Wirtschaft

Vier-Millionen-Marke im Blick Mehr Arbeitslose erwartet

Trotz verbesserter Konjunkturaussichten wird die Arbeitslosenzahl in Deutschland nach Ansicht des Wirtschaftsforschers Thomas Straubhaar im neuen Jahr bis nahe an die Vier-Millionen-Grenze steigen.

Thomas Straubhaar

Thomas Straubhaar

(Foto: picture-alliance/ dpa)

"Der Arbeitsmarkt hat bisher nur wenig unter der Wirtschaftskrise gelitten. Das wird sich ändern", sagte der Chef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). Bei der Konjunktur erwartet Straubhaar 2010 den Beginn einer langsamen Erholung, warnte aber vor zu großem Optimismus. "Die Betonung liegt auf langsam", sagte er.

So werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland nach den Berechnungen des HWWI im neuen Jahr zwar um 1,5 Prozent und damit entgegen früherer Erwartungen "überraschend kräftig" zulegen, sagte Straubhaar. Angesichts des BIP-Absturzes von fast fünf Prozent im Krisenjahr 2009 sei diese Entwicklung aber noch kein Grund für "Luftsprünge", ergänzte der Ökonom. "Wir bewegen uns immer noch weit unter dem Ausgangsniveau des Jahres 2008." Unklar sei auch, ob die Wirtschafts- und Finanzkrise tatsächlich ausgestanden sei. Das zeigten auch Ereignisse wie die massiven Zahlungsschwierigkeiten Griechenlands oder des Emirats Dubai, die die Börsen im Dezember plötzlich in Aufruhr versetzt hatten. "Wir wissen nicht, welche Risiken noch in den Büchern schlummern."

Kurzarbeit reicht nicht aus

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt werde sich die Lage im nächsten Jahr ohnehin erst einmal verschärfen, warnte Straubhaar. Zwar sehe er nicht so schwarz wie einige seiner Kollegen. Er erwarte aber "in den saisonalen Spitzen" bis zu vier Millionen Erwerbslose und rechne im Jahresdurchschnitt mit rund 3,8 Millionen Jobsuchenden in Deutschland. Das wären 400.000 mehr als in diesem Jahr. Bislang hätten Maßnahmen wie die Kurzarbeiterregelung negative Beschäftigungseffekte weitgehend verhindert. Das reicht nach Straubhaars Worten auf Dauer aber nicht aus, um die krisenbedingten Überkapazitäten bei den Unternehmen auszugleichen.

Von der Bundesregierung forderte Straubhaar für 2010 ein Ende kurzfristiger Krisenmaßnahmen und die Beseitigung struktureller Wachstumsbremsen. "Der Staat hat in den Krisenmonaten seit Oktober 2008 richtigerweise enorm viel getan. Jetzt besteht die Herausforderung darin, sich über die langfristigen Folgewirkungen Gedanken zu machen", sagte der Experte. Unter anderem gehe es darum, die Staatsverschuldung nicht ausufern zu lassen. Auch sollte sich die Regierung bei Hilfen für notleidende Unternehmen künftig einen sehr viel strikteren Maßstab anlegen. "Der Staat kann nicht alles und jeden retten". Staatshilfen etwa für Opel seien der falsche Weg. Die öffentliche Hand solle nur bei "systemischen Risiken" eingreifen.

Zudem könnten nun die eigentlichen Kernpunkte eines möglichen "bürgerlich-liberalen" Ansatzes in der Wirtschaftspolitik hin zu mehr Eigenverantwortung angegangen werden, sagte Straubhaar. Dazu zähle auch ein grundlegender Wechsel im Steuerrecht hin zu mehr verbrauchsabhängigen Steuern und Gebühren sowie einer Entlastung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Das im Dezember beschlossene Wachstumsbeschleunigungsgesetz mit Steuersenkungen etwa für einzelne Branchen wie Hotels führe dagegen nicht zu mehr Wirtschaftswachstum, sagte Straubhaar. "Das ist so eine Art Wohlfühlgesetz für einzelne Interessengruppen."

Quelle: ntv.de, AFP

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