Wirtschaft

Finanzmärkte bestrafen Berlusconi Italien muss hohe Zinsen zahlen

Der Druck der Finanzmärkte auf Italien steigt. Das hochverschuldete Land findet für neue Staatsanleihen zwar Käufer, doch die Investoren verlangen üppige Zinsen. Italien mache große Sorgen, so Harvard-Ökonom Rogoff. Die Schuldenkrise drohe damit auf Frankreich überzugreifen.

Italiens Premier Silvio Berlusconi.

Italiens Premier Silvio Berlusconi.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Italien hat sich am Kapitalmarkt nur zu hohen Zinsen frisches Geld besorgen können. Bei der ersten Auktion nach dem als Befreiungsschlag gegen die Schuldenkrise gewerteten Euro-Gipfel stieg die Rendite für eine Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit auf 6,06 Prozent. Das ist der höchste Wert seit Einführung des Euro.

Bei der Auktion Ende September waren noch 5,86 Prozent fällig geworden. Bei der parallelen Versteigerung einer dreijährigen Anleihe erreichte der Zinssatz mit 4,93 Prozent den höchsten Wert seit elf Jahren. Insgesamt sammelte der hoch verschuldete Staat acht Milliarden Euro bei Investoren ein.

Zinsen in dieser Größenordnung seien "nicht langfristig leistbar", betonte Analyst Giuseppe Maraffino von Barclay Capital. "Ich bin überrascht, dass die Kosten für die Geldbeschaffung so gestiegen sind", sagte Analyst Christian Reicherter von der DZ Bank in Frankfurt. "Damit steigt der Druck auf Italien, sein Schuldenproblem zu lösen."

"Die Auktion ist nicht gerade zufriedenstellend verlaufen", so ein Händler. Die Renditen seien teils deutlich gestiegen und die Nachfrage sei schwach gewesen. "In einem Umfeld der eher unsicheren konjunkturellen Aussichten sieht eine Rendite von über 6 Prozent nicht besonders ermutigend aus, wenn es um einen nachhaltigen Schuldenabbau geht", ergänzte ein Analyst.

Rogoff warnt

Die Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat zwar Reformen im Rentensystem und auf dem Arbeitsmarkt sowie Privatisierungen zugesagt, um den Schuldenstand bis 2014 auf 113 von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Allerdings ist die Regierung über die Reformen zerstritten. Die Ratingagenturen hatten die Kreditwürdigkeit Italiens zuletzt herabgestuft. Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft immer wieder italienische Anleihen am Markt, um einen weiteren Zinsanstieg zu verhindern.

Italien mache große Sorgen, sagte Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Wenn Italien fällt, ist es sehr schwierig, Frankreich zu retten", ergänzte er. Gehe Italien verloren, sei es sehr schwer den Euro so zu erhalten, wie wir ihn kennen.

Gwerkschaften machen mobil

Unterdessen machen Italiens Gewerkschaften Front gegen Reformpläne Berlusconis. Ihnen sind vor allem die angekündigten Erleichterungen von Entlassungen auch bei unbefristeten Arbeitsverträgen ein Dorn im Auge. Die Gewerkschaften scheinen zum Widerstand entschlossen – bis hin zum Generalstreik.

"Diese Regierung muss gehen, an jedem Tag häuft sie neuen Schutt auf unserer Gegenwart und vor allem unserer Zukunft auf", sagte die Generalsekretärin der größten Gewerkschaft CGIL, Susanna Camusso. Auch die Gewerkschaften CISL und UIL könnten in einer für sie seltenen Einigkeit bei einem Generalstreik mitmachen.

Der Regierungschef hatte unter dem Reformdruck der EU dem jüngsten Gipfel in Brüssel ein umfangreiches Papier mit Absichtserklärungen zu Liberalisierungen, einer Rentenreform und Infrastrukturprogrammen für mehr Wachstum in dem hoch verschuldeten Italien vorgelegt. Bis Mai 2012 soll danach eine Gesetzesreform mit neuen Regeln es Unternehmen leichter machen, aus wirtschaftlichen Gründen Arbeitnehmer zu entlassen, die mit unbefristeten Arbeitsverträgen eingestellt wurden.

Berlusconi schließt Neuwahlen aus

Berlusconi hatte vor zwei Wochen eine Vertrauensabstimmung im Parlament gewonnen, wird aber weiterhin von Kritikern auch aus den eigenen Reihen bedrängt. In den nächsten 18 Monaten gehe es darum, die der EU gegebenen Reform- und Sanierungsversprechen umzusetzen, sagte er. In Italien stehen regulär im Jahr 2013 Parlamentswahlen an.

Berlusconi wies Spekulationen über ein baldiges Ende der Koalition mit der Lega Nord von Umberto Bossi zurück. "Die politische Stabilität ist absolut nötig, und Bossi denkt darüber genau wie ich", sagte der Premier. Neuwahlen 2012 wären gegen die Interessen des Landes, das Stabilität brauche, sagte Berlusconi. Zudem widersprach er Spekulationen, wonach er mit dem Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord bereits seinen Rücktritt bis Januar und Neuwahlen im März vereinbart hat. Dies seien Träume der Opposition und Erfindungen der Zeitungen, sagte er. Die Lega Nord hatte die Berichte zuvor ebenfalls zurückgewiesen.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ

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