Wirtschaft

EFSF droht Herabstufung S&P rüttelt am Schirm

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Eurozone bleibt unter enormem Druck: Die US-Ratingagentur Standard & Poor's droht nun mit einer Herabstufung des Euro-Rettungsschirms EFSF um zwei Stufen von "AAA" auf "AA". Zuvor hat man Deutschland und 14 weitere Euro-Staaten gewarnt. Kanzlerin Merkel bleibt noch gelassen; Frankreichs Staatschef Sarkozy gibt sich dagegen alarmiert.

Standard & Poor's (S&P) lässt nicht locker: Die amerikanische Ratingagentur droht nun auch dem Euro-Rettungsschirm EFSF mit einer Herabstufung. Das langfristige Rating von derzeit "AAA" könnte ein bis zwei Stufen gesenkt werden, teilte S&P mit. Das sei die Konsequenz, falls einem oder mehreren Euro-Ländern die Bestnote entzogen würde.

Angela Merkel reagiert verhalten.

Angela Merkel reagiert verhalten.

(Foto: AP)

Bereits am Vortag , die wiederum für die Länder höhere Finanzierungskosten nach sich ziehen könnte. Neben Deutschland haben Frankreich, die Niederlande, Finnland, Luxemburg und Österreich in der Euro-Zone die Bestnote von "AAA".     

. Bundeskanzlerin Angela Merkel blieb demonstrativ gelassen und kündigte Entscheidungen an, die an den Märkten Vertrauen in den Euro-Währungsraum zurückbringen sollten. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nannte den Schritt der Ratingagentur eine Aufforderung an den Gipfel, schnell zu handeln.

Dagegen sorgte die S&P-Entscheidung bei vielen anderen Politikern in Europa für Ärger und Entrüstung. Ein vorsichtiges Hoffnungszeichen kam indes von den Anleihemärkten: die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen sackte erstmals seit mehr als einem Monat unter sechs Prozent ab. Generell zeigten sich die Kapitalmärkte wenig aufgeregt.        

In einem beispiellosen Schritt hatte die Ratingagentur eine Herabstufung binnen 90 Tagen angedroht. Diese könnte für die betroffenen Länder höhere Finanzierungskosten in Form steigender Zinsen nach sich ziehen. Die bisher mit der Top-Bonitätsnote "AAA" bewertete Bundesrepublik könnte um eine Stufe abgewertet werden, Frankreich und andere Staaten sogar um zwei, teilte S&P mit.    

Politische Motivation?      

Merkel blieb nach dem S&P-Schritt verhalten. "Was eine Ratingagentur macht, das ist in der Verantwortung der Ratingagentur", sagte sie in Berlin. In Regierungskreisen hieß es, der Schritt komme nicht ganz unerwartet. Die Gründe seien aber wenig stichhaltig, und der Zeitpunkt der Veröffentlichung erscheine politisch motiviert. Merkel versicherte, sie werde den mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy vereinbarten Weg weiterverfolgen. Der umfasst Vertragsänderungen zur Durchsetzung von mehr Haushaltsdisziplin, das Vorziehen des dauerhaften Rettungsmechanismus ESM auf Ende 2012 sowie zu Krisenzeiten ein allmonatliches Treffen der Euro-Staats- und Regierungschefs zur besseren Abstimmung.  

Keine Gelassenheit bei Nicolas Sarkozy.

Keine Gelassenheit bei Nicolas Sarkozy.

(Foto: AP)

Nach Ansicht von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist der Schritt von S&P eine Aufforderung an den EU-Gipfel, die notwendigen Schritte für mehr Stabilität zu gehen. Europa müsse das Vertrauen an den internationalen Finanzmärkten zurückgewinnen, sagte Schäuble in Wien. In München sprach Wirtschaftsminister Philipp Rösler von einer "tagesaktuellen und einer sehr kurzlebigen Beurteilung" einer einzelnen Agentur, von der sich die Bundesregierung nicht beeindrucken lasse.         

Alarmiert reagierte indes Sarkozy. Vor Parteimitgliedern sagte er Kreisen zufolge, Frankreich müsse sich jetzt zusammenreißen. Der Chef der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker beklagte, die S&P-Bewertung sei überzogen und ungerecht.

"Es ist eine systemische Vertrauenskrise": Moritz Kraemer, Europa-Chefanalyst bei S&P (Archivbild).

"Es ist eine systemische Vertrauenskrise": Moritz Kraemer, Europa-Chefanalyst bei S&P (Archivbild).

Der S&P-Chefanalyst für Europa, Moritz Kraemer, sagte in der ARD, Europa könne jetzt das Ruder herumreißen. "Wir glauben, dass dieser Krisengipfel ... wirklich eine ganz maßgebliche Chance ist, diesen Prozess umzukehren." Von den Ergebnissen hänge wesentlich ab, ob es zu einer Herabstufung komme. Er verteidigte den Befund seiner Agentur mit steigenden Risiken im Euro-Raum und sprach von einer "systemischen Vertrauenskrise" mit Rezessionsgefahren. Das Beispiel USA, für die S&P die Bonität im Spätsommer um eine Stufe gesenkt hatte, zeige, dass ein solcher Schritt nicht zwangsläufig die Zinsen hochtreibe.     

Steinbrück spricht von Provokation

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle äußerte im "Handelsblatt" den Verdacht, "dass einige amerikanische Ratingagenturen und Fondsmanager gegen die Euro-Zone arbeiten". Der frühere SPD-Finanzminister Peer Steinbrück nannte das Vorgehen von S&P "eine Provokation", die nach einer strikten Regulierung der Rating-Agenturen durch die EU schreie. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprach von einer drohenden Abwertung auch für Merkels Krisenmanagement.  

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach sich dafür aus, bei der Bundesbank eine staatliche Ratingagentur anzusiedeln. Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen verwies darauf, dass eine Herabstufung der mit der höchsten Bonitätsstufe bewerteten Euro-Länder negative Auswirkungen auf den Euro-Rettungsschirm EFSF und seine Hebelmöglichkeiten hätte.   

Unterdessen führte US-Finanzminister Timothy Geithner Gespräche mit europäischen Zentralbankern in Frankfurt. Geplant sind in den nächsten Tagen zudem Treffen mit europäischen Spitzenpolitikern in Deutschland, Frankreich und Spanien. Dabei will Geithner die Europäer drängen, bei ihrem Gipfel entschlossene Entscheidungen zu treffen, damit Europa und die Welt nicht in eine neue Rezession abgleiten.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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