Wirtschaft

Die Wachstumslokomotive raucht Deutschland zieht EU mit

Die deutsche Wirtschaft geht trotz Euro-Schuldenkrise mit Schwung aus dem Jahr. Der Aufschwung wird weiter an Stärke und vor allem an Breite gewinnen – davon sind Konjunkturforscher überzeugt. Von dem Boom profitiert nach Einschätzung der Europäischen Kommission auch die EU: Deutschland könne auch in anderen EU-Staaten im kommenden Jahr für ein höheres Wachstum als bisher erwartet sorgen.

In Emden stehen VW-Fahrzeuge kurz vor der Verschiffung.

In Emden stehen VW-Fahrzeuge kurz vor der Verschiffung.

(Foto: REUTERS)

Deutschland bleibt die Konjunkturlokomotive Europas. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) korrigierte seine Wachstumsprognose nach oben, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet mit weiterhin kräftigem Wachstum in Deutschland. Die Europäische Union hob ihre Erwartungen an.

Im laufenden Jahr rechnet die EU-Kommission laut ihrer neuesten Konjunkturprognose in den 27 EU-Staaten mit 1,8 Prozent Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP). In den 16 Staaten mit Euro-Währung sollen es 1,7 Prozent sein. Noch im Mai hatte die Kommission für beide Regionen jeweils ein Plus von 1,0 Prozent erwartet.

Deutschland ist als Konjunkturlokomotive wesentlich stärker als von der Kommission im Mai erwartet. Mit einem Wachstum von 3,7 Prozent in diesem und von 2,2 Prozent im kommenden Jahr liegt Deutschland deutlich über den Prognosen vom Mai. In der jüngsten Prognose heißt es, Deutschland könne auch in anderen EU-Staaten im kommenden Jahr für ein höheres Wachstum als bisher erwartet sorgen.

Wird der Aufschwung an Stärke und Breite gewinnen? Weinbrandbohnen aus der Delitzscher Schokoladenfabrik GmbH.

Wird der Aufschwung an Stärke und Breite gewinnen? Weinbrandbohnen aus der Delitzscher Schokoladenfabrik GmbH.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für 2011 erwartet die Kommission unverändert ein Wachstum von 1,7 Prozent in der EU und von 1,5 Prozent in der Eurozone. Es soll 2012 auf 2,0 beziehungsweise 1,8 Prozent steigen. Die wirtschaftliche Entwicklung sei aber noch sehr ungleichmäßig. Die Arbeitslosigkeit werde in der Euro-Zone von 10,1 Prozent in diesem Jahr auf 9,6 Prozent im Jahr 2012 sinken. Im Eurogebiet werde die Inflation von 1,5 Prozent in diesem Jahr auf 1,8 Prozent im kommenden Jahr steigen.

DIW zuversichtlich

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet zum Jahresende mit weiterhin kräftigem Wachstum in Deutschland. Die Wirtschaftsleistung werde im vierten Quartal um 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal steigen, berichtete das DIW

Im zweiten und dritten Quartal waren es jeweils plus 3,9 Prozent. Vom dritten zum vierten Quartal 2010 erwartet das DIW einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,7 Prozent. "Damit wird das konjunkturelle Geschehen im ersten Jahr nach dem stärksten Produktionseinbruch der deutschen Nachkriegsgeschichte eindrucksvoll abgerundet", heißt es im monatlichen DIW-Konjunkturbarometer.

"Es sieht gut aus": Michael Hüther, Direktor des IW Köln.

"Es sieht gut aus": Michael Hüther, Direktor des IW Köln.

(Foto: IW Köln)

Begleitet werde die derzeitige Entwicklung von deutlich verbesserten Stimmungsindikatoren. Vor allem in der gewerblichen Wirtschaft würden derzeit Rekordumfragewerte registriert, aber auch das Verbrauchervertrauen zeige nach oben. "Bleibt die Tendenz bestehen, wird der private Verbrauch immer mehr zum Motor des Wirtschaftswachstums", sagte DIW-Konjunkturexperte Vladimir Kuzin. Allerdings könnte die staatliche Schuldenkrise im Euroraum die Konsumlaune nachhaltig verschlechtern.

Der DIW-Konjunkturexperte Ferdinand Fichtner wies auf die zuletzt stagnierenden Auftragseingänge in der Industrie hin. Dies zeige, dass so kräftige Zuwachsraten wie im erste Halbjahr in den kommenden Monaten nicht mehr zu erwarten seien.

