Wirtschaft

Sauberes Image, schmutziger Profit Banken verdienen "unfair" Geld

Rohstoffe für Europa: Im Niger-Delate zeigt ein Anwohner die Nebenwirkungen der Ölförderung.

Rohstoffe für Europa: Im Niger-Delate zeigt ein Anwohner die Nebenwirkungen der Ölförderung.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wie halten es europäische Großkonzerne im Ausland mit Umweltstandards, sozialer Verantwortung und Menschenrechten? Immer wieder tauchen gravierende Missstände auf. Jetzt geraten die finanzierenden Banken in die Kritik, darunter auch deutsche Häuser.

Wie hält es die eigene Hausbank mit der Nachhaltigkeit? Die Kreditvergabe kann den Lauf der Welt beeinflussen.

Wie hält es die eigene Hausbank mit der Nachhaltigkeit? Die Kreditvergabe kann den Lauf der Welt beeinflussen.

(Foto: Reuters)

Experten der konzernkritischen Organisation "Facing Finance" erheben schwerwiegende Vorwürfe gegen deutsche Banken. Einer aktuellen Studie zufolge verstoßen mehrere bekannte Kreditinstitute indirekt gegen die eigenen Wohlverhaltensregeln, indem sie die Aktivitäten ihrer Kunden in umstrittenen Geschäftsfeldern wie etwa dem Streubombenbau, der Ölförderung oder der Textilproduktion in Niedriglohnländern durch Finanzierungsangebote unterstützen.

"Noch immer überprüfen die Finanzhäuser weder die Unternehmen selbst noch ihre geplanten Investitionen hinreichend auf ihre ökologische und soziale Verträglichkeit", erklärt Facing-Finance-Sprecher Thomas Küchenmeister. Die beteiligten Banken tragen demnach eine "Mitverantwortung an den von den Unternehmen verursachten Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden".

Alle führenden deutschen Finanzinstitute seien "massiv in menschenrechtlich brisante" Vorhaben und Projekte investiert. Das von den Banken in der Öffentlichkeit gepflegte Bild stehe dabei oftmals "im deutlichen Widerspruch zu ihrer alltäglichen Finanzierungspraxis", heißt es in der Studie "Dirty Profits", die "Facing Finance" kurz vor dem internationalen Tag der Menschenrechte veröffentlichte.

Geld, Macht und Verantwortung

Unterstützt durch den evangelischen Entwicklungsdienst "Brot für die Welt" und die Friedrich-Ebert-Stiftung fordert die Kampagne Investoren dazu auf, nicht länger in Unternehmen zu investieren, die von Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörung, Korruption oder der Produktion und dem Export umstrittener Waffensysteme profitieren.

"Ein nicht geringer Teil der Profite multinationaler Unternehmen wird offensichtlich nach wie vor auf schmutzige Art und Weise und immer noch zu Lasten von Mensch und Umwelt verdient", betont Küchenmeister. Dass dies unter Umständen zudem noch nahezu steuerfrei geschehe, bezeichnet er als "ebenso unsozial wie leider legal." Der Bankenkritiker verweist in diesem Zusammenhang auf die "Unzulänglichkeit des internationalen Steuerrechts". Allein innerhalb der EU entgingen dem Fiskus dadurch jährlich etwa eine Billion Euro durch Steuerhinterziehung und Steuerumgehung.

Wie diese Geschäftsbeziehungen funktionieren, belegt die Studie anhand von öffentlich zugänglichen Daten, die das niederländische Analysehaus Profundo ausgewertet hat. Untersucht wurden dabei die Geldströme, die im Zeitraum von 2011 bis 2013 zwischen 26 umstrittenen Großkonzernen auf der einen Seite und 19 europäischen Großbanken auf der anderen Seite flossen.

Das Ergebnis: Der Studie zufolge vergaben BNP Paribas, Deutsche Bank und Credit Suisse am meisten Geld für Unternehmen mit problematischen Aktivitäten. Sie unterhielten zu fast allen untersuchten Konzernen Geschäftsbeziehungen und scheuten dabei auch nicht davor zurück, Unternehmen zu unterstützen, die andere Finanzdienstleister längst ausschlössen.

Investieren wie EIB und Norwegen

So stünden zum Beispiel 17 der 26 analysierten Unternehmen bei anerkannt verantwortlichen Großinvestoren wie der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder dem norwegischen Pensionsfonds Folketrygdfondet aktuell wegen Umwelt- oder Sozialverstößen auf dem jeweiligen Index der nicht zulässigen Investmentziele. Die betroffenen Banken jedoch hätten diesen Unternehmen im Untersuchungszeitraum trotzdem knapp 33 Milliarden zur Verfügung gestellt.

"Mit ihren unkritischen Finanzspritzen für Umweltsünder und Menschenrechtsverletzer wie Gazprom oder Glencore unterstützen Finanzinstitute Rohstoffplünderungen, Menschenrechtsverletzungen und Klimaerwärmung“, ergänzt Barbara Happe von der Menschrechts- und Umweltorganisation Urgewald. Der Bericht belege, dass die von den Finanzinstituten verabschiedeten Selbstverpflichtungen bei weitem nicht ausreichen, um wirksam vor ökologischen und sozialen Fehlinvestitionen zu schützen.

Deutsches Geld wirkt bis in die Arktis

Wie einflussreich das Geld der europäischen Banken ist, zeigt der Fall des russischen Energieriesen Gazprom, den Kritiker schon häufiger mit wettbewerbswidrigen Praktiken und Korruption in Verbindung gebracht haben. Die Festnahme und mehrmonatige Inhaftierung von Greenpeace-Aktivisten, die an einer Gazprom-Plattform gegen riskante Ölbohrungen in der Arktis protestieren wollten, schlug international hohe Wellen. Europäische Geldhäuser, so Urgewald-Sprecherin Happe, seien in den vergangenen zwei Jahren mit Krediten im Umfang von 3,4 Milliarden Euro an den Gazprom-Aktivitäten beteiligt - allen voran BNP Paribas, ING, Unicredit, Commerzbank und Deutsche Bank.

Konkret fordern die Bankenkritiker die Branche nun dazu auf, die eigenen Compliance-Regeln für ihre Finanzierungen anzuwenden, die umfassenden Menschenrechts- und Umweltstandards auch in der Geschäftspraxis durchzusetzen und auf diese Weise mehr positiven Einfluss auf international aktive Großkonzerne auszuüben. Auch der Gesetzgeber müsse aktiv werden, um Finanzierungen kontroverser Sektoren wie zum Beispiel den Bau von Kleinwaffen, Massenvernichtungsmitteln und Streumunition zu beenden.

Daneben gibt es ganz praktische Vorschläge, wie Brüssel oder Berlin zu einem ethisch sauberen Finanzgebaren beitragen könnten. So sollten zum Beispiel steuerliche Begünstigungen, wie etwa für Riestersparverträge, ausschließlich auf Finanzprodukte beschränkt bleiben, die nachgewiesenermaßen gewisse Nachhaltigkeitsstandards einhalten. Die Zertifizierung solcher "sauberer Finanzprodukte" müsste dann allerdings durch einen Ethikrat überwacht werden, damit sie nicht zum inhaltsleeren Marketinginstrument verkommt.

Da Anspruch und Wirklichkeit auch in der Wirtschaftswelt nicht immer ganz zusammenpassen, fordern Urgewald und "Facing Finance" Aktionäre und Bankkunden dazu auf, die Geschäftsmethoden ihrer Bank kritisch zu hinterfragen und gegebenfalls den Finanzdienstleister zu wechseln.

Quelle: ntv.de, mmo

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