Wirtschaft

Wolkenkratzer als Krisen-Indikator Hochhaus kommt vor dem Fall

Das höchste Gebäude der Welt: der Burj Khalifa in Dubai.

Das höchste Gebäude der Welt: der Burj Khalifa in Dubai.

(Foto: REUTERS)

Der Turmbau zu Babel hat eindrucksvoll demonstriert, welche Folgen Hochmut haben kann. Dennoch entstehen immer höhere Wolkenkratzer - derzeit vor allem in China. Ein böses Omen? Schließlich haben sich derartige Projekte in der Vergangenheit als guter Indikator für Finanzkrisen erwiesen.

China will hoch hinaus: In der Millionenstadt Changsa soll Ende August der Bau des höchsten Gebäudes der Welt beginnen. Die nackten Zahlen sind beeindruckend: Der "Himmelsstadt" genannte Turm soll mit einer Höhe von 838 Metern den Burj Khalifa aus Dubai überragen und nach nur 210 Tagen fertiggestellt sein. Außerdem ist er nur einer von 18 weiteren Wolkenkratzern, die derzeit in der Volksrepublik errichtet werden.

In Peking werden diese Prestigebauten als Symbol der wirtschaftlichen Potenz Chinas gesehen – doch womöglich deutet die Bauwut auf etwas anderes hin: auf nahende Schwierigkeiten. Denn der Blick zurück zeigt, dass ein Wolkenkratzer-Boom oft einer Finanz- und Wirtschaftskrise vorausgeht.

Sichtbar wird das am sogenannten Wolkenkratzer-Index. Aufgestellt wurde diese Theorie 1999 vom damaligen wissenschaftlichen Leiter der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, Andrew Lawrence. Das Ganze hatte zwar eher als Scherz begonnen, doch Lawrence fand heraus, dass Rekord-Wolkenkratzer häufig am Scheitelpunkt eines Konjunkturzyklus errichtet werden.

Die Forschung nahm die Idee auf. So veröffentlichte der Finanzwissenschaftler Gunter Löffler von der Universität Ulm eine Studie, derzufolge die Höhenrekorde aufgestellt werden, wenn hoher Optimismus und geringes Risikobewusstsein vorherrschen. Schließlich ist es in solchen Zeiten leichter möglich, Investoren zu finden, die milliardenschwere Projekte mit ungewisser Rendite finanzieren.

Empire State Building als Konjunkturindikator

Das früheste Beispiel des Zusammenhangs von Rekord-Hochhäusern und Wirtschaftskrise stammt aus dem Jahre 1873. Damals baute der Versicher Equitable Life in New York ein Hauptquartier, das immerhin rund 40 Meter hoch war und als erstes Bürogebäude der Welt mit Aufzügen ausgestattet war. Im selben Jahr begann in den USA die sogenannte Lange Depression, die bis 1879 dauerte.

Der ersten Börsenpanik der Wall Street ging der Bau des Park Row Buildings in Manhattan voraus. Das Haus existiert noch, es ist mehr als 100 Meter hoch und hat 30 Stockwerke – bis 1908 war es der höchste Wolkenkratzer der Welt. 

Auch die wohl berühmtesten Gebäude New Yorks wurden am Vorabend einer tiefen Krise errichtet: Das Chrysler Building und das Empire State Building sind zu Beginn der Großen Depression fertiggestellt, die die 30er Jahre prägte. Die Vollendung des World Trade Centers 1973 fand zu Zeiten des Zusammenbruchs des Bretton-Woods-Währungssystems und der Ölkrise statt.

In New York entsteht das neue World Trade Center

Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass 1997 die Errichtung des ersten höchsten Gebäudes außerhalb der USA seit 130 Jahren einer regionalen Krise vorausging. Dem Bau der Petronas-Türme in Kuala Lumpur folgte die sogenannte Asienkrise, deren Ursache eine Kreditblase war. Der Eröffnung des Taipei 101 im Jahre 1999 folgte das Platzen der Dotcom-Blase.

Und auch die gegenwärtige Krise geht mit ambitionierten Projekten im Wolkenkratzer-Bau einher. Ein Beispiel von vielen: In Chicago sollte im Sommer 2007 die Errichtung des "Spire" beginnen – er sollte das höchste Gebäude der USA werden. Doch im Herbst 2008 wurde der Bau auf Eis gelegt, es ist unwahrscheinlich, dass er wieder aufgenommen wird. In diesen Zusammenhang gehört auch der Burj Khalifa, dessen Bau zum größten Teil während der "Großen Rezession" stattfand.

Während in China bald der Bau des höchsten Gebäudes beginnt, steht in New York mit dem One World Trade Center die Fertigstellung des höchsten Büroturms bevor. Für die weltweite Konjunktur sind das womöglich schlechte Nachrichten.

Quelle: ntv.de

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