IW wird optimistischer

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat seine Wachstumsprognose für dieses und nächstes Jahr leicht erhöht. Für 2010 erwarten die Wirtschaftsforscher einen Zuwachs des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) um rund 3,5 Prozent. Für das kommende Jahr prognostizieren sie ein Wirtschaftswachstum von gut 2,25 Prozent. Anfang Oktober hatte das arbeitgebernahe Institut für das laufende Jahr noch ein Wirtschaftswachstum von gut 3,25 Prozent und für 2011 von rund 2,0 Prozent vorhergesagt.

"Die deutsche Wirtschaft verlässt in schnellem Lauf das Krisental", erklärte IW-Direktor Michael Hüther. Im kommenden Jahr werde sie "wieder die Höhen des letzten Konjunkturbooms erreichen". Hüther konnte sich dabei auf die jüngsten Ergebnisse aus der aktuellen IW-Konjunkturumfrage stützen. Die Daten signalisierten demnach einen anhaltenden Aufschwung in Deutschland.

"Es sieht gut aus", beschrieb Hüther bei n-tv die deutschen Wachstumsaussichten. "Wir erkennen es vor allen Dingen an der Breite. Es sind fast alle Branchen auf dem Weg nach oben, mit unterschiedlicher Nuancierung: die Industrie vorne, die Dienstleister, aber auch die Bauwirtschaft." Auch in den verschiedenen Einzelbereichen der Umfrageergebnisse zeichnet sich die wiedergewonnene Stärke der deutschen Wirtschaft wieder.

"Wir sehen es in den Komponenten", erklärte Hüther. "Die Investitionen, die ja schon angelaufen sind 2010, haben das Zeug, richtig kräftig zu werden. Wir stehen vor einem guten Investitionsaufschwung und das zieht dann die Beschäftigung mit. Aus beidem - aus der Breite und der Tiefe dieser Konjunkturbewegung - haben wir Chancen für einen langen Aufschwung."

Boom in allen Bereichen

Dieser Aufschwung werde "weiter an Stärke und vor allem an Breite gewinnen", betonte Hüther. Zum einen speise sich die Wachstumsdynamik aus ausländischen und inländischen Quellen, zum anderen werde die weitere wirtschaftliche Entwicklung von allen Wirtschaftsbereichen getragen.

Wie aus der IW-Umfrage hervorgeht, erwarten die Unternehmen in Deutschland glänzende Geschäfte. 55 Prozent der Firmen gingen davon aus, ihre Produktion im kommenden Jahr weiter nach oben zu fahren, teilte das IW mit. Nur neun Prozent erwarteten einen Rückgang. "Die deutsche Wirtschaft verlässt in schnellem Lauf das Krisental", sagte IW-Direktor Hüther. An der Umfrage hatten sich nach IW-Angaben in den vergangenen Wochen gut 1800 Betriebe aus West- und Ostdeutschland beteiligt.

Die Ergebnisse der IW-Umfrage deuten darauf hin, dass es in allen Wirtschaftssektoren weiter aufwärts gehen dürfte. Die Hersteller von Investitionsgütern legen dabei die größte Zuversicht an den Tag: 72 Prozent gehen den Angaben zufolge von einem steigenden Ausstoß aus, und nur 5 Prozent halten hier ein Minus für wahrscheinlich. Die Hersteller dürften dabei von der weltweit anhaltend hohen Nachfrage als auch der steigenden Investitionslust im Inland profitieren. Doch auch in den anderen Industriesektoren erwartet die Mehrheit der Firmen bessere Geschäfte. Im Bausektor gibt es ebenfalls mehr Optimisten als Pessimisten.

Zahlreiche Betriebe wollen einstellen

Auch das Auslandsgeschäft bleibe "auf Touren", betonte das IW. Obwohl die Konjunktur längst nicht bei allen Handelspartnern rund laufe, erwarteten 39 Prozent der Unternehmen in Deutschland für das kommende Jahr eine Zunahme ihrer Ausfuhren. Lediglich 6 Prozent rechneten mit rückläufigen Exporten.

Der Aufschwung gewinne zudem mit der weiter steigenden Nachfrage nach Investitionsgütern an Eigendynamik. Für das Jahr 2011 planen laut IW 43 Prozent der Firmen höhere Investitionsbudgets als in diesem Jahr, während 12 Prozent Kürzungen ankündigen. Außerdem haben 34 Prozent der Unternehmen vor, die Zahl ihrer Beschäftigten zu erhöhen, 11 Prozent rechnen mit einem Personalabbau.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

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