Wirtschaft

Milliardendebakel im Pharmagroßhandel US-Konzern scheitert bei Celesio

"Sind auch als eigenständiges Unternehmen gut und wettbewerbsfähig aufgestellt", heißt es bei Celesio.

"Sind auch als eigenständiges Unternehmen gut und wettbewerbsfähig aufgestellt", heißt es bei Celesio.

(Foto: REUTERS)

"Wir sind enttäuscht": Mit diesen Worten fasst McKesson-Chef Hammergren die Reaktionen auf die geplatzte Übernahme des deutschen MDax-Konzerns zusammen. Der Aktienkurs bricht ein, das Rennen um den Pharmahändler ist wieder vollkommen offen.

Die Übernahme des Stuttgarter Pharmahändlers Celesio durch den US-Konzern McKesson ist gescheitert. Die Mindestannahmequote von 75 Prozent sei verfehlt worden, teilte McKesson am Abend mit. "Wir sind enttäuscht, dass wir unser Angebot für Celesio nicht erfolgreich abschließen konnten", sagte McKesson-Chef John Hammergren. Sein Unternehmen sei aber gut aufgestellt und werde weiter nach Möglichkeiten suchen, sein Geschäft zu stärken.

Der Übernahmepoker um Celesio nimmt damit eine überraschende Wende. Mit der 6,2 Milliarden Euro teuren Übernahme wollte McKesson mit einem Schlag einer der führenden Pharmagroßhändler in Europa werden. In den USA zählt McKesson mit Sitz in San Francisco bereits zu den Branchengiganten. Der Kauf von Celesio wäre die größte Übernahme im deutschen Gesundheitssektor seit 2006 gewesen.

Das im Nebenwerteindex MDax notierte Unternehmen Celesio wird nun weiter vom Duisburger Mischkonzern Haniel kontrolliert, der seine Beteiligung von 50,01 Prozent auch hatte verkaufen wollen. "McKesson wäre ein sehr guter Partner für die weitere strategische Entwicklung von Celesio gewesen. Insofern ist es natürlich schade, dass das Übernahmeangebot gescheitert ist", sagte Haniel-Vorstandschef Stephan Gemkow. "Gleichwohl ist das weder für Haniel noch für die Celesio AG, die strategisch sehr gut aufgestellt ist, ein Beinbruch. Wir bei Haniel können nun in Ruhe die Situation analysieren und alle Optionen prüfen."

Über Celesio

Der Stuttgarter Pharmahändler Celesio bezeichnet sich selbst als ein "international führendes Groß- und Einzelhandelsunternehmen und Anbieter von Logistik- und Serviceleistungen im Pharma- und Gesundheitssektor, das Patienten aktiv und präventiv eine optimale Versorgung und Betreuung sichert." Der MDax-Konzern ist geschäftlich in 14 Ländern engagiert und beschäftigt rund 39.000 Mitarbeiter.

(Quelle: Unternehmensangaben)

A uch bei Celesio zeigte man sich enttäuscht. Ein Zusammenschluss der Unternehmen wäre strategisch sinnvoll gewesen, erklärte Celesio-Vorstandssprecherin Marion Helmes. "Unabhängig davon haben wir uns in den vergangenen Jahren neu ausgerichtet und sind auch als eigenständiges Unternehmen gut und wettbewerbsfähig aufgestellt", fügte sie hinzu.

Tiefschlag für US-Hedgefonds

Noch in der vergangenen Woche hatten die Amerikaner ihr Angebot von 23,00 auf 23,50 Euro je Aktie angehoben und sich damit die Zustimmung des Großaktionärs und Hedgefonds-Investors Paul Singer erkauft. Dieser hatte sich nach dem Kaufgebot mit seiner Fondsgruppe Elliott gut 25 Prozent an den Stuttgartern gesichert.

Singer drohen nun empfindliche Einbußen mit dem Investment: Im nachbörslichen Handel am Montag gab das Celesio-Papier deutlich nach und notierte mit 20,35 Euro um 16 Prozent unter seinem Schlusstand vom vergangenen Freitag. Bei Elliott war zunächst keine Stellungnahme erhältlich.

Auch für McKesson-Chef Hammergren ist die geplatzte Übernahme ein schwerer Schlag: Er hätte im Verbund mit Celesio die Macht des Konzerns deutlich ausbauen können. US-Wettbewerber wie AmerisourceBergen oder Cardinal Health waren im vergangenen Jahr umfangreiche Einkaufsbündnisse eingegangen. Solche Partnerschaften und die Erschließung neuer Märkte sind für die Unternehmen eine Möglichkeit, sich Größenvorteile zu verschaffen. Dadurch können sie unter anderem bessere Lieferverträge mit Generikafirmen aushandeln. McKesson steht nun weiter alleine da.

Einer der ganz großen Namen

In Deutschland ist der Pharmagroßhandel schon seit einiger Zeit im Umbruch. Rund 25 Milliarden Euro setzte die Branche hier zu Lande zuletzt im Jahr um. Fünf größere Unternehmen dominieren den Markt. Branchenprimus ist der Phoenix-Konzern aus Mannheim. Neben Phoenix konnte auch der Essener Rivale Noweda bislang seine Unabhängigkeit bewahren.

Zu den Marktführern gehört auch der Frankfurter Apotheken-Zulieferer Anzag, der 2012 von der britischen Drogeriekette Alliance Boots geschluckt wurde und inzwischen den Namen "Alliance Healthcare Deutschland" trägt. Die Sanacorp-Gruppe mit Sitz in Planegg gehört ebenfalls in die Spitzenliga. Sie ist inzwischen Teil der in Italien ansässigen Holdinggesellschaft Sanastera.

McKesson hatte im Oktober angekündigt, den Pharmagroßhändler übernehmen zu wollen. Das ursprüngliche Angebot belief sich auf 6,1 Milliarden Euro. McKesson hatte die Übernahme aber unter die Bedingung gestellt, 75 Prozent der Anteile einzusammeln.

McKesson und Celesio wären früheren Angaben zufolge mit 81.500 Mitarbeitern weltweit und einem Jahresumsatz von mehr als 150 Milliarden US-Dollar (111 Mrd. Euro) zu einem der größten Pharmagroßhändler weltweit aufgestiegen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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