Wirtschaft

Frank Meyer im Interview "Ich spare keine Papierschnipsel"

Was ist dieses Papier wert? Diese Frage beschäftigt nicht nur Frank Meyer.

Was ist dieses Papier wert? Diese Frage beschäftigt nicht nur Frank Meyer.

(Foto: REUTERS)

Geld ist Teufelswerk mit fantastischer, aber auch vernichtender Wirkung. Davon zumindest ist n-tv-Börsenmoderator Frank Meyer überzeugt und hat darüber ein Buch geschrieben: "Meyers Money-Fest". Telebörse.de verrät Meyer, was der Sparer an Stelle von Papiergeld horten kann und warum er kein Experte sein mag.

Telebörse.de: Herr Meyer, in Ihrem Buch "Money-Fest" verraten Sie, dass Sie es gar nicht mögen, wenn man Sie als Börsenexperten bezeichnet – etwas, das wir hier bei n-tv.de und Telebörse.de zugegebenermaßen oft tun. Wie darf ich Sie denn bezeichnen?

Frank Meyer: Börsenexperte ist für mich wirklich ein Schimpfwort, weil die meisten "Experten" gar keine sind. Viele Experten sind meines Erachtens bloß moderne Wahrsager, die Hoffnungen, Wünsche und Träume mit geschäftlichen Interessen vermischen. Und dann kommen dabei Ratschläge an andere heraus. Aber Ratschläge sind auch Schläge. Ich bin einfach ein Journalist, kein Experte. Ich habe wahrscheinlich mehr Fragen als Antworten.

Jetzt stellen Sie aber nicht nur Fragen in Ihrem Buch, sondern beziehen eindeutige Positionen. Beispielsweise beim Thema Euro: Für Sie versucht sich der Euro vergeblich als Klammer unterschiedlichster Länder, der Dollar erhält nur die Bequemlichkeit des amerikanischen Empires und glücklich macht Geld sowieso nicht. Kann es sein, dass Sie kein großer Geldfan sind?

Fiatgeld

Als Fiatgeld bezeichnet man Objekte ohne inneren, sogenannten intrinsischen Wert, die als Tauschmittel dienen. Das Gegenteil von Fiatgeld ist Warengeld, das zum Beispiel als Gold, Silber, Perlen oder Tabak neben dem äußeren Tauschwert auch einen intrinsischen Wert hat. Alle großen Währungen, ob Euro, Dollar, Yen oder Pfund, sind Fiatgeld. Sie werden von den Zentralbanken praktisch aus dem Nichts geschaffen.

Geld ist ja eigentlich nur Mittel zum Zweck. Und unser heutiges Geld ist kein Geld, sondern Kredit. Für mich muss echtes Geld auch einen Wert dahinterstehen haben. Wenn ich Papierschnipsel spare, spare ich wertloses Zeug. Und das funktioniert nur solange die Leute glauben, dass das Geld ist. Ich bin ein Befürworter des gedeckten Geldes, des Warengeldes und nicht des Fiat-Geldes, das aus dem Nichts erschaffen wird. Natürlich bin ich grundsätzlich ein Freund von Geld, es beruhigt schon ein Stückchen. Aber für immer mehr Leute wird es immer schwieriger, an Geld heranzukommen. Wir kennen die Problematik des Lohndumpings bei gleichzeitig steigenden Preisen. Geld ist einfach nur ein Tauschmittel, ohne Wertspeicherfunktion. Aber ich bin für später darauf angewiesen, Werte zu speichern. Deshalb bin ich ein Befürworter des richtigen Geldes, nicht des Kreditgeldes.

Ist das der Grund, dass Sie Gold gut leiden können? Also wieder zurück zum Goldstandard? Oder sollen wir alle Goldmünzen mit uns rumtragen? Das wirkt zwar antibakteriell, wie Sie schreiben, aber ist doch unpraktisch im täglichen Gebrauch.

Ist aber werthaltiger. Ich bin kein Befürworter vom Goldstandard per se. Ein Goldstandard verhindert aber eine grenzenlose Ausweitung der Geldmenge. Dadurch werden Überschuldungskrisen wie in Europa oder Gelddruckorgien wie in den USA verhindert. Denn letztendlich wachsen die Schuldenberge immer weiter. Weil bei unserem heutigem Geld das Guthaben der einen die Schulden der anderen sind. Doch da wird es eines Tages zur Bereinigung kommen. Und ich habe die große Sorge, dass ich und meine Freunde und Bekannte das noch erleben und die Folgen tragen müssen. Wenn ich mein Geld in diesen Papierschnipseln speichere, könnte ich dann nämlich feststellen, dass diese Schnipsel als das erkannt werden, was sie wirklich sind, nämlich wertlos. Ich nutze Gold nur als Mittel zum Zweck.

Da stecken ja zwei Gedanken drin. Einmal die Diskussion um die Begrenzung oder Ausweitung der Geldmenge. Und zweitens die Rolle der Notenbanken dabei. Da versucht sich ja gerade eine junge, neue Währung daraus zu befreien. Bei den Bitcoins ist zwar die Geldmenge begrenzt, die Kursentwicklung ist dennoch verrückt. Wohin soll das führen?

Seit 2006 kommentiert Frank Meyer für die Telebörse das Börsengeschehen auf dem Frankfurter Parkett. Auf seinen Blogs www.rottmeyer.de und www.metallwoche.de schreibt er über den alltäglichen Wahn und Sinn an den Finanzmärkten.

Seit 2006 kommentiert Frank Meyer für die Telebörse das Börsengeschehen auf dem Frankfurter Parkett. Auf seinen Blogs www.rottmeyer.de und www.metallwoche.de schreibt er über den alltäglichen Wahn und Sinn an den Finanzmärkten.

Bitcoins sind kein Geld. Dieses Geld hat keinen inneren Wert. Der Bitcoin ist nur durch den Bitcoin gedeckt und er funktioniert nur, solange die Geldströme aus dem Papiergeldsystem in den Bitcoin und seine Derivate wandern – das ist natürlich auch eine Sache des Vertrauens. Es zeigt aber gleichzeitig, dass es nicht nur Spekulation gibt, sondern auch den Wunsch, Geld außerhalb des Finanzsystems zu haben. Denn in Zypern haben wir gesehen, dass das Geld relativ schnell weg sein kann. Mittlerweile sind gesetzliche Grundlagen geschaffen worden, um Guthaben im Falle eines "Bail-Ins" wegnehmen zu können. Vielleicht sind Bitcoins aber nur die Gewöhnung der Menschen daran, dass Geld künftig nur noch digital unterwegs sein wird. Aber wenn man das Bargeld abschaffen würde, wäre das gleichzeitig das Ende der Freiheit. Bargeld ist gedruckte Freiheit.

Das Ende der Freiheit?

Mir bereitet es große Sorgen, dass man in einzelnen Ländern mehr oder weniger versucht, das Bargeld abzuschaffen. Wenn das anonyme Zahlen im Laden, im Geschäftsverkehr, im Konsum, im Tausch mit anderen, in kontrollierbare und sanktionierbare Kanäle gelenkt wird, kann jeder nachvollziehen, wie die Geldströme laufen. Das mag für Überwacher ganz komfortabel sein, aber es ist dann im Grunde auch denkbar, dass Menschen mit Kontosperrungen oder ähnlichem sanktioniert werden können.

Noch einmal zurück zu den Notenbanken. Die Europäische Zentralbank betont fortlaufend die Geldstabilität. Sie mögen das den Notenbankern aber nicht richtig abnehmen, oder?

Offiziell gibt es überhaupt keine Inflation, ich aber spüre etwas anderes. Das geht vielen Leuten nicht anders. Die Diskrepanz zwischen dem Schein, den offiziellen Statistiken, und dem Sein des öffentlichen Lebens, ist größer geworden. Letztlich ist es auch eine Frage der Definition. Eine Inflation ist nicht mehr und nicht weniger als das Aufblähen der Geldmenge, inflare auf Latein. Und wenn eine Geldmenge aufgebläht wird, hat das Folgen und die sehen wir momentan an den Börsen. Aktienkurse steigen, Immobilienpreise steigen – das ist auch Inflation. Und früher oder später, wenn dieses Geld aus dieser Zirkulation in die Realität kommt, dann geht das relativ schnell.

Aber was ist mit dem Deflationsgespenst, das derzeit nicht nur von EZB-Chef Mario Draghi beschworen wird?

Natürlich ist das Deflationsgespenst da, weil die Schuldenberge sich ausbuchen wollen. Aber es ist doch ganz einfach: Man weitet die Geldmenge unendlich aus und sagt, man hat keine Inflation, sondern will die Wirtschaft ankurbeln. Das ist natürlich Unsinn, man will bloß das Geldsystem aufrecht erhalten. Das wird sich aber früher oder später ob seiner schieren Größe einfach abwickeln. Notenbanken sind keine Währungshüter, sondern Währungsmanipulateure, Geldzauberer.

Warum fällt es eigentlich so vielen Leuten so schwer, über Geldanlage nachzudenken?

Wiley-VCH Verlag, 240 Seiten, 19,99 Euro

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Wir leben tatsächlich in einer Zeit des finanziellen Analphabetismus. Weil es funktioniert, wie es funktioniert, denken die Leute nicht mehr darüber nach. Aber sie werden sich damit beschäftigen, wenn sie die Folgen dieser Geldpolitik, dieses Geldsystems am eigenen Leib zu spüren bekommen. Es gibt bereits immer mehr Leute, die sich fragen, warum ist denn das jetzt so? Dementsprechend hat in den vergangenen Jahren die Beschäftigung mit dem Thema deutlich zugenommen. Es gibt aber viel einfachere Themen, mit denen man sich beschäftigen kann. Mit dem Alltag und der Arbeit, dieser Aufgabe, das ganze Geld zu verdienen, ist man ja auch gut beschäftigt. Dazu kommt noch die Leichtigkeit des Konsums und der medialen Ablenkung. Es ist einfacher, sich mit Einfachem zu beschäftigen, als mit komplizierten Zusammenhängen. Das ist einfach ein gesellschaftlicher Trend.

Aber wenn sich jemand vornimmt, sich mehr um diese Themen zu kümmern: Was kann der fleißige Sparer denn in dieser entfesselten Finanzwelt tun?

Man muss sich entscheiden, ob man auf der Seite der Guthaben oder auf der Seite der Schulden stehen möchte. Und auf der Schuldenseite lebt es sich nicht so angenehm. Ständig Druck zu haben, um alleine das Geld für den Zins aufzubringen, um dann, wenn etwas schiefgeht, die eigentlichen Schulden nicht zurückzahlen zu können, ist nicht schön.

Und auf der Guthabenseite?

Wenn man auf der Seite der Guthaben steht, dann sollte man - bevor man über das Investieren nachdenkt – dafür sorgen, dass man weniger ausgibt als einnimmt. Die kleine private Bilanz sollte positiv sein. Und dann kann man die Überschüsse sparen. Da bietet sich je nach Menge der Geldeinheiten an, eine Immobilie zu kaufen, Gold zu kaufen, oder für kleineres Geld Silber zu kaufen, Aktien. Aber eines sollte man nicht tun: Geldversprechen, sprich Anleihen, Staatsanleihen, kaufen. Damit borgt man dem Staat Geld. Und das will ich nicht, weil ich nicht weiß, ob er es später zurückzahlen kann oder es zu einem Schuldenschnitt kommt, wie in Griechenland zum Beispiel. Das war nur der Auftakt für andere Schuldenerlässe.

Also Gold, Silber, Immobilien – so einfach ist das?

Man muss grundsätzlich zusehen, dass man seine Geldeinheiten beim Investieren gegen etwas anderes tauscht. Die große Frage ist: Gegen was tausche ich meine Geldeinheiten? Sind es Aktien, Immobilien, Edelmetalle? Manche mögen Kunst, Rotwein, Diamanten oder sammeln Briefmarken. Damit kenne ich mich allerdings nicht so aus. Das wertbeständigste seit 5000 Jahren sind Edelmetalle. Das ist Geld außerhalb dieses verrückten Finanzsystems. Für den Fall, dass es zum Crash kommt, ist das Gold noch da. Ich favorisiere Gold, ich favorisiere Aktien, aber nicht Finanzmüll, sondern schon die großen Unternehmen, die die Krisen überleben können. Und wenn man genug Geld hat, kann man auch Immobilien kaufen. Aber ich würde diese Immobilie nicht finanzieren, denn dann habe ich schon wieder für 20 Jahre meine Schuldenkette am Bein. Das ist kein angenehmes Leben, die Sorge zu haben, dass man einen Job hat, um diese Immobilie abzubezahlen. Es gibt keine Planungssicherheit wie früher und dann kann man das Pech haben, dass der Job weg ist und das Haus der Bank gehört, weil ich es nicht mehr finanzieren kann.

Ein besonders originelles Kapitel in Ihrem Buch beinhaltet den kritisch-satirische Blick auf das Geschehen an der Börse. Auf dem Börsenbalkon stehen Sie aber schon gerne, oder?

Ja. Börse ist für mich das Spannendste, was ich mir beruflich habe vorstellen können und was ich jetzt lebe. Dort kommt alles zusammen. Die Klugen und die Dummen. Die Hasardeure und Spekulanten. Die Experten und die Marktschreier. Ich beobachte hier ein Konzentrat von dem, was man draußen in der Welt auch erlebt, nur auf engem Raum. Man sieht die Geldflüsse, die Meinungsströmungen. Interventionen, Manipulationen. Man erlebt die Gefühle der Anleger und deren großen Wünsche und Hoffnungen. Aber letztendlich kriegt man an der Börse nicht das, was man sich wünscht, sondern das, was man verdient! Und das ist ein riesengroßes Spektakel. Weil nämlich hier Geld, Politik und Wirtschaft und Meinungen zusammenkommen. Wie eine Theateraufführung.

Wer sollte Ihr Buch lesen und warum?

Alle, die sich erschrecken wollen. Alle, die spüren, dass irgendwas nicht stimmt. Die nicht das glauben, was ihnen die Politiker, Experten und Medien täglich anbieten. Alle, denen Handeln wichtiger ist, als behandelt zu werden. Diejenigen, die ihre Überlegungen und Gedanken, die sie sich selber machen sollten, noch nicht outgesourct haben an andere. Diejenigen, die sich selber um ihr Geld kümmern wollen, statt es von anderen gegen Gebühr verwalten und verbrennen zu lassen. Und diejenigen, die ein kompliziertes Thema mit dem Türöffner des Spaßes ein bisschen einfacher verstehen wollen. Das war aber eine Lobhudelei jetzt!

Man muss also auch verkaufen können?

Ich habe noch nie gut verkaufen können. Aber einen habe ich noch: Diejenigen, die gegenüber allem noch nicht so abgestumpft sind.

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Quelle: ntv.de

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