Wirtschaft

"Solarausstiegsgesetz" kappt ab April Solarbranche fürchtet Kollaps

2012-03-05T144941Z_01_TOB29_RTRMDNP_3_GERMANY-SOLAR-INCENTIVES.JPG4055111823909544800.jpg

(Foto: REUTERS)

Die deutschen Solarunternehmen warnen vor einer dramatischen Pleitewelle durch die deutliche Kürzung bei der Förderung. Hunderttausend Arbeitsplätze stehen nach Einschätzung des Branchenverbands auf dem Spiel. Während in Berlin tausende Menschen gegen Kürzungen auf die Straße gehen, zurren die Fraktionen letzte Details der Kürzungen fest. Mehr als Schönheitskorrekturen sind dabei nicht drin.

Angesichts der Kürzungspläne bei Subventionen für Solarenergie hat die Branche vor einem Kollaps ihres Marktes gewarnt. Sollte das Vorhaben umgesetzt werden, befürchtet der Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW) einen Rückgang um 75 Prozent. Aus Sicht des Lobbyverbands plant die Regierung damit ein Solarausstiegsgesetz. "Diese existenzielle Bedrohungen stehen in keinem Verhältnis zu den Einsparungen beim Strompreis", sagte BSW-Präsident Günther Cramer.

Die Regierung will die Hilfen für neue Solaranlagen um 20 bis nahezu 40 Prozent kappen. Als Grund wird der rasante Bau in den vergangenen beiden Jahren genannt, der die Stromnetze überlaste und den Strompreis treibt. Die Hilfen werden nämlich über eine Umlage auf alle Verbraucher bezahlt.

Cramer vom BSW nannte die Anlagen dagegen kein Problem für die Netze. Der Preis werde zudem kaum noch steigen, da Solarstrom drastisch billiger geworden sei. Es gebe daher weder technische noch wirtschaftliche Gründe für die Kürzungen beim Solarstrom. "Er nimmt allerdings den großen Versorgern Marktanteile weg", betonte Cramer mit Blick auf den Vorrang für Ökostrom im Netz. Entsprechend könnten die Konzerne ihre Kohle- oder Gaskraftwerke weniger laufen lassen.

Förderforderer auf der Straße

2012-03-05T143454Z_01_TOB20_RTRMDNP_3_GERMANY-SOLAR-INCENTIVES.JPG4104307481324708836.jpg

(Foto: REUTERS)

In Berlin demonstrierten am Brandenburger Tor rund 10.000 Menschen, die wegen der Pläne den Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen befürchten. Auf Plakaten wie "Herr Röttgen, Sie sind kein Umweltminister sondern ein Atomlobbyist", "Wir sind die Energiewende" oder "Einspeisen statt abspeisen" machten sie ihrem Ärger Luft. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Regierung vor, die Energiewende zu torpedieren: "Sie haben die wichtigste Grundlage für den Erfolg dieser Industrie längst zerstört. Das ist Berechenbarkeit und Planbarkeit und auf diesem verhängnisvollen Weg wollen sie jetzt weitergehen." Die Branche steht in Deutschland wegen der asiatischen Konkurrenz ohnehin unter Druck.

Die Solarförderung kostet die Verbraucher derzeit etwa 2 Cent pro Kilowattstunde oder 70 Euro im Jahr. Solarstrom trägt allerdings nur zu etwa vier Prozent des Verbrauchs bei. Daher haben Umwelt- und Wirtschaftsministerium umfangreiche Kürzungen geplant.

Fraktionen einig über Änderungen

Die Fraktionsspitzen billigten Kreisen zufolge die Verschiebung der Kappung auf April sowie ein Mitspracherecht des Parlaments bei künftigen Einschnitten. Die Union plädiert zudem dafür, dass die Vergütung für Strom aus Freiflächenanlagen mit 15 Prozent nur halb so stark gekürzt wird, wie von der Regierung beabsichtigt. Darauf hatte die CSU gedrungen.

Die übrigen Kürzungen von 20 Prozent für neue Kleinanlagen bis zu nahe 40 Prozent bei größeren Projekten wurden trotz Protesten der Solarbranche, der Opposition und Bundesländern wie von der Regierung vorgeschlagen akzeptiert. Am Dienstag sollen die Fraktionen die Regelungen billigen, die am Freitag im Bundestag erstmals beraten werden.

Neue Abnahmepreise ab April

Bereits in der vergangenen Woche hatten sich Experten von Union und FDP darauf verständigt, dass die Kappung der auf 20 Jahre garantierten Abnahmepreise erst ab 1. April greifen soll. Große Einigkeit herrscht den Angaben zufolge zudem darüber, dass das Parlament auch bei weiteren Kürzungen ab Mai mitreden will. Die Regierung hatte per Verordnungsermächtigung die künftigen Kappungen sowohl für die Solarbranche als auch für Wind, Wasser oder Biomasse an sich ziehen wollen. Union und FDP wollen diese Ermächtigung aber auf sechs Monate begrenzen, weitere Kürzungen an klare Bedingungen koppeln sowie ein Einspruchsrecht des Parlaments aufrecht erhalten.

Neben den von der Union geforderten geringeren Kürzung bei Freiflächenanlagen, die als besonders effizient gelten, könnte es auch noch Änderungen bei den extrem großen Solarparks geben. Der Regierung zufolge soll es über zehn Megawatt gar keine Förderung geben, in der FDP wird diese Regelung aber als zu strikt kritisiert.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen