Wirtschaft

Wieder Milliardenschaden durch Steuerbetrug? Ermittler sind Strom-Mafia auf der Spur

Steuerfahnder in ganz Europa ziehen erneut gegen kriminelle Geschäftemacher in der Energiebranche ins Feld: Einem Zeitungsbericht zufolge gibt es nicht nur Steuerbetrügereien im Emissionshandel, sondern auch beim Strom- und Gashandel.

Deutsche und europäische Behörden gehen einem Zeitungsbericht zufolge wieder Steuerbetrügereien im Energiemarkt nach. Diesmal geht es um Umsatzsteuerbetrug im großen Stil bei Gas- und Stromgeschäften. Die Fahnder sollen Firmennetze im Visier haben, die Staaten durch hinterzogene Umsatzsteuern um viele Milliarden Euro gebracht haben könnten, wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen schreibt. Die europäische Polizeibehörde Europol in Den Haag spricht dem Bericht zufolge von Fällen "historischer Dimension".

In Deutschland hätten sich Ermittler gleich in mehreren Bundesländern an verdächtige Strom- und Gashändler geheftet, etwa in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg. "Die Spuren führen ins Milieu der organisierten Kriminalität", verlautete aus Kreisen des Bundeskriminalamtes (BKA). 

Selbst ein großer deutscher Energiekonzern sei dabei offenbar ins Visier der Fahnder geraten. Finanzbehörden in Baden-Württemberg hegten bereits seit 2010 den Verdacht, dass EnBW in illegale Karussell-Geschäfte im Stromhandel verwickelt sein könnte, schreibt die Zeitung.

Sie seien in diesem Bereich "auf strafrechtlich relevante Sachverhalte gestoßen", hätten Steuerprüfer dem Stuttgarter Konzernprüfungsamt 2012 mitgeteilt, heißt es weiter. Dies gehe aus einer internen Aktennotiz hervor. Ein EnBW-Sprecher erklärte, der Konzern wisse nichts von den Aktivitäten der Behörden in diesem Sektor.

Der Fiskus zahlt am Ende drauf

Das Betrugsschema kennen die Ermittler bereits aus dem Handel mit CO-Emissionszertifikaten. Hier haben die illegalen Karussellgeschäfte bereits für Milliardenschäden und spektakuläre Prozesse gesorgt. Die Betrügereien laufen fast immer nach dem gleichen Schema:  Firmen handeln untereinander über Grenzen hinweg – in diesem Fall mit Strom. Ein Unternehmen verkauft ihn nach Deutschland – steuerfrei. Beim Weiterverkauf würden eigentlich 19 Prozent Umsatzsteuer fällig. Die Betrüger zahlen nicht, reichen den Strom wie in einem Karussell unter gut verschleierten Firmen so lange weiter, bis sich die Spur verliert. Am Ende wird der Strom wieder ins Ausland exportiert. Der letzte Verkäufer lässt sich die nie gezahlte Steuer vom deutschen Fiskus zurückerstatten, weil der Handel innerhalb der EU nicht besteuert werden soll.

Erst seit September gilt ein verschärftes Steuerrecht für den Stromhandel – das so genannte Reverse-Charge-Verfahren, was die Steuerschuld vom Verkäufer auf den Käufer verlagert und den Betrug stoppen soll. Politiker wie Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans fordern indes einen kompletten Systemwechsel bei der Umsatzsteuer, um zu verhindern, dass die Masche auf weitere Branche überspringt.

Quelle: ntv.de, ddi/dpa

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