Wirtschaft

Von ThyssenKrupp bis Salzgitter Stahlbranche kocht die Krise

Die Stahlbranche leidet unter Eurokrise und sinkender Nachfrage.

Die Stahlbranche leidet unter Eurokrise und sinkender Nachfrage.

(Foto: REUTERS)

Geringere Nachfrage, sinkende Preise: Stahlkonzerne kämpfen derzeit an mehreren Fronten. Auch die Euro-Krise trägt ihren Teil dazu bei, dass Deutschlands Branchenprimus ThyssenKrupp nur noch einen verhaltenen Ausblick wagt. Bei der Nummer zwei, Salzgitter, sieht es noch schlimmer aus.

Die Stahlbranche gilt als konjunktureller Frühindikator - und sie leidet unter einer schwächelnden Nachfrage. Das bekommt nicht nur Weltmarktführer ArcelorMittal zu spüren, sondern auch die beiden deutschen Konzerne ThyssenKrupp und Salzgitter. Die Zurückhaltung der Kunden bescherte Deutschlands Stahlriesen Nummer zwei überraschend einen Quartalsverlust. ThyssenKrupp schraubt indes deutlich die Erwartungen für das Geschäftsjahr zurück.

Thyssenkrupp
Thyssenkrupp 4,46

Der Dax-Konzern rechnet wegen des schwächelnden Stahlgeschäfts nun mit einem deutlichen Rückgang des Betriebsgewinns. Man peile für 2011/12 (per Ende September) einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich an, teilte ThyssenKrupp mit. Im vergangenen Geschäftsjahr hatte der Stahlkocher noch rund 1,8 Mrd. Euro eingefahren. Von Januar bis Ende März musste Vorstandschef Heinrich Hiesinger auch im europäischen Stahlgeschäft Einbußen hinnehmen, während in Amerika die neuen Stahlwerke weiterhin Verluste schrieben.

"Moderater Anstieg" angepeilt

"Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir bei der Ergebnisentwicklung die Talsohle durchschritten haben", sagte Hiesinger. Im fortgeführten Geschäft - also ohne die vor dem Verkauf an Outokumpu stehende Edelstahltochter Inoxum - schrumpfte im 2. Quartal das bereinigte Ebit auf 134 Mio. Euro von 435 Mio. Euro. Im 1. Halbjahr fuhr ThyssenKrupp 217 Mio. Euro ein. Im 2. Halbjahr peile der Konzern einen "moderaten Anstieg" gegenüber dem ersten Halbjahr an.

Aus den bereinigten Zahlen rechnet das Unternehmen Veräußerungsergebnisse und Aufwendungen für Restrukturierungen heraus. Unbereinigt und inklusive Inoxum verbuchte ThyssenKrupp im 1. Halbjahr einen Verlust von rund 1 Mrd. Euro ein. "Der Bericht liest sich insgesamt sehr enttäuschend", sagte ein Händler. Die Aktie geriet vorbörslich unter Druck.

ThyssenKrupp weiter in Verkaufslaune

Die Stahlbranche leidet weltweit unter einer schwächelnden Nachfrage. Vor allem in den schuldengeplagten Staaten Südeuropas halten sich die Kunden mit Bestellungen zurück. Zugleich sorgen die Überkapazitäten für einen Druck auf die Preise. Bei ThyssenKrupp schmolz im 2. Quartal das bereinigte Ebit im europäischen Stahlgeschäft auf 30 Mio. Euro. Im Vorjahreszeitraum war es noch zehn Mal so viel gewesen. Die US-amerikanische Stahlsparte schrieb einen Verlust von 228 Mio. Euro - im Vorjahr hatte sich der Fehlbetrag allerdings sogar auf 319 Mio. Euro belaufen.

Bei den Beteiligungsverkäufen kam Hiesinger hingegen voran. Für die US-Eisenguss-Tochter Waupaca habe der Konzern am 14. Mai mit KPS Capital Partners aus New York einen Kaufvertrag unterzeichnet, hieß es. Die Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten für den Verkauf des Federn- und Stabilisatoren-Geschäfts sowie der Tochter Tailored Blanks würden fortgesetzt.

Euro-Krise trifft Salzgitter

Salzgitter
Salzgitter 23,20

Die Zurückhaltung der Kunden in der Euro-Krise brockte Deutschlands zweitgrößtem Stahlkonzern Salzgitter zu Jahresbeginn einen Verlust ein. Der Konzern aus Niedersachsen gab für das Auftaktquartal einen überraschend hohen Vorsteuerverlust von 19,6 Mio. Euro bekannt. Analysten hatten lediglich mit einem Minus von 11,8 Mio. Euro gerechnet. Als Grund nannte der Vorstand Aufträge zu niedrigen Margen aus dem Schlussquartal 2011, die zu Jahresbeginn 2012 verbucht worden seien. Hinzu kam eine Produktionsunterbrechung bei Großrohren, wodurch mehrere Werke nicht ausgelastet waren.

Inzwischen stiegen die Erlöse wieder, sagte ein Unternehmenssprecher. Allerdings hält der Druck auf die Preise an, da in den von der Schuldenkrise betroffenen Ländern - allen voran Italien und Spanien - weniger Stahl nachgefragt wird. Auch in Frankreich, wo die Autobauer Peugeot und Renault vom Absatzeinbruch in Südeuropa betroffen sind, schwächelt die Stahlnachfrage.

Deutschland hält Salzgitter die Stange

Deutschland ist dagegen wegen der stabilen Konjunktur weitgehend davon verschont. Zu den großen Abnehmern von Salzgitter gehört Volkswagen, wo das Geschäft brummt. Im frühen Handel stieg der Salzgitter-Kurs in einem freundlichen Gesamtmarkt um knapp ein Prozent.

Für das laufende Jahr bekräftigte der ThyssenKrupp-Konkurrent seine vorsichtige Prognose. Demnach erwartet der Vorstand einen mindestens stabilen Umsatz und ein positives Vorsteuerergebnis. "Angesichts des schwierigen ersten Quartals stellt es sich als herausfordernd dar, das Vorjahresresultat zu erreichen", teilte Salzgitter mit.

Im abgelaufenen Jahr hatte der Konzern einen Vorsteuergewinn von rund 200 Mio. Euro eingefahren. Vorstandschef Heinz Jörg Fuhrmann hatte bereits auf der Hannover-Messe Ende April in besseres zweites Quartal in Aussicht gestellt. Die Kundschaft stimmte er bei der Gelegenheit zum 3. Quartal auf Preiserhöhungen bei Flachstahl und Grobblech ein. 

Auch Weltmarktführer ArcelorMittal hatte im 1. Quartal wegen niedrigerer Preise auf einigen Märkten einen Gewinnrückgang hinnehmen müssen. Der Konzern setzte im Dreimonatszeitraum dank eines gesteigerten Absatzes mit 22,7 Mrd. Dollar rund 2,3 Prozent mehr um. Das EBITDA ermäßigte sich wegen steigender Kosten allerdings um 24 Prozent auf 1,97 Mrd. Dollar. Analysten hatten dem Konzern mit Sitz in Luxemburg 1,7 Mrd. Dollar zugetraut.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen