Wirtschaft

Rutscht Japan in die Rezession? Ökonom erwartet "Kobe-Effekt"

Nach dem Beben warten Pendler in Tokio auf Anschluss: Notabschaltungen legten Teile des Verkehrssystems lahm.

Nach dem Beben warten Pendler in Tokio auf Anschluss: Notabschaltungen legten Teile des Verkehrssystems lahm.

(Foto: REUTERS)

Die japanische Volkswirtschaft ist nach Einschätzung von Allianz-Chefvolkswirt Heise stark genug, um die Auswirkungen des Erdbebens längerfristig zu verkraften. Eine weltweite Rezession sei nicht zu erwarten, der sogenannte "Kobe-Effekt" könnte das Land sogar stärken. Im Fall einer Nuklearkatastrophe rechnet aber auch Heise mit "nachhaltigen Folgen".

Chefvolkswirt Heise mahnt die Märkte: Die größte Sorge gilt den Menschen.

Chefvolkswirt Heise mahnt die Märkte: Die größte Sorge gilt den Menschen.

(Foto: REUTERS)

Sorgen vor einer neuen weltweiten Rezession nach dem verheerenden Erdbeben in Japan sind nach Einschätzung von Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise unbegründet. Die größte Sorge gelte dem Verlust von Menschenleben und dem Vermögen der Menschen in Japan. "Das sind die wirklich wichtigen Themen", sagte Heise.

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt dürfte Heise zufolge die Katastrophe längerfristig ohne größeren Dämpfer überstehen. Das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen hänge allerdings stark von der Entwicklung um das beschädigte ab.

"Dass das Japan die Initialzündung für eine große Rezession bringt, ist nicht zu erwarten", sagte Heise. Wenn es zu einer Atomkatastrophe komme, werde das allerdings "schon nachhaltige Folgen für die japanische Ökonomie haben".

Der Nikkei am Freitag: Ökonomische Sorgen hatte Japan schon vor dem Beben.

Der Nikkei am Freitag: Ökonomische Sorgen hatte Japan schon vor dem Beben.

(Foto: REUTERS)

Der Erdstöße hatten den Nordosten Japans am schwersten getroffen, eine Region mit nur geringerem wirtschaftlichem Gewicht. Allerdings wackelte auch in anderen Teilen des Landes die Erde. In der Nähe von Tokio explodierte eine Raffinerie. Ministerpräsident Naoto Kan rief am Freitag Atomalarm aus, nachdem es im Atomkraftwerk Fukushima zu einem schweren Störfall kam.

Japan war von der weltweiten Wirtschaftskrise 2009 unter den großen Volkswirtschaften mit am schlimmsten erwischt worden, hatte sich aber 2010 überraschend schnell erholt. Für 2011 und 2012 rechneten Volkswirte schon vor dem Erdbeben aber wieder mit deutlich geringeren Wachstumsraten.

Stärker verschuldet als Griechenland

Größtes Problem der Japaner ist allerdings die gigantische , die mit rund 200 Prozent der Wirtschaftsleistung deutlich größer ist als in allen anderen Industriestaaten, inklusive Irland, Portugal und Griechenland.

Im Gegensatz zu kleineren Schuldenstaaten verfügt Japan allerdings über ein Vielfaches der Wirtschaftskraft und ist zudem nur in geringem Maß von der Stimmung am internationalen Kapitalmarkt abhängig. Ein großer Teil der japanischen Schuldentitel wird von inländischen Investoren gehalten.

Roubini: "Sicherlich das Schlimmste"

"Das ist sicherlich das Schlimmste, was in Japan passieren konnte, zur denkbar ungünstigsten Zeit", sagte der US-Ökonom Nouriel Roubini. Japan mühe sich gerade, seine drückende Schuldenlast abzubauen. "Japan hat sich zuletzt aber immer an den Märkten ohne Probleme refinanziert", betonte Wolfgang Leim, Japan-Experte der Commerzbank.

Die Schäden an der Küste sind immens, die Berichte aus dem Inland noch unvollständig: Der Wiederaufbau beginnt.

Die Schäden an der Küste sind immens, die Berichte aus dem Inland noch unvollständig: Der Wiederaufbau beginnt.

(Foto: dpa)

Die Bank of Japan (BoJ) teilte bereits mit, sie werde alles tun, um die Stabilität der Finanzmärkte zu sichern und Liquidität bereitzustellen. Der Yen schwächelte dann auch nur kurz und fing sich schnell wieder. Dollar und Euro blieben ebenfalls stabil. "Der nur kurzzeitige Rückgang des japanischen Yen zeigt, dass die Märkte die wirtschaftlichen Folgen nicht so skeptisch beurteilen", sagte Leim.

Der Aufbau könnte Japan helfen

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich ab, dass Japans Wirtschaft zwar schwer erschüttert, aber wohl nicht dauerhaft beeinträchtigt ist. Heise erwartet allerdings, dass die kurzfristigen Produktionsausfälle rasch wieder aufgeholt werden - zumal die meisten Sachwerte dort versichert seien.

Wie andere Ökonomen verweist Heise auf den sogenannten "Kobe-Effekt". In der Stadt Kobe hatte 1995 ein Erdbeben verheerende Schäden angerichtet und für kurze Zeit einen Konjunkturdämpfer verursacht. Der war aber durch den folgenden Wiederaufbau mehr als wettgemacht worden.

Außerdem befänden sich vor allem die asiatischen Handelspartner der Exportnation Japan in einem starken und selbsttragenden Aufschwung. "Das hilft natürlich auch Japan."

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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