Wirtschaft

Verdacht in Spanien und Italien Notenbanken bewerten zu lax

Die EZB verteidigt das Vorgehen der Notenbanken.

Die EZB verteidigt das Vorgehen der Notenbanken.

(Foto: picture alliance / dpa)

Regelwerke verlocken offenbar sehr dazu, die Grenzen auszuloten. So auch bei den Notenbanken in Spanien und Italien. Bei der Bonitätsbewertung von Kreditnehmern sollen Medienberichten zufolge die Regeln großzügig ausgelegt worden sein, was den Zentralbanken Finanzierungsvorteile in Milliardenhöhe einbrachte.

Im Euro-System der Zentralbanken ist es erneut zu Unregelmäßigkeiten bei der Bewertung von Kreditsicherheiten gekommen. Die Notenbanken in Spanien und Italien hätten die Regeln der Europäischen Zentralbank zu großzügig ausgelegt, heißt es in der "Welt am Sonntag". Banken, die die zu gut bewerteten Papiere bei der Zentralbank einreichten, hätten dadurch Finanzierungsvorteile von bis zu 12,4 Mrd. Euro eingestrichen. Die EZB sicherte im Gegenzug ihre Risiken schlechter ab, als es ihr eigenes Regelwerk vorsieht.

Banken müssen grundsätzlich Wertpapiere oder andere Vermögenswerte verpfänden, um Zentralbankkredite zu erhalten. Dabei werden Risikoabschläge fällig, die umso höher ausfallen, je geringer die Bonität des verpfändeten Wertpapiers ist. Bereits in der Vergangenheit musste die EZB einräumen, dass nationale Notenbanken Kreditsicherheiten zu großzügig bewertet hatten.

Großzügige Bewertung?

Im aktuellen Fall geht es um eine offenbar systematisch falsche Anwendung der Regeln bei staatlich garantierten Bankanleihen. Für ihre Bewertungen haben die Notenbanken das Rating der jeweiligen Regierung herangezogen, das besser ausfällt als das der Banken und deshalb zu geringeren Risikoabschlägen führt.

Die EZB verteidigt das Vorgehen der spanischen und italienischen Notenbank. Weil es kein "Wertpapier-Rating" gebe, würden "die Bewertungsabschläge von den entsprechenden Emittenten- oder Garanten-Ratings bestimmt, und zwar unter der Maßgabe, dass das beste Rating entscheidend ist", erklärte die EZB auf Anfrage der "Welt am Sonntag".

Diese Maxime widerspricht jedoch dem schriftlichen EZB-Regelwerk, wonach ein Garanten-Rating nur dann maßgeblich ist, wenn keine Ratingnote des Emittenten vorliegt. Im Falle der Bankanleihen müsste also eine Bonitätsbewertung für die jeweilige Bank fehlen. Für alle fraglichen Banken in Spanien und Italien gebe es jedoch sehr wohl Ratings. Deshalb müssten diese Bonitätsnoten zählen, was zu höheren Risikoabschlägen geführt hätte. Trotz mehrerer Nachfragen der "Welt am Sonntag" konnte die EZB keine Erklärung dafür liefern, warum die vorhandenen Banken-Ratings ignoriert wurden.

In Kreisen der Zentralbank wird allerdings beteuert, dass durch die großzügigere Bewertung in der Praxis keine zusätzlichen Kredite ausgegeben worden seien. Banken, die die fraglichen Anleihen bei der Zentralbank verpfändeten, hätten stets über ausreichend andere Sicherheiten verfügt. Das ist aber nur eine Momentaufnahme, da es aktuell keine Liquiditätsengpässe gibt, was sich schnell wieder ändern kann.

Zudem verschaffe eine großzügigere Bewertung den Banken Wettbewerbsvorteile. Denn Sicherheiten sind für die Institute quasi flüssiges Geld, weil sie jederzeit bei der EZB eingereicht werden könnten. Und sowohl Ratingagenturen als auch Investoren schauen sehr genau darauf, wie groß das Liquiditätspolster der Geschäftsbanken ist.

Quelle: ntv.de, DJ

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