsektor zurückzufahren. Dieser steht für das 20-fache der Wirtschaftsleistung und damit noch viel mehr als in Zypern. Die Kennziffer alleine tauge aber nicht zur fairen Beurteilung, teilte die Regierung des Großherzogtums mit.

"Es gibt keine Parallelen zwischen Zypern und Luxemburg, und wir lassen uns auch keine Parallelen aufzwingen", sagte Regierungschef Jean-Claude Juncker im ZDF. Der Finanzplatz Luxemburg sei völlig anders aufgestellt als der Finanzplatz Zypern, Luxemburgs Banken hätten zudem eine wesentlich höhere Eigenkapitalquote als die  zyprischen.

Verärgert reagierte der frühere Vorsitzende der Eurogruppe auf Äußerungen seines Nachfolgers Jeroen Dijsselbloem. "Es stört mich, wenn man so tut, als ob die Art und Weise, wie das Zypern-Problem zu lösen versucht wurde, als Blaupause für zukünftige Rettungspläne gilt", sagte Juncker weiter. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, "dass Spareinlagen in Europa nicht sicher wären". Zypern sei ein Sonderfall, sagte Juncker. Die dortigen Probleme und Herausforderungen seien riesengroß, "andere Finanzplätze in Europa und andere Länder kennen diese Probleme nicht".

Dijsselbloem hatte - angesprochen auf Beispiele wie Luxemburg oder Malta - Staaten mit einem großen Finanzsektor empfohlen, Risiken abzubauen: "Stärkt Eure Banken, repariert die Bilanzen und seid Euch im Klaren darüber, wenn Banken in Probleme geraten, kommen wir nicht automatisch, um sie zu lösen", hatte der Niederländer diese Woche gesagt.

Seitdem wird in Europa über die Frage gestritten, ob das Vorgehen zur Stabilisierung Zyperns als Modell für künftige Rettungsaktionen taugt. Die portugiesische Regierung schloss aus, dass es ähnliche Fälle geben werde, bei denen auch Bankkunden zur Kasse gebeten werden. "Zypern ist ein Einzelfall", hieß es in Lissabon, aber fast wortgleich auch in Deutschland. Andere Staaten wie Finnland hatten sich dagegen offen gezeigt, Sparer erneut in die Pflicht zu nehmen, um Banken zu sanieren.

In diesem Zusammenhang sieht auch SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier im Rettungsplan für Zypern kein Modell für künftige Krisenfälle. "Der Zypern-Plan ist richtig, muss aber ein Einzelfall bleiben", sagte Steinmeier. "Das jetzt vorliegende Maßnahmenpaket stellt sicher, dass die beiden größten Banken des Landes ihre teilweisen dubiosen Geschäftsmodelle aufgeben müssen."

Steinmeier gab der Bundesregierung eine Mitschuld an der aktuell schwierigen Lage. "Es erfüllt mich mit Sorge, wenn Stimmen aus der schwarz-gelben Koalition heute in einigen Ländern als Brandbeschleuniger wirken, statt zur Beruhigung der Gemüter beizutragen", kritisierte der SPD-Politiker.

Volkswirte: Zypern nicht die letzte Rettung

Zyperns Zentralbank entließ inzwischen den Vorstandschef der Bank of Cyprus, Yiannis Kypri, wie ein Mitarbeiter des Instituts sagte. Bereits am Dienstag war der Verwaltungsratschef zurückgetreten. Der Branchenprimus soll künftig von einem Sonderverwalter geführt werden. Er soll den Umbau gewährleisten. Die Bank soll unter anderem Laiki-Teile übernehmen.

Ökonomen rechnen damit, dass weitere Euro-Länder Hilfen benötigen werden. Das erwarten 36 von 48 von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Volkswirte. Als wahrscheinlichste Kandidaten für den Euro-Rettungsschirm ESM wurden Spanien und Slowenien genannt. Die Rating-Agentur Moody's hat derweil die EU-Regierungen vor einer Selbstüberschätzung bei der Bewältigung der Schuldenkrise gewarnt.

Auch nach ihrem ungeschickten Vorgehen zur Rettung Zyperns seien die Politiker offenbar davon überzeugt, ein Übergreifen der Krise auf weitere Euro-Länder verhindern zu können, sagte Moody's-Experte Bart Oosterveld. "Wir gehen davon aus, dass diese Zuversicht fehl am Platze sein könnte."

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts/AFP

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