Wirtschaft

Es geht auch ohne Gier Wells Fargo ist Anlegers Liebling

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(Foto: REUTERS)

2013 macht Wells Fargo knapp 22 Milliarden Dollar Nettogewinn. Die US-Bank löst JP Morgan als größte Profitmaschine der Branche ab. Das Erfolgsrezept von Wells Fargo ist einfach - und deshalb so genial.

In der Finanzbranche gelten spätestens seit der Lehman-Pleite Universalbanken mit ihrer breiten Angebotspalette als die besseren Geldhäuser. Eine Bank soll von Krediten über die Beratung bei Börsengängen bis hin zu komplexen Derivaten alles bieten - doch zahlt sich das wirklich aus? Offenbar nicht: Im vergangenen Jahr war die profitabelste aller US-Banken Wells Fargo. Deren Geschäftsmodell basiert ganz klassisch auf Einlagen und der Kreditvergabe und eben nicht auf dem Investmentbanking.

Wells Fargo sitzt nicht in einer Finanz-Weltstadt wie New York, Zürich, Tokio oder London. Vielmehr liegt die Zentrale in San Francisco. Im Investmentbanking nehmen die Kalifornier weltweit nicht einmal einen Platz unter den Top 25 ein. Doch auch mit dem nur scheinbar faden Einlagen- und Kreditgeschäft lässt sich Großes stemmen.

"Keine unnötigen Risiken"

Mit einer Bilanzsumme von 1,33 Billionen US-Dollar ist Wells Fargo die Nummer vier auf dem US-Markt, hinter JP Morgan Chase, Bank of America und der Citigroup. Das Kreditinstitut wird von den Aufsehern ebenfalls als systemrelevant angesehen. Seine Aktiva machen rund 9 Prozent des gesamten US-Bankensystems aus.

Das Erfolgsrezept von Wells Fargo lautet: Keine unnötigen Risiken eingehen. Zwar hat auch dieses Geldhaus eine Investmentbank und ein Brokergeschäft. Beide machen 5 bzw 22 Prozent der Gebühreneinnahmen von Wells Fargo aus. Aber die Kalifornier wagen sich weit weniger aggressiv ins volatile Geschäft mit Wertpapieren vor als ihre Rivalen.

Aufseher verwenden die "Value at Risk"-Methode, um die Anfälligkeit einer Bank zu ermessen. Je niedriger der Wert, desto besser. Wells Fargo verblüffte mit der extrem niedrigen Punktzahl von 0,84. Die Bank of America und JP Morgan Chase lagen mit jeweils 0,96 und 1,24 deutlich höher. Trotzdem

Stark im reinen Bankgeschäft

Der Erfolg von Wells Fargo wirkt wie ein Schlag ins Gesicht der angeblich modernen Form des Bankgeschäfts. Vor mehr als 13 Jahren wischte der Kongress das Glass-Steagall-Gesetz weg, wonach Geschäfts- und Investmentbanking voneinander getrennt sein mussten. Banken sollten fortan auf möglichst vielen Hochzeiten tanzen. Darunter fielen Finanzierungen ebenso wie Beratung und Investitionen in Beteiligungsgesellschaften sowie Hedgefonds.

Zwar entfällt auch bei Wells Fargo fast ein Drittel auf Einnahmen, die nicht zum Kernbankgeschäft gehören. Aber damit ist Wells Fargo immer noch weitaus stärker im reinen Bankgeschäft verwurzelt als seine Wettbewerber. Mehr als die Hälfte der Einnahmen stammen von Zinsen, die Kunden auf ihre Kredite zahlen.

Kaum rechtliche Risiken

Und Wells Fargo punktet noch mit einem weiteren Unterscheidungsmerkmal. Das Geldhaus ist nicht einmal ansatzweise mit rechtlichen Risiken wie seine Wettbewerber belastet. Zwar musste auch Wells Fargo Vergleiche schließen und im Vorjahr rund 1,4 Milliarden Dollar an Fannie Mae und Freddie Mac wegen des Verkaufs fauler Kredite an die beiden Hypothekengiganten überweisen. Aber seit 2010 summieren sich Zahlungen wie diese auf gerade einmal 6,5 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die Bank of America musste mehr als 40 Milliarden Dollar berappen, JP Morgan rund 26 Milliarden Dollar.

Das ist einer der Gründe, warum sich Chairman und Vorstandschef John Stumpf bereits so lange im Amt halten kann. Er folgte 2007 auf Dick Kovacevich als Unternehmenschef. Stumpf verdiente 2012 fast 20 Millionen Dollar. Die Anleger honorierten damit vor allem die im Vergleich äußerst hohe Eigenkapitalrendite von Wells Fargo.

Anleger staunen

Und die Bank übertraf die anderen Geldhäuser in der wichtigsten aller Kategorien: der Aktienkursentwicklung. Innerhalb eines Jahrzehnts kletterte die Aktie um fast zwei Drittel und stellte damit die erfolgsverwöhnte JP Morgan und deren Plus von gut 50 Prozent deutlich in den Schatten. Die Papiere der Bank of America brachen glatt um 56 Prozent ein. Für die Citigroup ging es sogar um fast 90 Prozent in den Keller.

Der Aufwärtstrend des Vorjahres ist bei Wells Fargo ebenso beeindruckend. Die Börse goutiert damit die konstanten und wachsenden Renditen des Instituts. Das Papier legte 2013 um satte 30 Prozent zu.

Klassisch, langweilig und dennoch interessant

Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Wells Fargo niemals in Schieflage geraten könnte. Wie andere Banken auch müssen die Kalifornier ihre Ausgaben in Schach halten, die Kreditvergaberisiken rigoros kontrollieren und sich durch ein andauernd wechselndes regulatorisches Umfeld lavieren.

Womit sich Wells Fargo nicht herumschlagen muss: Hohe Kredite an gebeutelte europäische Unternehmen oder die Zahlung mehrerer Hundert Millionen Dollar an Top-Rechtsanwälte. Das Finanzhaus dürfte auch nicht mit der Zahlung von Milliardenbeträgen in kostspieligen Vergleichen konfrontiert werden.

Wells Fargo steht für das vielfach als langweilig geltende klassische Bankgeschäft. Doch wie es scheint, ist es für die Anleger dank der hohen Gewinne durchaus interessant.

Quelle: ntv.de, David Weidner, DJ

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