Wirtschaft

Ungarns Bonität nur Ramsch Ratingagentur watscht Orban ab

Premierminister Viktor Orban.

Premierminister Viktor Orban.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Mitten in den Bemühungen Ungarns um einen Notkredit des internationalen Währungsfonds folgt die Ratingagentur Fitch dem Urteil des Konkurrenz und senkt die Kreditwürdigkeit des Landes. Damit nimmt der Druck auf Premier Orban zu, der bislang einen Konfrontationskurs steuert. Denn Ungarn gilt ohne baldige Hilfe von außen als Pleitekandidat.

Ungarn steht das Wasser bis zum Hals. Nach Standard & Poor's und Moody's hat mit Fitch nun auch die dritte der drei großen US-Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit Ungarns auf Ramsch-Niveau herabgestuft. Staatsanleihen des Landes gelten damit nicht mehr als sichere Geldanlage, sondern als spekulativ.

Damit könnte es für Ungarn noch teurer werden, sich am Kapitalmarkt frisches Geld zu besorgen. Schon seit geraumer Zeit muss die Regierung des klammen Landes Investoren für lang laufende Papiere mehr als 10 Prozent Zinsen bieten. Ungarn steht bei Investoren und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) tief in der Kreide und muss dieses Jahr rund 16,5 Mrd. Dollar auftreiben, um Schulden zu begleichen.

Das auf eine Rezession zusteuernde Land, das bereits 2008 mit Notkrediten im Volumen von rund 20 Mrd. Euro über Wasser gehalten wurde, baut erneut auf den IWF und die EU als Retter in der Not. Doch diese zeigen Ungarn noch die kalte Schulter, da sich die Regierung mit einer umstrittenen Verfassungsreform und einem auch von der Europäischen Zentralbank gerügten Zentralbankgesetz auf Konfrontationskurs mit Brüssel begeben hat.

Notenbank als Zankapfel

Aus Protest gegen die Reform der Notenbank hatten Europäische Union und IWF im Dezember Gespräche in Budapest abgebrochen, bei der die Vergabe von Krediten im Umfang von bis zu 20 Mrd. Euro geprüft werden sollte. Mit der Reform der Notenbank sichert sich die Regierung starken Einfluss auf die Zentralbank.

Nicht nur das neue Notenbank-Gesetz, sondern auch eine Reihe von Verfassungsänderungen, die weite Teile des Staatsapparates unter Regierungskontrolle stellen und demokratische Rechte und Freiheiten infragestellen, haben die EU-Kommission gegen Budapest aufgebracht. Das Brüsseler Gremium prüft derzeit die Einleitung mehrerer Verfahren wegen der Verletzung der EU-Verträge. Aus diesem Grund wollten IWF und EU bislang noch keinen Termin für die Aufnahme offizieller Kreditverhandlungen nennen.

Angesichts der drohenden Staatspleite dringt der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban auf eine möglichst schnelle Einigung mit EU und IWF. "Die ungarische Regierung hat alles getan, damit die IWF-EU-Verhandlungen so bald wie möglich begonnen und abgeschlossen werden können", sagte Orban. Der für die Verhandlungen mit dem IWF zuständige ressortfreie Minister Tamas Fellegi reist am kommenden Mittwoch zu inoffiziellen Gesprächen mit dem IWF nach Washington.

Ungarns Finanzprobleme wachsen

Doch die Zeit drängt, Ungarn braucht dringend frisches Geld. In den letzten Tagen sagte die Regierung mehrere Auktionen von Staatsanleihen ab, da das Land die geforderten Zinsen nicht zahlen wollte. Sollten IWF und EU Kredite verweigern, ist eine Pleite des Landes möglich – allerdings nicht unbedingt sofort. Denn die Ungarische Nationalbank (MNB) hat nach eigenen Angaben Devisenreserven in Höhe von 37,8 Mrd. Euro. Eine Zeitlang - Experten sprechen von einigen Monaten - könnte sich Ungarn darüber finanzieren.

Neben den hohen Schulden macht Ungarn auch ein schwaches Wirtschaftswachstum zu schaffen. Die EU-Kommission traut dem Land 2012 nur ein Miniwachstum von 0,5 Prozent zu. Damit ist die Wirtschaftleistung aber viel zu schwach, als dass das Land aus der Schuldenmisere 'herauswachsen' könnte.

Ein weiteres Problem: Vor der Wirtschaftskrise hatten viele Ungarn einen Kredit in der als sicher geltenden Schweizer Währung Franken aufgenommen. In der Krise hat der Forint aber massiv an Wert eingebüßt, der Franken legte jedoch deutlich zu. Viele Ungarn können ihre Kredite daher nicht mehr bedienen.

Ratingagenturen strafen Orban ab

Die national-konservative Regierung von Ministerpräsident Orban drängte die Banken deshalb, vielen Kreditnehmern einen teilweisen Schuldenerlass zu gewähren und eine Umwandlung des Darlehens auf Forint zu ermöglichen. Mit dem Eingriff in das Bankwesen, der mit hohen Steuern für die Finanzinstitute einherging, schreckte die Regierung jedoch viele Investoren auf. Hinzu kam die Verstaatlichung privater Pensionsfonds.

Die Ratingagenturen straften das Land darufhin ab. Gerügt wurde unter anderem die hohe Abhängigkeit Ungarns von ausländischen Geldgebern, die schlechten Konjunkturaussichten und die hohe Schuldenstandsquote von mehr als 80 Prozent der Wirtschaftsleistung. Beim Notenbankgesetz ist die Regierung zudem überkreuz mit der EU - was dem Investitionsklima im Land abträglich ist. Sollte es nicht in absehbarer Zeit zu einem Abkommen mit dem IWF kommen, dürfte sich die Kapitalflucht fortsetzen. Dies wäre fatal für Ungarn.

Analyst Peter Kreko vom Institut Political Capital sieht die Regierung in einer Zwangslage: "Die Regierung hat kaum noch Spielraum. Sie hat keine andere Wahl als ein Abkommen mit dem IWF abzuschließen."

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/AFP

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