Politik

Entschärfte Briefbombe an Ackermann Anarchisten bekennen sich

Die an Ackermann adressierte Bombe konnte rechtzeitig entschärft werden.

Die an Ackermann adressierte Bombe konnte rechtzeitig entschärft werden.

(Foto: REUTERS)

Die Briefbombe an Deutsche-Bank-Chef Ackermann stammt von einer anarchistischen Gruppe aus Italien. Ermittler finden ein Bekennerschreiben im Sprengsatz. Die "FAI" kündigt weitere "Explosionen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger" an. Die Sendung an Ackermann sei bei einer Explosion "sehr gefährlich gewesen", heißt es aus dem LKA Hessen. Weltweit werden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Zu dem versuchten Briefbombenanschlag auf Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann hat sich nach Angaben des hessischen Landeskriminalamtes eine linksanarchistische Gruppe aus Italien bekannt. Bei der Spurensicherung sei ein handschriftliches Bekennerschreiben der "FAI - Federazione Anarchica Informale" entdeckt worden, teilte das LKA und die Staatsanwaltschaft Frankfurt mit. Die Briefbombe war am Mittwoch in der Poststelle der Deutschen Bank entdeckt und entschärft worden. Verletzt wurde niemand. Die Bundesanwaltschaft prüft nach Aussagen eines Sprechers, den Fall zu übernehmen.

Funktionsfähig und "sehr gefährlich": Die Deutsche Bank muss ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärken.

Funktionsfähig und "sehr gefährlich": Die Deutsche Bank muss ihre Sicherheitsvorkehrungen verstärken.

(Foto: REUTERS)

In dem Schreiben werde vor "drei Explosionen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger" gewarnt. Das LKA geht daher davon aus, dass noch zwei weitere Briefbomben verschickt worden sein könnten. Bei der "FAI" handele es sich um eine terroristische, linksanarchistische Organisation, teilte das LKA mit. Die Gruppe habe in der Vergangenheit mehrfach die Verantwortung für Anschläge gegen staatliche Organisationen in Europa mit Schwerpunkt in Italien übernommen. Vom italienischen Geheimdienst werden die Anarchisten als "Terroristen" eingestuft.

Nach Angaben der Ermittler in Frankfurt hat es bereits 2003 einen Anschlagversuch mit einer Briefbombe auf die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt gegeben. Damals habe auch ein Bekennerschreiben der "FAI" vorgelegen. Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt hatten ermittelt, aber keine Tatverdächtigen ausgemacht. Die Bundesanwaltschaft übernimmt immer dann das Verfahren, wenn es um die innere und äußere Sicherheit des Landes geht - zum Beispiel bei Terrorismus oder Spionage.

"Angestellten haben sehr gut reagiert"

In der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt waren am Mittwoch Mitarbeiter auf eine verdächtige Postsendung gestoßen. Adressiert war der fragliche Din-A5-Umschlag an den Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann. Der hausinterne Sicherheitsdienst verständigte daraufhin die Polizei.

Nach Angaben des LKA Hessen war der verdächtige Brief eine funktionsfähige Briefbombe. LKA-Sprecher Udo Bühler sprach von einer "sehr brisanten, gefährlichen Bombe". Der Sprengsatz wurde demnach unmittelbar vor Ort entschärft. Ackermann befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Haus, hieß es aus der Deutschen Bank. Der Brief enthielt laut Polizeiangaben ein explosives Pulver. Dabei soll es sich allerdings weder um militärischen, noch um industriellen Sprengstoff gehandelt haben, sondern um einen "Eigenbau", etwa aus Feuerwerkskörpern, erklärte ein Polizei-Sprecher.

Es sei davon auszugehen, dass die Substanz bei einer Zündung Verletzungen hätte verursachen können, hieß es aus dem LKA. "Die wäre sehr gefährlich gewesen, wenn sie explodiert wäre", sagte ein Sprecher. "Aber die Angestellten der Deutschen Bank haben sehr gut reagiert, haben sich vorschriftsmäßig verhalten." So hätten sie Schlimmeres verhindern können.

Ermittler in Alarmbereitschaft

Der Fund löste über Frankfurt hinaus erhebliche Unruhe aus. In New York versetzten die Ermittlungsbehörden die Sicherheitsdienste in allen Großbanken in erhöhte Alarmbereitschaft. Die New Yorker Polizei verschickte umgehend eine Warnung an alle Wall-Street-Unternehmen. Mitarbeiter sollten bei der Annahme von Paketen "besonders vorsichtig" sein.

