Wirtschaft

Streikende ruinieren das "Weihnachtsfest für Kinder" Amazon keilt gegen Verdi

"Verdi ist nicht Teil unserer Beziehung, deswegen verwende ich nicht viel Zeit für sie", sagt Amazon-Logistikchef Dave Clark.

"Verdi ist nicht Teil unserer Beziehung, deswegen verwende ich nicht viel Zeit für sie", sagt Amazon-Logistikchef Dave Clark.

(Foto: dpa)

Im Tarifstreit zwischen Amazon und Verdi wird der Ton rauer. Mitten in der umsatzstärksten Zeit des Jahres ruft die Gewerkschaft zu neuen Streiks auf. Mit Verdi reden will das Unternehmen weiterhin nicht - reitet aber verbal eine scharfe Attacke.

Beim Online-Versandhändler Amazon haben Hunderte Mitarbeiter mit Streiks zum Beginn der Adventszeit ihre Forderung nach einem Tarifvertrag bekräftigt. Die Mitarbeiter legten an den Standorten Leipzig und Bad Hersfeld ihre Arbeit nieder, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte. Für Empörung unter den Streikenden sorgten Äußerungen des Amazon-Logistikchefs Dave Clark, der den Streikenden in einem Interview vorwarf, "das Weihnachtsfest für Kinder zu ruinieren".

Laut Gewerkschaft haben rund 600 Mitarbeiter des Logistikzentrums in Bad Hersfeld und weitere 400 am Standort Leipzig ihre Arbeit niedergelegt. Amazon beschäftigt in seinen neun deutschen Logistikzentren rund 9.000 Mitarbeiter. Mit mehr als 3.000 Beschäftigten ist Bad Hersfeld der größte Standort. Der Ausstand soll an den beiden Standorten jeweils 24 Stunden andauern. Auch Dutzende Beschäftigte des örtlichen Einzelhandels beteiligten sich demnach an den Protestaktionen.

Amazon brüskiert Gewerkschaft

Der für die deutschen Amazon-Versandzentren zuständige Logistik-Chef Dave Clark lehnte derweil Tarifgespräche mit der Gewerkschaft ab. "Verdi ist nicht Teil unserer Beziehung, deswegen verwende ich nicht viel Zeit für sie", sagte er der "Welt". Amazon pflege stattdessen "eine direkte Beziehung mit unseren Leuten: durch Betriebsräte und Mitarbeiterforen, und durch viele Möglichkeiten zum Feedback".

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Mit der Androhung von Streiks im Weihnachtsgeschäft schieße Verdi "in Sachen öffentliche Wahrnehmung ein Eigentor", sagte Clark, der bei Amazon für das Logistikgeschäft und den Kundenservice weltweit verantwortlich ist. "Warum sollten wir uns von jemandem zur Zusammenarbeit erpressen lassen, der damit droht, das Weihnachtsfest für Kinder zu ruinieren?" Die Mehrheit der Amazon-Mitarbeiter in Deutschland wolle ein gutes Weihnachtsgeschäft abliefern. "Wir werden sehen, wie viele tatsächlich Verdis Aufruf folgen", sagte Clark.

Die Streikenden hätten erbost auf diese Äußerungen reagiert, sagte Verdi-Sprecher Schneider. Verärgerung habe es auch über die Arroganz gegeben. Dass Amazon nun Verdi den Schwarzen Peter zuschiebe, sei nicht zu akzeptieren, sagte Verdi-Sprecherin Christiane Scheller. Clark unterschlage, "dass seine Beschäftigten auf uns zukommen und sagen, sie wollen Unterstützung beim Durchsetzen eines Tarifvertrags". Alle anderen großen deutschen Versandhandelsunternehmen zahlten nach Tarifvertrag, darunter Hessnatur, Weltbild und der Otto-Konzern mit seinen Firmentöchtern wie Heine, Alba Moda, Schwab und bonprix.

Amazon lehnt Tarifbindung ab

Verdi hatte die Logistikzentren in Leipzig und Bad Hersfeld in den vergangenen Monaten bereits mehrfach bestreikt. Die Gewerkschaft fordert von Amazon eine Bezahlung, die dem Niveau im Einzel- und Versandhandel entspricht. Das Amazon-Management lehnt eine Tarifbindung ab. Das US-Unternehmen orientiert sich an der niedrigeren Bezahlung in der Logistikbranche.

Laut Scheller erhalten Beschäftigte in der untersten Lohnstufe bei Amazon in Bad Hersfeld 9,83 Euro pro Stunde; der Tarifvertrag sehe in Hessen 11,69 Euro vor. Ein Tarifvertrag würde laut Verdi auch Weihnachtsgeld mit sich bringen. Amazon hat zwar für dieses Jahr eine Einmalzahlung von 400 bis 600 Euro angekündigt, das ist für Verdi aber nicht genug. Diese freiwillige Leistung sei weit vom Tarifanspruch entfernt.

Eine Amazon-Sprecherin verteidigte die Vergütungspraxis des Unternehmens. Die Mitarbeiter der neun deutschen Amazon-Logistikzentren lägen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikbranche üblich sei.

Neben den bislang acht Logistik- und Versandzentren betreibt Amazon in Deutschland zwei Kundenzentren für die Bestell- und Bezahlvorgänge sowie seine Zentrale in München. 9000 der weltweit mehr als 88.000 Mitarbeiter beschäftigt Amazon hierzulande.

Quelle: ntv.de, mmo/jwu/AFP/rts/DJ

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