Wirtschaft

Tiefe Seufzer der Erleichterung Paris und Madrid bekommen Geld

Deutliche Anzeichen der Besserung: Kredite gibt es wieder recht günstig.

Deutliche Anzeichen der Besserung: Kredite gibt es wieder recht günstig.

(Foto: AP)

Es ist nicht mehr und nicht weniger als eine Frage des Vertrauens: In zwei mit Spannung erwarteten Auktionen wenden sich die Euro-Staaten Frankreich und Spanien an den Kapitalmarkt. Mit ihrer Bitte um Kredit stoßen die beiden Länder auf offene Ohren. Die Erleichterung ist groß. Die Stimmung hellt sich spürbar auf.

Sichtlich erleichtert: Spaniens Finanzminister Montoro und Regierungschef Rajoy (r.).

Sichtlich erleichtert: Spaniens Finanzminister Montoro und Regierungschef Rajoy (r.).

(Foto: REUTERS)

Die jüngsten Anleihe-Auktionen in Frankreich und Spanien stimmen die Experten zuversichtlich. "Die Emissionen sind reibungslos verlaufen, was angesichts der immer noch angespannten Lage an den Finanzmärkten ein gutes Zeichen ist", stellte zum Beispiel Viola Stork von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) fest.

Die beiden Euro-Staaten konnten sich auch bei langlaufenden Staatsanleihen wieder deutlich günstiger verschulden. Beide Länder sammelten in zwei mit Spannung erwarteten Auktionen Milliarden am Kapitalmarkt ein. Dabei mussten sie den Investoren nicht mehr so hohe Zinsen bieten wie zuletzt. Frankreich platzierte Papiere im Volumen von knapp 8 Mrd. Euro bei einer starken Nachfrage. Die Papiere mit Laufzeit von 2014 bis 2016 waren zwei- bis dreifach überzeichnet.

Die durchschnittliche Rendite für die Vier-Jahres-Papiere lag bei 1,89 Prozent und damit rund einen Prozentpunkt unter dem Niveau von November. "Französische Auktionen enttäuschen nie", sagte Achilleas Georgolopoulos von der Lloyds Bank. "Vor allem nicht in diesen Zeiten, wo es überschüssige Liquidität gibt. Es wäre sehr überraschend, wenn französische Emissionen nicht deutlich überzeichnet wären." Zudem platzierte Frankreich rund 1,5 Mrd. Euro über Anleihen, die an die Inflation gekoppelt sind. Auch bei diesen Papieren gab es starke Nachfrage seitens der Anleger.

Die Auktion spanischer Staatsanleihen spülte 6,6 Mrd. Euro in die Madrider Staatskasse, wie aus offiziellen Angaben des spanischen Schatzamts hervorgeht. Damit wurde das Ziel von 4,5 Mrd. Euro deutlich übertroffen. "Wieder eine Reihe erfolgreicher Auktionen", bestätigte Analyst Richard McGuire von der Rabobank. "Das ist sicher ein weiterer Beleg dafür, dass der Markt die Rating-Aktion der vorigen Woche von S&P verdaut hat."

Zudem gingen die Refinanzierungskosten erheblich zurück: Bei den richtungsweisenden Zehnjahrespapieren sanken die Zinsen auf 5,40 Prozent. Zum Vergleich: Ende 2011 konnte das hoch verschuldete Land Investoren nur mit Zinsen von fast sieben Prozent locken. Ein solch hohes Niveau gilt für die Refinanzierung von Staaten mittelfristig als untragbar. Die Nachfrage ließ ebenfalls nicht zu wünschen übrig. Die angebotenen Titel waren 2,01-fach bis 3,24-fach überzeichnet.

Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret zeigte sich am Rande einer Konferenz in Abu Dhabi erfreut, dass die Emissionen "recht gut" gelaufen seien. Bereits Anfang der Woche hatte Spanien bei der Auktion von Schuldscheinen mit einer Laufzeit von bis zu 18 Monaten von sinkenden Renditen profitiert.        

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte die Kreditwürdigkeit Spaniens am vergangenen Freitag um zwei Noten auf "A" heruntergestuft. Die viertgrößte Euro-Volkswirtschaft ist vor dem Hintergrund der europäischen Schuldenkrise wegen ihres angeschlagenen Bankensektors und einer Immobilienblase in Schieflage geraten. Frankreich hatte in der S&P-Bewertung die Bestnote "AAA" verloren und rangiert nun eine Notenstufe darunter. Die zweitgrößte Volkswirtschaft bemüht sich wie Spanien und andere bedrängte Euro-Staaten um umfassende Reformen.

Risikofaktor Griechenland

Mit Blick auf die jüngsten Rating-Entscheidungen sagte Helaba-Analystin Stork: "Die Herabstufung Frankreichs und Spaniens durch Standard & Poor's am vergangenen Freitag war offensichtlich nur ein Strohfeuer." Allerdings warnte die Expertin vor Euphorie: "Allen voran die Lage in Griechenland, aber auch in Portugal gibt keinen Grund zur Entwarnung." In Griechenland laufen derzeit die Verhandlungen mit privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt. Auch Portugal war zuletzt wieder stärker in den Fokus gerückt, weil mit S&P nun auch die letzte der drei großen Ratingagenturen die Staatstitel des Landes als Ramsch bewertet. Portugal refinanziert sich derzeit jedoch aus Mitteln des Rettungsschirms EFSF.

Die erfolgreichen Vorstöße am Kapitalmarkt zeichnen zusammen mit einem Konjunkturausblick der Europäische Zentralbank (EZB) ein deutlich aufgehelltes Bild der Lage im Euroraum: Die Experten der EZB sehen erste Anzeichen für eine Stabilisierung der im Euroraum. Die anhaltenden Spannungen an den Finanzmärkten dämpften zwar nach wie vor die wirtschaftlichen Aktivitäten, heißt es im aktuellen Monatsbericht der Notenbank. Aktuelle Umfragen deuteten aber auf eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau hin. Der Ausblick sei jedoch weiterhin mit hoher Unsicherheit behaftet, warnten die Währungshüter vor zu großer Euphorie.

Kehrt das Vertrauen nun zurück?

Im Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise und eine drohende Rezession hatte die Notenbank den Leitzins im vergangenen Jahr auf 1,0 Prozent gesenkt. Gestützt durch niedrige Zinsen und massive Geldspritzen der EZB für Banken sollte sich die Konjunktur im Laufe des Jahres erholen - allerdings nur sehr allmählich. Die Euroschuldenkrise und die weltweit nur noch moderate Nachfrage dämpfen aus Sicht der EZB die Dynamik.

Ein weiteres positives Signal kam aus dem Interbankenhandel. Die Summen in der sogenannten gingen deutlich zurück. Sie lagen bei 395,3 Mrd. Euro und damit rund 133 Mrd. Euro niedriger als am Vortag. Es ist das erste Mal in diesem Jahr, dass die eintägigen Bankeinlagen unter die Schwelle von 400 Mrd. Euro sinken.

Die kurzfristigen Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB gelten als Indikator für die Stimmung in der Branche. Hohe Werte deuten auf ein größeres Misstrauen der Banken untereinander hin. Einzelne Geldhäuser sind wegen ihres starken Engagements in Staatsanleihen von der Euro-Schuldenkrise in besonderem Maße mit Unsicherheiten konfrontiert.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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