Beruflich in exponierter Lage: Josef Ackermann.

Beruflich in exponierter Lage: Josef Ackermann.

(Foto: dpa)

Auch die US-Bundespolizei FBI schaltete sich umgehend in die Ermittlungen ein: "Die FBI-Ermittlungsgruppe für Terrorismus arbeitet mit den deutschen Behörden zusammen, um den Vorfall in Frankfurt aufzuklären und mögliche Bedrohungen gegen Menschen oder Einrichtungen auszumachen", bestätigte ein FBI-Sprecher. Die Streifen rund um die Büros der Deutschen Bank wurden verstärkt. Die Deutsche Bank selbst stockte weltweit ihre Sicherheitsvorkehrungen auf. Nach Angaben der Bank wird nun mehr Sicherheitspersonal eingesetzt.

Was wissen die US-Behörden?

Bereits wenige Stunden nach dem Fund der verdächtigen Postsendung in Frankfurt meldeten sich US-Ermittler zu Wort. Stutzig macht Beobachter diese frühe Reaktion der US-Behörden. Unklar ist etwa, ab welchem Zeitpunkt US-Ermittler Einblick in der Ermittlungsstand rund um die verdächtige Postsendung erhalten haben. Denkbar wäre allerdings, dass eine bankinterne Sicherheitsmitteilung über die Filialen in New York auch US-Sicherheitskreise erreicht haben könnte.

FBI und andere Sicherheitsstellen in den USA scheinen jedenfalls über detaillierte Informationen zu verfügen. Denn aus den USA hieß es, als Rücksendeadresse sei auf dem Verdächtigen Päckchen die ebenfalls in Frankfurt ansässige Europäische Zentralbank angegeben worden - ein Detail, das deutsche Ermittler in ihren ersten Stellungnahmen nicht erwähnt hatten.

Erinnerungen an 1989

Deutschlands größte Bank gilt im In- und Ausland als ein Symbol des wirtschaftlichen Erfolgs des Landes. Das Haus  ist seit Jahrzehnten ein Ziel extremistischer Angriffe. Sollten sich die Hinweise auf einen Anschlagsversuch weiter verdichten, dürfte das nicht nur in Sicherheitskreisen Erinnerungen an das RAF-Attentat auf den damaligen Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen im Herbst 1989 wachrufen.

Schwer greifbare Bedrohung: Ein Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes vor dem Eingang der Bank in Frankfurt.

Schwer greifbare Bedrohung: Ein Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes vor dem Eingang der Bank in Frankfurt.

(Foto: dpa)

Als gilt Josef Ackermann vielen als "Gesicht des Kapitalismus". Als einer der wenigen Dax-Manager muss er von Leibwächtern geschützt werden. Auch als Vorsitzender der internationalen Bankenvereinigung IIF ist der Schweizer in der Euro-Schuldenkrise in den Medien stark präsent. Sein Einsatz für die Belange der Finanzbranche hat ihn bei Bankenkritikern seit längerem zur Zielscheibe der Kritik gemacht. Ackermann wird den Chefsessel der Bank im kommenden Jahr räumen.

Occupy und Attac gehen auf Distanz

Die verdächtige Sendung schlägt auch in bankenkritischen Kreisen hohe Wellen. Die Protestbewegung Occupy und das Netzwerk Attac distanzierten sich umgehend von dem versuchten Anschlag. "Wir verurteilen jegliche Aktionen, die irgendwie mit Gewalt zu tun haben", sagte Frank Stegmaier von Occupy Frankfurt. "Occupy hat andere Möglichkeiten des Protests."  Aktivisten der Bewegung leben seit dem 15. Oktober in der Grünanlage vor der Europäischen Zentralbank in einem Protestcamp.

Auch die Globalisierungskritiker von Attac sahen sich angesichts erwartbarer Nachfragen zu einer Klarstellung gezwungen. "Es gibt bei uns einen ganz klaren Konsens: Von uns geht keine Gewalt aus", sagte Attac-Sprecherin Frauke Distelrath. Vor kurzem hatten Aktivisten der bankenkritischen Occupy-Bewegung in Hamburg . Bei der Veranstaltung hatte Ackermann zur Verantwortung globaler Unternehmen gesprochen. Die "irrwitzigen Renditevorgaben" der Banken seien Hauptgrund für die Finanzkrise, sagte eine Occupy-Vertreterin damals.

Quelle: ntv.de, mli/mmo/AFP/DJ/dpa/rts

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