Wirtschaft

Brüssel hat es eilig ESM erhält schneller Geld

Es geht voran: Kanzlerin Angela Merkel im Gleichschritt mit Italiens Ministerpräsident Mario Monti.

Es geht voran: Kanzlerin Angela Merkel im Gleichschritt mit Italiens Ministerpräsident Mario Monti.

(Foto: dpa)

Europa will seine neue Brandschutzmauer gegen die Ausweitung der Schuldenkrise schneller aufbauen als bislang geplant. Die Euro-Staaten wollen den Fonds in diesem Jahr mit doppelt so viel Geld ausstatten wie ursprünglich vorgesehen. Ob der Fonds auch insgesamt größer ausfallen soll, wird noch im März entschieden. Athen kann derweil mit grünem Licht aus Brüssel zum 130-Milliarden-Hilfspaket rechnen.

Im Streit über die verbesserte Schlagkraft des neues Rettungsschirms ESM gibt es Bewegung: Die Eurostaaten werden schneller in den Fonds einzahlen als bisher geplant. Im laufenden Jahr sollen bereits zwei von insgesamt fünf geplanten Raten geleistet werden, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach dem ersten Tag des EU-Gipfels in Brüssel. Ein endgültiger Beschluss über das Verfahren soll am Freitag zum Abschluss des Treffens fallen.

Die EU-Gipfelteilnehmer folgen mit der schnelleren Kapitalausstattung des ESM einem überraschenden Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Anfang der Woche. Die Bundesregierung erklärte ihre Bereitschaft, den deutschen Anteil am dauerhaften Rettungsfonds von gut 22 Mrd. Euro innerhalb von zwei Jahren einzuzahlen. Im laufenden Jahr könnten es 11 Mrd. Euro sein, im Jahr 2013 könne dann die zweite, gleich hohe Rate folgen.

Entscheidung über größeren Schirm

Ob die Krisenfonds EFSF und ESM aufgestockt werden, soll noch im März entschieden werden. "Das kann auch von den Finanzministern gemacht werden", sagte Van Rompuy. Deutschland lehnte beim Gipfel eine Ausweitung weiter ab. Aus dem Kreis der G20-Partner dringen unter anderem die USA darauf, dass Europa seine Schutzwälle gegen die Eurokrise verstärkt. Auch der Internationale Währungsfonds ist dafür. Der ESM soll zum 1. Juli kommen und einen Umfang von 500 Mrd. Euro haben. In der Debatte ist eine Erhöhung auf eine Billion Euro oder mehr.

Die Staatenlenker begrüßten die Fortschritte Griechenlands, mit Reformen und harten Einschnitten die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. "Wir unterstützen die Maßnahmen in Griechenland", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Das grundsätzlich vereinbarte zweite Hilfspaket von 130 Mrd. Euro soll Ende kommender Woche von den obersten Kassenhütern der Eurozone endgültig bestätigt werden.

Zoff mit Cameron

Bei dem Spitzentreffen gab es Streit über den richtigen Weg aus der Wirtschaftskrise. Der britische Premierminister David Cameron beschwerte sich laut Diplomaten darüber, dass ein von ihm gemeinsam mit elf weiteren Staatenlenkern verfasster Plan für mehr Wachstum und Beschäftigung ignoriert worden sei. Stattdessen werde ein von Frankreich und Deutschland entworfenes Papier favorisiert. Gipfelchef Van Rompuy ging im Detail nicht darauf ein und meinte nur, Cameron sei mit dem letzten Entwurf der Abschlusserklärung zufrieden.

Cameron, der niederländische Regierungschef Mark Rutte und andere hatten unter anderem gefordert, den Markt für Dienstleistungen in der EU stärker als bisher zu öffnen und einen gemeinsamen Digitalmarkt zu schaffen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach von einer "kontroversen Diskussion" - was im diplomatischen Sprachgebrauch für Streit steht.

Der SPD-Politiker sagte: "Es ist hinreichend nachvollziehbar, dass der Inhalt des Briefes der Zwölf, der eine weitere Deregulierung, eine weitere Stufe bei der Liberalisierung im Binnenmarkt als ein wesentliches Ziel beschreibt, nicht auf die uneingeschränkte Unterstützung des Europäischen Parlamentes stößt und auch im Rat selbst kontrovers gesehen wird."

Merkel forderte von den EU-Partnern, sich nach deutschem Vorbild besser auf den Weltmärkten zu behaupten. Die gigantischen Geldspritzen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung der Banken bedeuteten eine Atempause.

Die EZB hatte am Mittwoch zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate zinsgünstige Kredite von über einer halben Billion Euro an die Banken vergeben, um eine Kreditklemme zu verhindern. Wackelkandidaten wie Italien und Spanien können sich zu vergleichsweise günstigen Zinsen neues Geld beschaffen. Das Eingreifen der Zentralbank wurde von vielen Staatenlenkern beim Gipfel begrüßt.

Startschuss für Serbien

Die Staatenlenker einigten sich zudem, Serbien den Status eines Beitrittskandidaten zu geben. Zuvor hatte Rumänien seinen Widerstand gegen die Annäherung Serbiens an die EU aufgegeben. Die mehrfach verschobene Entscheidung über die Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in den Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen soll nun im September fallen.

Auch eine Personalentscheidung fiel einstimmig: Die Gipfelteilnehmer beschlossen einmütig, dass der Belgier Herman Van Rompuy (64) für weitere zweieinhalb Jahre Chef der EU-Gipfel bleibt.

Quelle: ntv.de, nne/dpa

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