Politik

Merkel will von Athen Taten sehen Papandreou bietet seinen Rücktritt an

Papandreou bietet seinen Rücktritt an. "Es lief sehr zivilisiert ab", heißt es.

Papandreou bietet seinen Rücktritt an. "Es lief sehr zivilisiert ab", heißt es.

(Foto: dpa)

Zwischenzeitlich schien es, als könne sich Griechenlands Premier Papandreou im Amt halten. Zuerst sagt er das umstrittene Referendum über das Euro-Hilfspaket ab, dann kündigt er Verhandlungen mit der Opposition über die Bildung einer Übergangsregierung an. Doch die Konservativen fordern seinen Rücktritt. Um seinen Sozialisten die Macht zu erhalten, bietet Papandreou nun offenbar doch seinen Rücktritt an. Kanzlerin Merkel fordert derweil die schnelle Umsetzung der EU-Gipfelbeschlüsse vom Oktober. "Für uns zählen Taten", sagt sie.

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou ist Regierungskreisen zufolge zum Rücktritt bereit, um seine sozialistische Partei an der Macht zu halten. Dies habe Papandreou mit mehreren Ministern unter Führung von Finanzminister Evangelos Venizelos vereinbart, hieß es aus einer Kabinettssitzung. Sollten die Minister Papandreou helfen, die Vertrauensabstimmung am Freitag zu gewinnen, sei er dazu bereit, zurückzutreten und die Macht an eine Koalitionsregierung abzugeben. "Im wurde gesagt, dass er sich ohne großes Aufheben zurückziehen muss, um seine Partei zu retten", sagte ein Insider. "Er stimmte dem Rücktritt zu. Es lief sehr zivilisiert ab, ohne Bitterkeit."

Merkel (l) fordern von Athen Taten.

Merkel (l) fordern von Athen Taten.

(Foto: REUTERS)

Zuvor hatte sich Papandreou in einer dramatischen Kehrtwende bereiterklärt, auf das umstrittene Referendum über das Euro-Hilfspaket zu verzichten. Finanzminister Venizelos bekräftigte vor der Parlamentsfraktion der Sozialisten: "Das Referendum ist vom Tisch." Papandreou kündigte zudem seine Bereitschaft an, mit der oppositionellen konservativen Nea Dimokratia (ND) über die Bildung einer Übergangsregierung zu verhandeln.

Trotz des Verzichts auf das Euro-Referendum hält Bundeskanzlerin Angela Merkel derweil den Druck auf Athen aufrecht. "Für uns zählen Taten", sagte sie am Rande des G20-Gipfels in Cannes. Wichtig sei, dass aus Griechenland schnell ein Ja zu den europäischen Gipfel-Beschlüssen vom 27. Oktober komme. Es sei derzeit nicht ersichtlich, wie das passieren könne. Merkel betonte, erst nach der Zustimmung werde es weitere Zahlungen an Griechenland geben.

"Papandreou öffnet die Tore der Hölle"

In einer Kabinettssitzung kündigte Papandreou an, dass auch die Nea Dimokratia im Parlament für die EU-Hilfsmaßnahmen stimmen werde. Die Volksabstimmung sei nie ein Selbstzweck gewesen. "Wir hatten ein Dilemma - entweder eine tatsächliche Zustimmung oder ein Referendum", sagte der sozialistische Ministerpräsident mit Blick auf die bisherige Blockadehaltung der Konservativen.

Die konservative Opposition hatte zuvor den Rücktritt Papandreous und Wahlen binnen sechs Wochen gefordert. Papandreou hatte vorgezogene Neuwahlen vehement abgelehnt: Das wäre "katastrophal", sagte er. Der Chef der Nea Dimokratia, Antonis Samaras, warf dem Regierungschef "Erpressung, Lügen und Festklammern an der Macht" vor. Papandreou will sich am Freitag (23.00 Uhr MEZ) einer Vertrauensabstimmung im Athener Parlament stellen. Der Ausgang ist ungewiss. Die regierende PASOK-Partei verfügt im Parlament nur über eine hauchdünne Mehrheit von 152 der 300 Abgeordneten. Sollte Papandreou die Abstimmung verlieren, müssen Wahlen innerhalb von 30 Tagen stattfinden.

Die Spitzen der Eurozone, darunter Merkel, hatten sich vor dem G20-Gipfel überrascht von der plötzlichen Ankündigung einer Volksabstimmung gezeigt und Papandreou bei einem Gespräch am Mittwochabend massiv unter Druck gesetzt, möglichst rasch für Klarheit zu sorgen. Auch an den europäischen Finanzmärkten hatte die Ankündigung heftige Turbulenzen ausgelöst. Die Auszahlung der nächsten Hilfszahlungen an das hoch verschuldete Land wurde gestoppt. "Papandreou öffnet die Tore der Hölle", titelte das konservative Boulevardblatt "Elefhteros Typos".

