Wirtschaft

Neue Finanzlücke tut sich auf Griechenland braucht neues Hilfspaket

Griechenland droht laut einem Bericht eine neue Finanzlücke.

Griechenland droht laut einem Bericht eine neue Finanzlücke.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Griechenland-Reise des Finanzministers steht unter einem schlechten Stern: Athen braucht offenbar noch vor der Bundestagswahl neue Milliarden – und nach Ansicht von Ökonomen einen Schuldenschnitt. Doch diese bittere Pille will Schäuble den Wählern nicht verabreichen. Sondern frisches Geld nach Hellas pumpen.

Die internationalen Kredite für das hochverschuldete Griechenland reichen laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) nicht aus, um dem Land aus der Krise zu helfen. Unmittelbar nach der Sommerpause müssten die Euro-Länder über die weitere Finanzierung des griechischen Programms entscheiden, sagte ein hoher Beamter der EU-Kommission der "SZ". Andernfalls drohe eine Finanzierungslücke von bis zu zehn Mrd. Euro.

Die EU-Kommission widerspricht dem Bericht: "Die Zahl, die Sie in der Presse sehen, ist falsch", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. Gleichzeitig räumte er ein, dass es nach derzeitiger Einschätzung "Ende 2014" eine Finanzierungslücke in der Spanne von 2,8 bis 4,6 Mrd. Euro in dem Griechenland-Programm geben könnte.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wird an diesem Donnerstag nach Athen reisen, um dort mit seinem Kollegen Giannis Stournaras sowie Regierungschef Antonis Samaras zu beraten. Mit konkreten Antworten, wie die Finanzierungslücke geschlossen werden kann, sei vor der Bundestagswahl am 22.September aber nicht zu rechnen, weil Schäuble weder Zusagen machen noch das Programm platzen lassen wird, schreibt die "SZ".

IWF-Ausstieg würde Kettenreaktion auslösen

Zugleich drängt jedoch die Zeit. Die Euro-Länder müssen eigentlich bis Ende September entscheiden, woher Athen die dringend benötigten zehn Mrd. Euro bekommt. Ansonsten muss der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Zahlungen für Griechenland einstellen: Das Statut des IWF verbietet dem Fonds, Länder zu finanzieren, die für weniger als zwölf Monate im Voraus ausreichend Geld haben. Die beschlossenen Finanzhilfen der Euro-Länder für Griechenland laufen zum 30. Juni 2014 aus.

Nur wenn im September klar ist, dass Athen über Mitte 2014 hinaus flüssig ist, bleibt der IWF als Kreditgeber dabei. Steigt er aus, würde Athen nicht nur das Geld fehlen, das der Fonds bis 2016 zugesagt hat. Euro-Länder wie Deutschland und Finnland müssten sich dann ebenfalls aus den Hilfen verabschieden – sie haben ihre Hilfe an die Zusage des IWF geknüpft, das griechische Hilfsprogramm mitzufinanzieren.

Die neue Finanzlücke ergibt sich daraus, dass die griechische Regierung etwa zehn Mrd. Euro aus dem im Herbst 2012 beschlossenen Hilfspaket entnommen hatte, um Staatsanleihen günstig aufzukaufen und damit einen Teil des Schuldenbergs abzutragen. Zudem geht auch der Verkauf von Staatsbetrieben viel schleppender voran als geplant.

Einen Ausweg aus dem Finanzdilemma gibt es aber womöglich: Die Griechen haben von den 50 Mrd. Euro Hilfen, die für die Rettung ihrer Banken vorgesehen waren, nur 37 Mrd. genutzt. Athen will die restlichen 13 Mrd. als eine Art Sicherheitspolster verwenden - dann wäre auch kein neues Hilfsprogramm nötig, berichteten griechische Medien.

Ökonomen rechnen mit Schuldenschnitt

Nach Ansicht vieler Ökonomen könnte aber selbst ein neues Hilfspaket Griechenland nicht retten. Sie rechnen - entgegen den bisherigen Dementis der Bundesregierung – mit einem viel radikaleren Hellas-Hilfsprogramm: einem Schuldenschnitt, bei dem zum ersten Mal auch die Steuerzahler Milliarden verlieren würden. Jörg Rocholl, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), er halte einen Schuldenschnitt für "unabwendbar". Die öffentlichen Gläubiger müssten sich darauf einstellen, einen "deutlichen Milliardenbetrag" zu verlieren. Finanzminister Schäuble solle dafür in der mittelfristigen Finanzplanung Vorsorge treffen.

Auch das Kieler Weltwirtschaftsinstitut hält einen Schuldenschnitt für unausweichlich. "Griechenlands Verschuldung hat ein Niveau erreicht, das eine Sanierung der Staatsfinanzen ohne Hilfe von außen unmöglich macht, das ist nicht zu schaffen", sagte der IfW-Ökonom Henning Klodt der "FAZ".

Der "Wirtschaftsweise" Lars Feld warnte hingegen vor einer Diskussion über einen Schuldenschnitt. Das habe nur zur Folge, dass die Griechen "aufhören zu reformieren". Der griechische Konsolidierungsprozess gehe derzeit in eine entscheidende Phase, weil die Verkleinerung des aufgeblähten öffentlichen Dienstes anstehe.

Beim ersten Schuldenschnitt im März 2012 waren vor allem private Gläubiger betroffen gewesen. Inzwischen halten öffentliche Gläubiger weit mehr als zwei Drittel der Schulden Griechenlands. Die Euro-Länder haben dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge 161 Mrd. Euro, die Europäische Zentralbank (EZB) 45 Mrd. Euro und der Internationale Währungsfonds (IWF) 22 Mrd. Euro Forderungen.

Schäuble will Griechen mit Wachstums-Bank helfen

Statt frischer Milliarden will Schäuble den Griechen offenbar finanzielle Hilfe durch die staatliche KfW-Förderbank anbieten. Laut "Handelsblatt" will Schäuble den Griechen angeblich zusagen, sich mit 100 Mio. Euro am Aufbau einer sogenannten Wachstums-Förderbank für kleine und mittelständische Unternehmen zu beteiligen. Für Beträge bis 100 Mio. Euro sei keine Genehmigung durch den Bundestag nötig, sagten diplomatische Kreise in Athen.

Ein entsprechendes Darlehen würde die KfW der "Institution for Growth" gewähren, heißt es in dem Bericht. Dieser neu gegründete Fonds könnte dann Kredite an Unternehmen vergeben. Die griechischen Banken sind derzeit nicht in der Lage, die Unternehmen des Landes mit ausreichend Krediten zu versorgen. Die Firmen sind auf die Darlehen angewiesen, um investieren und junge Erwerbslose einstellen zu können.

Die deutsche Förderbank soll den Fonds nicht alleine füllen. Auch die EU soll über ihre Strukturfonds Geld zur Verfügung stellen. Zudem ist eine Beteiligung der Europäischen Investitionsbank (EIB) geplant. Insgesamt könnte die "Institution for Growth" damit zunächst rund 500 Mio. Euro verwalten. Einige Details würden aber noch verhandelt, so das "Handelsblatt".

Quelle: ntv.de, hvg/dpa/AFP

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