Wirtschaft

Absatzkrise auch bei "Premium" Europas Automarkt bremst stärker

Selbst BMW kämpft in Europa mit einem Minus bei den Absatzzahlen.

Selbst BMW kämpft in Europa mit einem Minus bei den Absatzzahlen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der weltweit drittgrößte Autoabsatzmarkt befindet sich in der Krise. Seit fast einem Dreivierteljahr geht in Europa die Zahl der Neuzulassungen zurück. Die Dynamik nimmt dabei sogar noch zu. Die Euro-Schuldenproblematik ist nicht der einzige Belastungsfaktor.

Europas Automarkt befindet sich auf rasanter Talfahrt: Im Mai wurden in den 27 Ländern der Europäischen Union und den Mitgliedsstaaten der Europäischen Freihandelszone nur gut 1,15 Millionen neue Autos zugelassen. Das sind 8,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Seit fast einem Dreivierteljahr stehen die Ampeln auf dem alten Kontinent damit nun bereits auf Rot.

Von Januar bis Mai schrumpfte die weltweit drittgrößte Vertriebsregion nach Angaben des europäischen Herstellerverbandes Acea um mehr als 400.000 Neuzulassungen auf gut 5,6 Millionen. Vor allem in den Staaten, die besonders von der Schuldenkrise gebeutelt werden, geht es bergab: Unter den größten Volkswirtschaften verzeichneten im Mai Spanien, Italien und Frankreich mit bis zu 16 Prozent die stärkten Einbrüche.

In Griechenland wurden sogar nur noch gut halb so viel Autos verkauft wie ein Jahr zuvor, in Portugal waren es mehr als ein Viertel weniger. Der einzige große Absatzmarkt mit Zuwächsen war der britische, der um knapp 8 Prozent zulegte. In Deutschland sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Eurozone dagegen mittlerweile angekommen; die Neuzulassungen sanken hierzulande um rund 5 Prozent.

Auch Premiumsektor bekommt Probleme

Fast alle Autobauer mussten Abstriche machen. Besonders hart traf es einmal mehr die europäischen Volumenproduzenten: Die Verkäufe von Peugeot und Citroen gaben um jeweils etwa ein Fünftel nach, die von Renault um rund 16,5 Prozent. Fiat und Ford verloren ebenso rund ein Achtel ihrer Käufer wie Opel und die britische Schwestermarke Vauxhall.

Auch das lange stabile Premiumsegment bleibt mittlerweile nicht mehr verschont. Die Verkäufe von Mercedes-Benz und BMW gaben im Mai um jeweils etwa 4 Prozent nach. Die Volkswagen-Tochter Audi konnte dagegen im gleichen Maße zulegen.

Insgesamt verbuchte nur etwa eine Handvoll Hersteller Zuwächse. Den Reigen der Gewinner führten die Asiaten an. Besonders stark nach oben ging es für Kia, Toyota, Honda und Hyundai.

Angst vor Stellenstreichungen wächst

Der europäische Automobilmarkt ist und bleibt das Sorgenkind der Industrie. Denn der Markt gilt ohnehin als weitgehend gesättigt. Hinzu kommt, dass die Autonachfrage direkt an die Konjunkturentwicklung gekoppelt ist. Sind die Zeiten unsicher, wie es eben momentan der Fall ist, schieben potenzielle Käufer ihre Entscheidung häufig auf die lange Bank und sorgen für leere Verkaufsläden.

Das wird für viele europäische Volumenhersteller zunehmend zum Problem. Denn einige von ihnen, wie beispielsweise Opel und die Franzosen, sind sehr stark auf den hiesigen Markt angewiesen. Die schwache Nachfrage in Europa sorgt im Umkehrschluss für Überkapazitäten, die wiederum dazu führen, dass kaum ein Hersteller auf dem alten Kontinent schwarze Zahlen schreibt.

Bei Autobauern, die die Verluste nicht auf anderen Märkten wettmachen können, geht seit einigen Wochen und Monaten deshalb die Angst vor Stellenstreichungen und Werksschließungen um. Einen ersten Schritt zur Beseitigung der quälenden Überkapazitäten hat diese Woche die krisengebeutelte General-Motors-Tochter Opel gemacht: Nach 2016 soll das Werk in Bochum geschlossen werden, wenn sich an den Marktbedingungen nichts grundlegend ändert.

Rufe Richtung Politik

Erst vergangene Woche hatte Acea-Präsident Sergio Marchionne, in Personalunion auch Fiat-Chef, angesichts der zunehmend angespannten Lage mehr politischen Beistand gefordert. Der Branchenverband rechnet damit, dass die europäischen Neuzulassungen in diesem Jahr um rund 7 Prozent schrumpfen werden. Sollte sich Marchionnes düstere Prognose bewahrheiten, wäre es das fünfte Jahr nacheinander, in dem es bergab geht.

Während von einer frühsommerlichen Belebung zwischen Nordkap und Sizilien also weiter keine Rede sein kann, läuft es außerhalb Europas weiter rund für die Autobranche. Der chinesische Markt zog nach einem schwachen ersten Quartal im Mai ebenso um mehr als ein Viertel an wie der US-Markt, wie der deutsche Herstellerverband VDA erklärte. Deutliche Zuwächse verbuchte die Industrie außerdem in Russland und Japan. Die weltweite Automobilkonjunktur ist laut dem VDA weiter in guter Verfassung, die Branche insgesamt auf Wachstumskurs.

Quelle: ntv.de, Nico Schmidt, DJ

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