Wirtschaft

Von Deutsche Bank bis SAP Konzerne holpern in die Berichtssaison

Die jüngsten Quartalszahlen der europäischen Großkonzerne machen alles andere als Mut. Hiobsbotschaften, querbeet durch nahezu alle Branchen, lassen weitere negative Überraschungen erahnen. Dennoch sind Analysten zuversichtlich.

Die Berichtssaison in Europa kommt gerade erst in Schwung, da wird schon klar: Es läuft nicht rund. Großkonzerne, die früher nur selten mit negativen Überraschungen aufgewartet haben, machen plötzlich mit Gewinnwarnungen und sonstigen schlechten Nachrichten von sich reden. Das lässt für die nächsten Woche weiteres Übel befürchten.

Hiobsbotschaften gab es in den vergangenen Tagen einige: Shell, Deutsche Bank, SAP, Unilever und Alstom warnten allesamt vor schwächeren Gewinnen oder einem nachlassenden Wachstum. Sie dämpften die Erwartungen an die weitere Geschäftsentwicklung oder berichteten über schwache Zahlen in den letzten Monaten des vergangenen Jahres.

Die Gründe für die schlechten Nachrichten waren zwar vielfältig. Da aber die Enttäuschungen querbeet aus vielen Branchen kamen, sind mehr negative Überraschungen zu befürchten. Dies steht in Kontrast zu der erhofften Konjunkturbelebung und den zuletzt wieder besseren Konjunkturdaten, beispielsweise der leichten Erholung am Automarkt in Europa.

Es gibt Hoffnung

"Das ist wirklich nicht der beste Start der Berichtssaison gewesen", sagte Barclays-Aktienstratege Dennis Jose. Und doch gibt es Hoffnung: Zumeist war es ein schwaches Schlussquartal, das den Unternehmen einen Strich durch die Rechnung machte. Wenn sich in Zukunft die Konjunktur wie erwartet belebt, werden auch die Gewinne der Unternehmen folgen. Meist dauert es ein bis zwei Quartale, bis ein höheres Wirtschaftswachstum seinen Niederschlag in den Konzernbilanzen findet.

Die Voraussetzungen sind gut, viele Unternehmen haben sich jahrelang um bessere Kostenstrukturen bemüht. Bei einem Anziehen der Auftragslage werden sie deshalb besonders stark profitieren.

Von Alstom bis SAP

Doch bislang überwiegen noch die Enttäuschungen in der bisherigen Berichtssaison. Dazu gehörte die deutsche Softwareschmiede SAP. Die Walldorfer warnten, dass sie länger als erwartet brauchen werden, um die angestrebte Marge von 35 Prozent zu erreichen. Operativ traut sich SAP zudem im laufenden Jahr keinen so hohen Gewinn zu, wie von Analysten erwartet.

Auch Alstom hat ein Margenproblem. Der französische Technologiekonzern geht nun im laufenden und kommenden Jahr von fallenden Renditen aus, statt wie bislang von steigenden. Da Alstom zudem Barmittelabflüsse verkraften muss, müssen die Aktionäre wohl auch auf ihre Dividende verzichten.

Eine weitere negative Überraschung hielt am Wochenende die Deutsche Bank bereit. Rückstellungen für faule Kredite und ein schwaches Handelsgeschäft verhagelten dem Frankfurter Geldhaus das Schlussquartal. Beim Ölkonzern Shell waren es Kostensteigerungen und eine fallende Produktion, die den Gewinn einbrechen ließen.

Eurozone stabilisiert sich

Auch wenn all diese Enttäuschungen verschiedene Ursachen hatten, so leiden doch alle Unternehmen gleichermaßen unter dem seit Jahren schwachen Wirtschaftswachstum in Europa. Es gab zwar immer mal wieder Anzeichen für einen Aufschwung, doch dies nur sporadisch. Im Kontrast zur Schwäche Europas stehen die USA: Die Wirtschaft dort wächst deutlich robuster und hat die Zeiten der Finanzkrise eindeutig hinter sich gelassen.

Volkswirte trauen der Eurozone im laufenden Jahr nur ein Wirtschaftswachstum von einem Prozent zu, im dritten Quartal 2013 lag die Expansion sogar annualisiert nur bei 0,4 Prozent.

Solch zarte Wachstumszahlen lassen die Manager vorsichtig werden. Der Chef des Konsumgüterkonzerns Unilever, Paul Polman, sagte, heutzutage sei es schon "ziemlich gut", wenn man von einem "stabilen" Geschäft in Europa reden könne. Das Unilever-Geschäft wird derzeit von zwei Seiten in die Zange genommen. Zum harten Wettbewerb in den Industrieländern kommt noch die unsichere Lage in den Schwellenländern hinzu.

Analysten zuversichtlich

Das Stichwort "Schwellenländer" lenkt den Blick auf ein weiteres Problem für viele Unternehmen. Lange entwickelten sich Nationen wie Brasilien, Indien oder Russland äußerst robust. Europäische Unternehmen investierten viel Geld in den aufstrebenden Wirtschaften. Doch nun hat sich die Konjunktur dort deutlich abgekühlt, die Währungen der Schwellenländer haben wegen der bevorstehenden Straffung der Geldpolitik in den USA an Wert verloren. Westliche Unternehmen können deshalb nicht mehr so stark auf diese Regionen als Lokomotiven zählen.

Ein Beispiel ist der Spirituosenhersteller Rémy Cointreau. Lange Zeit konnte sich das französische Unternehmen auf den Cognac-Durst der Chinesen verlassen. Doch nun lässt die Nachfrage dort nach. Rémy Cointreau warnte vor einem Rückgang des operativen Gewinns im Geschäftsjahr per Ende März um 20 Prozent.

Analysten bleiben dennoch zuversichtlich. All die schlechten Nachrichten würden nur die Bühne für ein starkes Comeback bereiten, sagen sie. AXA-Aktienstratege Mathieu L'Hoir geht davon aus, dass auch eine nur milde Erholung der Wirtschaft in Europa schon die Gewinne der Unternehmen sprudeln lassen wird. Der massive Stellenabbau - etwa bei Siemens, Alcatel-Lucent oder Unilever - habe den Boden für einen deutlichen Anstieg der Margen bereitet.

Doch der Weg ist noch weit. Der AXA-Stratege rechnet vor, dass die großen börsennotierten Konzerne Europas derzeit im Schnitt nur eine operative Marge von 5,5 Prozent erwirtschaften. Das ist kaum mehr als die Hälfte der Marge vor Ausbruch der Finanzkrise. In den USA haben sich die Renditen dagegen schon wieder auf einen Wert von 9 Prozent berappelt.

Quelle: ntv.de, Matthew Curtin; DJ

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