Wirtschaft

Anleger wappnen sich EZB macht sich locker

Die Marktakteure machen sich zum Wochenstart warm.

Die Marktakteure machen sich zum Wochenstart warm.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Alles anders: Während der Haushaltsstreit in den USA weit weniger Schaden anrichtet als erwartet, kommt die Wirtschaft in der Eurozone kaum vom Fleck. Jetzt wollen sich die Anleger von der EZB nicht nochmal überraschen lassen.

Euro / US-Dollar
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Der Höhenflug des Euros gegenüber dem US-Dollar war nur von kurzer Dauer und erwischte einige Anleger auf dem falschen Fuß. Denn die jüngsten US-Konjunkturdaten überraschten positiv, während in Europa weitere Lockerungsmaßnahmen der EZB immer wahrscheinlicher werden – vielleicht schon in dieser Woche.

In den USA hat sich die Mehrheit der Volkswirte auf eine Fortführung der ultra-expansiven Geldpolitik der USA eingestellt. Die neue Fed-Chefin Janet Yellen sollte ein Garant für diese Geldpolitik sein, wird sie doch dem Lager der geldpolitischen Tauben zugeordnet. Doch die zuletzt überraschend positiven Konjunkturdaten aus den USA haben den Analysten einen Strich durch die Yellen-Rechnung gemacht.

Wann wird die Fed aktiv?

So kletterte der Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie im Oktober auf 56,4 Punkte. Dies entspricht dem höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren und lag über den Erwartungen der Volkswirte, die sogar mit einem Rückgang gerechnet hatten. Der Haushaltsstreit hat in der Industrie und dort vor allem in den Auftragseingängen offenbar keine Schäden hinterlassen. Auch die Industrieproduktion lag im September leicht über den Erwartungen. Doch auch in der US-Volkswirtschaft sind noch Schwächen auszumachen. So fielen die jüngsten Daten aus dem Einzelhandel sowie dem Verbrauchervertrauen etwas schwächer als gedacht aus. Doch ein weiterer bedeutender Frühindikator signalisierte in der Vorwoche weitere Besserung: der Einkaufsmanagerindex aus Chicago.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass nun Unsicherheit über den Zeitraum der anhaltend lockeren US-Geldpolitik besteht. Eine Drosselung der Anleihenkäufe durch die USA von 85 Milliarden US-Dollar noch vor dem Sommer 2014 hat damit neue Nahrung erhalten. Die Renditen der US-Staatsanleihen steigen bereits wieder und signalisieren eine frühere Reduktion der Staatsanleihenkäufe. Diese Entwicklung hat den Dollar wieder stabilisiert, nachdem er zuletzt stark unter Druck geraten war.

Europa nur wenig verbessert

Denn auch der Euro hat Probleme und in Europa läuft längst nicht alles rund. Zuletzt war der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone von 52,1 Punkte auf 51,5 Punkte im Oktober gesunken, wobei sich gerade das Wachstum in Deutschland abgeschwächt hatte. Immerhin notierte der Index aber den vierten Monat in Folge oberhalb der 50er-Marke, die Wachstum andeutet.

Eine nachhaltige Konjunkturerholung bleibt in Europa fraglich. Zwar sinken die Zinsen in angeschlagenen Ländern wie Italien und Spanien fast jeden Tag. Allerdings kommen die niedrigeren Zinsen kaum bei Konsumenten und Verbrauchern an, weil sich die Banken wegen der hohen Arbeitslosigkeit bei der Kreditvergabe weiter zurückhalten. Laut EZB ist die Kreditvergabe an den privaten Sektor im August um zwei Prozent gesunken. Das war der 16. Monat in Folge mit einem Rückgang und der größte seit der Einführung des Euro. So kann eine Konjunkturerholung in Europa kaum an Fahrt gewinnen.

Reagiert die EZB in dieser Woche?

EZB-Chef Draghi hatte daher in den vergangenen Monaten wiederholt betont, dass er über ein neues langfristiges Refinanzierungsgeschäft (LTRO) für die Banken nachdenkt, um die Zinsen weiter zu drücken. Gleichzeitig sollen die Geldhäuser dadurch verstärkt Kredite an den privaten Sektor vergeben. Vielleicht wird auf der kommenden EZB-Ratssitzung am Donnerstag ein neues Programm beschlossen, auch eine Zinssenkung wäre möglich.

Allerdings kränkelt das Euroland an einer nicht funktionierenden Kreditvergabe durch die Banken, so dass ein neues LTRO-Programm nützlicher wäre. Europas Banken kaufen lieber Staatsanleihen anstatt das Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Auch wenn von Marktteilnehmern eine geldpolitische Lockerung der EZB in dieser Woche nicht unbedingt erwartet wird, dürften die Worte von EZB-Chef Mario Draghi großen Einfluss haben. Nicht zum ersten Mal würde er die Märkte in eine von ihm gewünschte Richtung lenken. So könnte er Börsianer auf weitere Lockerungsmaßnahmen vorbereiten, ohne sie diesmal schon tatsächlich umzusetzen.

Den nötigen Spielraum hat er durch die zuletzt sehr geringen Inflationsdaten bekommen. Die europäischen Verbraucherpreise sind im Oktober unter ein Prozent gefallen und liegen deutlich unter der EZB-Zielmarke von zwei Prozent. Das ist gleichzeitig das niedrigste Niveau seit rund vier Jahren. Falls diesmal keine Lockerungsmaßnahmen beschlossen werden, wird ein Schritt im Dezember damit wahrscheinlicher. Das dürfte den Euro kurzfristig unter Druck halten, der in der vergangenen Woche bereits mehr als zwei Prozent verloren hatte. Mittelfristig dürften die geldpolitischen Maßnahmen in den USA und Europa locker bleiben, so dass der längerfristige Seitwärtstrend beim Euro-Dollar weiter Bestand haben sollte.

Quelle: ntv.de

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