Papandreou kündigte zudem Verhandlungen mit Nea-Dimokratia-Chef Samaras über die Bildung einer Regierung der Einheit an. Der Fernsehsender NET berichtete von einem Telefongespräch Papandreous mit Samaras, in dem die beiden Rivalen über eine Regierung unter Beteiligung der Opposition verhandelt hätten. Samaras sagte, das Übergangskabinett solle lediglich die Wahlen organisieren und das Rettungspaket durch das bisherige Parlament ratifizieren lassen. Der neue Rettungsplan für Griechenland sei "unvermeidbar" und müsse garantiert werden. Finanzminister Venizelos sagte, Griechenland brauche bis spätestens 15. Dezember die sechste Tranche aus dem Hilfspaket im Umfang von acht Milliarden Euro.

Draghi: "Wir sind an den Vertrag gebunden"

EZB-Präsident Mario Draghi hält derweil einen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone für nicht vorstellbar. Eine solche Möglichkeit sähen die EU-Verträge überhaupt nicht vor, sagte der neue Chef der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. "Das steht nicht im Vertrag. Wir sind an den Vertrag gebunden. Wir können uns nicht Situationen vorstellen, die im Vertrag nicht vorgesehen sind." Die EZB blicke aber mit Argusaugen auf die Lage in Griechenland. "Wir beobachten die Situation genau", betonte Draghi. Auch eine Sprecherin der EU-Kommission wies in Brüssel darauf hin, dass ein Land nach der gültigen Rechtslage nur aus der Eurozone ausscheiden könne, wenn es auch die Europäische Union verlässt.

Finanzminister Venizelos distanzierte sich bereits von seinem Regierungschef.

Finanzminister Venizelos distanzierte sich bereits von seinem Regierungschef.

(Foto: AP)

SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte davor, einen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone leichtfertig in Kauf zu nehmen. Zwar sei es ein "verständlicher Reflex", einen solchen Schritt zu fordern, sagte Gabriel in Berlin. Ein solcher hätte allerdings dramatische Folgen, da sich Investoren auch aus anderen schwächelnden Euro-Ländern zurückziehen könnten. "Europa muss um Griechenland kämpfen", betonte der SPD-Vorsitzende.

Gabriel forderte Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Merkel auf, ihre konservativen Parteifreunde in Athen auch öffentlich stärker in die Pflicht zu nehmen. "Fahrt nach Athen, stellt eure konservativen Freunde und zwingt sie dazu, Farbe zu bekennen", sagte der SPD-Chef an die Adresse von Europas Konservativen. Gabriel warf Merkel zudem vor, sie habe die jetzige Situation "aktiv herbeigeführt". So sei es ein Fehler gewesen, im Falle Griechenlands alleine auf das Sparen zu setzen. Notwendig sei es stattdessen, ein Wachstums- und Investitionsprogramm zu schnüren.

Ungewisse Zukunft: In Griechenland scheint derzeit alles möglich.

Ungewisse Zukunft: In Griechenland scheint derzeit alles möglich.

(Foto: REUTERS)

Unionsfraktionschef Volker Kauder zeigte sich hingegen zufrieden mit der Politik der Bundesregierung. Es sei völlig richtig, dass Griechenland bis auf weiteres keine Gelder aus der Euro-Gruppe erhalte, sagte der CDU-Politiker in Berlin. Es seien Hilfsprogramme mit klaren Bedingungen festgelegt worden, die Griechenland einhalten müsse. Politiker der CSU forderten angesichts der zwischenzeitlichen Referendums-Pläne eine Volksabstimmung über den Euro-Kurs auch in Deutschland. Solche weitreichenden Entscheidungen dürfen nicht ohne Einbeziehung der Bevölkerung getroffen werden, hieß es.

Obama zeigt sich besorgt

US-Präsident Barack Obama äußerte unterdessen in einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel die Sorge, dass die Folgen der Krise um Griechenland auch sein Land erfassen könnten. "Obama hat klar gemacht, dass er an einem starken Euro und einer Lösung der Euro-Probleme großes Interesse hat", hieß es in deutschen Regierungskreisen nach den Beratungen der beiden Politiker am Rande des G20-Gipfels in Cannes. Der US-Präsident erwarte einen Erfolg der europäischen Lösungsbemühungen. Schließlich seien die Europäer die größten Handelspartner seines Landes.

Unterschiedlicher Meinung seien beide Seiten aber über die Rolle der Zentralbanken im Kampf gegen die Krise gewesen, hieß es weiter. Die Deutschen stellen traditionell als Hauptaufgabe der Währungshüter die Eindämmung der Inflation und ihre Unabhängigkeit von der Politik in den Vordergrund. Dagegen spielt die US-Notenbank mit ihrer Politik des billigen Geldes schon seit langem eine sehr aktive Rolle im Kampf gegen die Wirtschaftskrise.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/rts/AFP

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