Wirtschaft

"Gesunde Respektlosigkeit" Google kürt neue Youtube-Chefin

Videokanal im Internet: Mit Online-Werbung verdiente Google im zurückliegenden Quartal deutlich mehr als 3 Milliarden Dollar.

Videokanal im Internet: Mit Online-Werbung verdiente Google im zurückliegenden Quartal deutlich mehr als 3 Milliarden Dollar.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die bekannteste Videoplattform der Welt soll künftig unter weiblicher Anleitung wachsen: Die Konzernspitze hebt ein ureigenes Google-Gewächs in den Chefsessel. Wojcicki kennt die Gründer aus den Anfangstagen - ihr gehörte die legendäre Google-Garage.

Schaut gerne Youtube-Videos bei der Arbeit: Susan Wojcicki.

Schaut gerne Youtube-Videos bei der Arbeit: Susan Wojcicki.

(Foto: REUTERS)

Die Leitung einer seiner prominentesten Sparten legt der Internetkonzern Google in die Hände einer erfahrenen Führungskraft aus den eigenen Reihen. Neue Chefin der Videoplattform Youtube wird Susan Wojcicki. Sie war bis zuletzt bei Google für das Werbegeschäft zuständig - und damit für das zentrale Ertragsstandbein des Unternehmens.

Ihr Vorgänger bei Youtube, Salar Kamangar, bleibt Google erhalten und soll künftig eine noch nicht näher bestimmte andere Position übernehmen.

Wojcicki ist Google-Mitarbeiterin der ersten Stunde. In der Reihenfolge aus den frühen Tagen des Unternehmens trägt sie die Nummer 16. In Kontakt kam sie zu dem heute multimilliardenschweren Börsenriesen als Vermieterin jener Garage, in der sich die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin daran macht, ihr visionäres Unternehmen aufzubauen.

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Wojcicki habe eine "gesunde Respektlosigkeit gegenüber dem Unmöglichen", lobte Page sie in einer Erklärung, die unter anderem in der "New York Times" erschien. Beim Kurznachrichtendienst Twitter scherzte Wojcicki selbst, sie freue sich darauf, sich jetzt "auf der Arbeit mehr Videos ansehen zu können".

Geschäftlich läuft es bei Google derzeit prächtig. Erst Ende Januar konnte der Anbieter der weltweit einflussreichsten Internet-Suchmaschine kräftige Zuwächse bei Umsatz und Gewinn vorlegen. Im Schlussquartal 2013 stieg der Umsatz um etwa ein Sechstel auf knapp 17 Milliarden Dollar. Die Zahl der bezahlten Klicks im Netz - eine der wichtigsten branchenspezifischen Kennzahlen - stieg auf Jahressicht um 31 Prozent. Der Gewinn aus dem Zeitraum der drei Monate Oktober, November und Dezember kletterte auf 3,38 Milliarden Dollar.

"Probleme der Vergangenheit"

Erst am Vortag konnte Google zudem einen wichtigen Meilenstein im Streit mit europäischen Wettbewerbshütern erreichen. Der Branchenführer bei der Online-Suche und der digital vermarkteten Werbeanzeigen dürfte im Wettbewerbsstreit mit der EU-Kommission mit neuen Zugeständnissen um eine drohende Milliardenstrafe herumkommen.

Nach drei Jahren Streit um die Anzeige der Ergebnisse bei der Google-Internetsuche stellte die EU-Kommission zur Wochenmitte eine Beilegung des Falls in Aussicht. "Die Vorschläge reichen meiner Ansicht nach aus, um unsere Bedenken auszuräumen", sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. "Die Probleme der Vergangenheit werden in Zukunft nicht mehr auftreten."

