Wirtschaft

Kleinsparer sind Hauptgeschädigte SEB ImmoInvest wird abgewickelt

Hochhaus-Ensemble am Potsdamer Platz in Berlin: Einige Häuser gehören zum Bestand des SEB ImmoInvest.

Hochhaus-Ensemble am Potsdamer Platz in Berlin: Einige Häuser gehören zum Bestand des SEB ImmoInvest.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Die milliardenschwere Branche der Offenen Immobilienfonds steckt seit der Finanzkrise in einer Schieflage: Zahlreiche Großanleger wollten ihre Anteile verkaufen, die Fonds nahmen aber keine mehr zurück: Die Fonds wurden "eingefroren". Nun werden einige wieder geöffnet - mit einem katastrophalen Ergebnis.

Die Krise der Offenen Immobilienfonds in Deutschland erreicht ihren Höhepunkt: Der 6 Mrd. Euro schwere SEB ImmoInvest, eines der Flaggschiffe der Branche, kündigte seine Abwicklung an. Wieviel Geld die Investoren, darunter vor allem Kleinsparer, am Ende wiedersehen, ist offen. Denn Fonds, die ihre Immobilien unter Druck verkaufen müssen, haben beim Preis keine große Verhandlungsmacht.

Seit zwei Jahren war der Fonds eingefroren, jetzt stimmten die Anleger bei einer kurzzeitigen Wiederöffnung mit den Füßen ab: Zu viele wollten ihre Anteilsscheine zurückgeben, wie Fondsmanagerin Barbara Knoflach einräumte. Der Fonds wird nun bis April 2017 liquidiert, der Bestand verkauft. "Die Rückgabewünsche lagen sehr deutlich über den liquiden Mitteln. Da mussten wir nicht mit spitzem Bleistift rechnen", sagte Knoflach.

Die Abwicklung ist ein denkbar schlechtes Vorzeichen für den ebenfalls eingefrorenen und ungefähr gleich großen Immobilienfonds CS Euroreal. Er muss bis spätestens 18. Mai über seine Zukunft entscheiden.

15 Mrd. Euro eingefroren

Die Branche ist mit der Finanzkrise in Schieflage geraten: Großanleger zogen auf einen Schlag Milliardensummen aus Offenen Immobilienfonds ab. Viele der Fonds machten daraufhin die Schotten dicht und nahmen keine Anteilsscheine mehr zurück. Auf der Strecke blieben oftmals die Kleinsparer, die nicht schnell genug reagieren konnten.

Die Lage hat sich bis heute kaum entspannt. Aktuell sind nach Angaben des Branchenverbands BVI rund 15 Mrd. Euro in eingefrorenen Fonds dem Zugriff der Anleger entzogen - fast ein Fünftel des gesamten Vermögens in dieser Anlageklasse. Schon vor dem SEB ImmoInvest befanden sich acht Fonds in der Abwicklung. Auch viele Dachfonds, die in Offene Immobilienfonds investierten, mussten dichtmachen.

Produkt für Kleinsparer

Knoflach hatte bis zuletzt die Hoffnung geäußert, die Anleger überzeugen zu können. Seit Ende April sammelte sie die Verkaufsorders. Hätte die Brutto-Liquidität von etwa 30 Prozent gereicht, alle Rückgabewünsche locker zu bedienen, wäre der Fonds mit einem neuen Regelwerk durchgestartet, das die gesetzliche Neuregelung der Branche bereits vorwegnimmt: Anleger hätten dann nur noch einmal im Jahr ihre Anteile zurückgeben können, und zwar im März. Das wäre ein völlig neues Vorgehen für einen Krisenfonds gewesen.

Doch nach jahrelanger Hängepartie haben gerade die Kleinsparer keine Lust mehr auf Experimente. "Die nicht enden wollende Kette schlechter Meldungen aus Wirtschaft und Finanzindustrie sowie das unruhige Fahrwasser, in dem sich die Offenen Immobilienfonds seit über zwei Jahren bewegen, hat viele Anleger zermürbt", fasste die SEB zusammen.

Zuletzt hatte die SEB noch drei Immobilienfonds am Start. Knoflach gibt das Produkt für Kleinsparer nicht grundsätzlich auf, wie sie Reuters sagte. "Wir glauben weiter daran, dass Offene Immobilienfonds für Privatanleger funktionieren können und werden auch über weiterentwickelte Produkte nachdenken. Aber unter den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen." Jetzt liege der Fokus auf dem Verkauf der Immobilien des ImmoInvest. Die Erlöse sollen in halbjährlichen Tranchen ausgezahlt werden, die erste schon im Juni.

Der Fonds ist noch in 132 Immobilien in 18 Ländern investiert, dazu zählt auch das Hochhaus-Ensemble am Potsdamer Platz in Berlin, das Knoflach zuletzt vergeblich versuchte am Stück zu verkaufen. "Beim Potsdamer Platz haben wir maximale Flexibilität geschaffen und können auch einzelne Immobilien abverkaufen", erklärte sie.

Ende der Marktbereinigung erreicht?

Experten gaben dem CS Euroreal zuletzt etwas bessere Chancen für eine Wiederöffnung, die Liquiditätsquote war dort durch Immobilienverkäufe leicht höher als beim SEB ImmoInvest. Doch ob das reicht, ist ungewiss. Auch hier könnte das Fondsmanagement die Reißleine ziehen.

Wie auch immer das Schicksal des CS Euroreal am Ende aussieht - die Branche hofft darauf, bald wieder zur Ruhe zu kommen. "Die nahezu abgeschlossene Konsolidierung ist ein wichtiges Signal, dass mit den Offenen Immobilienfonds wieder gerechnet werden kann", erklärte Reinhard Kutscher, Vorsitzender der Geschäftsführung von Union Investment Real Estate. Offene Immobilienfonds von Union Investment oder Deka, die die Krise vergleichsweise gut überstanden haben, vermelden sogar Mittelzuflüsse. Die "Überlebenden" setzen große Hoffnungen in das neue Anlegerschutzgesetz, das ab 2013 in Kraft tritt. Es begrenzt künftig Anteilsscheinrückgaben und schafft für die Anbieter Planungssicherheit in Sachen Haltefristen. Überraschende milliardenschwere Mittelabflüsse sollte es damit nicht mehr geben.

Quelle: ntv.de, rts

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