Wirtschaft

Euro-Zone von Realität eingeholt Steinbrück fordert Neukonstruktion

Peer Steinbrück: Euro-Bonds nur nach Vertragsänderungen.

Peer Steinbrück: Euro-Bonds nur nach Vertragsänderungen.

(Foto: dpa)

Die Schuldenkrise zwingt laut Ex-Finanzminister Steinbrück zu Reformen bei der Währungsunion. Die Regelung, wonach kein Euro-Land für die Schulden eines anderen eintreten müsse, sei ein Irrtum, sagt der SPD-Politiker. Deutschland komme um Zahlungen nicht herum. Einem Medienbericht zufolge spielt das Bundesfinanzministerium eine mögliche griechische Pleite durch.

Als Konsequenz aus der gegenwärtigen Schuldenkrise hat der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück eine Neukonstruktion der Währungsunion vorgeschlagen. Die bislang gültige Regelung, wonach kein Euro-Land für die Schulden eines anderen eintreten müsse, sei ein Irrtum gewesen, "der an den Realitäten der Krise zerschellte", sagte der SPD-Politiker dem "Spiegel".

Aufgabe der Politik sei es nun, den Menschen zu erklären, dass Deutschland von der weiteren Integration Europas profitiere. "Das bedeutet: Natürlich müssen die Deutschen zahlen", sagte Steinbrück. Aber das Geld sei gut investiert "in unsere und die Zukunft Europas, in Frieden und Wohlstand".

Die Einführung von Euro-Bonds hält Steinbrück nur nach einer Änderung der Europäischen Verträge für sinnvoll. Sonst gebe es keine europäische Institution, die diese ausgeben und die damit verbundenen Auflagen kontrollieren und bei Verletzungen sanktionieren könnte. Ein Land, das von Euro-Bonds profitieren wolle, werde einen Teil seiner Budgethoheit an unabhängige Institutionen abgeben müssen, sagte Steinbrück. "Es wird seine nationalen Haushaltsentwürfe genehmigen lassen und sich einer makroökonomischen Überwachung unterwerfen müssen."

Planspiele im Bundesfinanzministerium

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins stellt sich Steinbrücks Amtsnachfolger Wolfgang Schäuble auf eine mögliche ein. Schäubles Beamten spielten demnach sämtliche Szenarien durch, die sich im Falle eines griechischen Zahlungsausfalls ergeben könnten. Danach gebe es grundsätzlich zwei Varianten einer Griechenland-Pleite. In der ersten bleibe das Land in der Währungsunion, in der anderen gebe es den Euro als Zahlungsmittel auf und führe die Drachme wieder ein.

Eine Schlüsselrolle in den Überlegungen kommt laut "Spiegel" dem europäischen Rettungsschirm EFSF zu. Er solle schnellstmöglich mit den neuen Kompetenzen ausgestattet werden, die ihm der Krisengipfel Ende Juli zugedacht hat. Zwei Instrumente stünden bei den deutschen Überlegungen im Vordergrund: Zum einen setzten Schäubles Beamte auf vorbeugende Kreditlinien, die Ländern wie Spanien oder Italien helfen sollten, wenn Anleger nach einer Insolvenz Griechenlands ihnen nichts mehr leihen. Banken in vielen Euroländern könnten zudem auf Milliarden vom Rettungsschirm angewiesen sein, weil sie ihre Bestände an griechischen Staatsanleihen abschreiben müssten. Solche Folgen seien zu erwarten, gleichgültig ob Griechenland den Euro behalte oder aussteige.

Philipp Rösler wirft Griechenland unzureichende Sparbemühungen vor.

Philipp Rösler wirft Griechenland unzureichende Sparbemühungen vor.

(Foto: dpa)

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler schließt eine geordnete Insolvenz Griechenlands zur Rettung des angeschlagenen Euro nicht mehr aus. "Um den Euro zu stabilisieren, darf es auch kurzfristig keine Denkverbote mehr geben. Dazu zählt notfalls auch eine geordnete Insolvenz Griechenlands, wenn die dafür notwendigen Instrumente zur Verfügung stehen", schrieb der FDP-Politiker in einem Gastbeitrag für die "Welt".

In Ländern wie Griechenland gebe es bis heute nur unzureichende Konsolidierungsbemühungen. Das unterspüle das Vertrauen der Menschen und Märkte in die gemeinsame Währung, so Rösler. "Die griechische Regierung muss wissen, dass wir die geplanten Hilfen davon abhängig machen werden, dass Griechenland sich selbst engagiert reformiert." Zusätzlich forderte Rösler, ein System automatischer Sanktionen zu etablieren, um die Gefahr einer politischen Verwässerung zu bannen.

Schäuble weist Bericht zurück

Der bevorstehende Wechsel an der Spitze der Eurogruppe hat Spekulationen über die politische Zukunft von Schäuble genährt. Der CDU-Politiker werde von Diplomaten als ein Wunschkandidat für die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker im Vorsitz der Eurogruppe genannt, berichtete der "Focus". Schäuble selbst sprach von "halt- und grundlosen Spekulationen".

Wolfgang Schäuble sieht sich nicht als Juncker-Nachfolger.

Wolfgang Schäuble sieht sich nicht als Juncker-Nachfolger.

(Foto: dpa)

"Wenn über Namen geredet wird, fällt meistens der des Deutschen Schäuble", zitierte das Magazin namentlich nicht genannte Diplomaten. "Wenn er will, wird er es." Juncker gibt das Amt, das die Arbeit der Finanzminister aus der Eurozone koordinieren soll, im Januar 2012 auf. Sein Nachfolger soll den wichtigen Posten anders als bisher nicht neben-, sondern hauptamtlich ausüben. Als Anwärter gelten wegen der erforderlichen Durchsetzungskraft vor allem Politiker, die dem Kreis der Finanzminister angehören oder ihm angehört haben.

Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa/DJ

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