Formal soll die Entscheidung zwar erst in einigen Monaten fallen, da die EU-Kommission noch die Meinung von Google-Konkurrenten einholen will. Doch Almunia ließ keinen Zweifel daran, dass der Fall beigelegt werden soll: "Ich sehe nicht, warum ich meine Meinung ändern sollte." Da die Beschwerdeführer bereits mehrfach befragt wurden, sei ein neuer Markttest eigentlich gar nicht mehr erforderlich. "Bei uns geht es um den Schutz des Wettbewerbs und des Verbrauchers - und nicht darum, die Konkurrenten selbst zu schützen", betonte der EU-Kommissar.

Print-Riesen auf den Barrikaden

In trockenen Tüchern ist die Entscheidung allerdings noch nicht: In Deutschland wollen die Verleger-Verbände die Lösung auf Basis der aktuellen Google-Zugeständnisse noch kippen. Sie appellierten an die übrigen Mitglieder der EU-Kommission, "diese für europäische Verbraucher, Wirtschaft und Medienvielfalt katastrophale Entwicklung zu verhindern".

Die Vorschläge des Konzerns seien "vollkommen inakzeptabel", erklärten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). "Mit diesem halbgaren Kompromiss öffnet Kommissar Almunia dem Marktmissbrauch des Suchmaschinen-Giganten Tür und Tor."

"Halbgarer Kompromiss"

Der Streit dreht sich um die Suchanzeigen in spezialisierten Bereichen wie dem Kartendienst Maps, Preisvergleiche oder die Suche nach Hotels und Restaurants. Die EU-Kommission wirft Google vor, eine marktbeherrschende Stellung auszunutzen. Der Konzern benachteilige Wettbewerber wie Microsoft und Preis- oder Reisesuchmaschinen und rücke eigene Dienste in den Vordergrund.

Nun will Google Links zu alternativen Angeboten deutlich sichtbarer anzeigen. Der Konzern garantiert laut Almunia, beim Suchergebnis neben eigenen Spezial-Services für Waren, Hotels oder Restaurants stets auch drei Konkurrenzangebote anzuzeigen. Diese sollen bei jeder Suchanfrage mit einem "objektiven Verfahren" nach den Google-Algorithmen ausgewählt werden. Almunia sagte: "Die Konkurrenzdienste werden für Nutzer klar sichtbar und attraktiv sein." Dabei gelte das Gleichheitsgebot: Stelle Google etwa bei seinen Treffern ein Foto dazu, müsse auch das Angebot des Rivalen ein Foto enthalten.

Google räumt der Konkurrenz Platz ein

Diese Zusagen sollen für fünf Jahre verbindlich werden und für alle Verbraucher gelten, die Google-Webseiten von einer europäischen IP-Adresse aus nutzen. Google will sich auch bei noch kommenden Diensten daran halten. Die Einhaltung soll ein unabhängiger Aufseher überwachen. Google hat in den EU-Ländern zum Teil über 90 Prozent Marktanteil bei der Internet-Suche. In den USA war eine ähnliche Untersuchung der dortigen Wettbewerbshüter für Google glimpflich ausgegangen.

In Brüssel hatten sich 18 Konkurrenten beschwert. Schon der sich abzeichnende Kompromiss mit der Kommission war bei Europäischen Zeitungsverlegern und Wirtschaftsverbänden im Vorfeld abgelehnt worden. In dem Verfahren hatte Google auf Druck aus Brüssel mehrfach Änderungen in der Anzeige seiner Suchergebnisse angeboten und nachgebessert. Zuletzt erklärte Kent Walker, Leiter der Google-Rechtsabteilung: "Wir werden in Europa wichtige Änderungen an der Art machen, wie Google arbeitet."

Es ist nicht das erste Mal, dass Brüssel sich wegen Wettbewerbsbedenken mit einem IT-Giganten anlegt. So verhängte Brüssel gegen den Software-Konzern Microsoft Bußgelder in Höhe von insgesamt 1,7 Milliarden Euro, unter anderem weil Microsoft nur seinen eigenen Internet-Browser mit dem Betriebssystem auslieferte.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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