Wirtschaft

Trennbanken, Testamente und Haftstrafen Deutschland spaltet seine Banken

Quer durch die deutsche Bankenlandschaft sollen künftig knallrote Linien laufen: Der Bundestag gibt grünes Licht zum sogenannten Trennbanken-Gesetz. Banker müssen ihre Geschäfte künftig strikt sortieren - und schlimmstenfalls hohe Haftstrafen fürchten. Ob es wirklich zur Banken-Spaltung kommt, ist allerdings noch ungewiss.

Was kommt da auf die deutschen Banken zu: Das Trennbanken-Gesetzt passiert den Bundestag.

Was kommt da auf die deutschen Banken zu: Das Trennbanken-Gesetzt passiert den Bundestag.

(Foto: dpa)

Fast fünf Jahre nach dem ersten Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise kommen tiefe Einschnitte auf die deutsche Bankenbranche zu. Gegen die Proteste der Kreditwirtschaft beschloss der Bundestag mit den Stimmen der schwarz-gelben Regierungsmehrheit ein Gesetzespaket, nach dem vor allem größere Institute zum Schutz der Kundeneinlagen riskante Handelsgeschäfte künftig vom klassischen Bankgeschäft abtrennen müssen.

Die Oppositionsfraktionen übten harsche Kritik an dem Vorhaben und stimmten geschlossen dagegen. Nun kommt es auf den Bundesrat an, der sich am 7. Juni damit befassen will.

In dem Gesetzespaket werden neben dem sogenannten Trennbanken-System weitere Einschränkungen gesetzlich verankert: Vorgesehen sind zum Beispiel auch Haftstrafen für Vorstände von Banken und Versicherungen, wenn diese im Risikomanagement ihren Kontrollpflichten nicht nachkommen oder einer Anordnung der Bankenaufsicht zuwiderhandeln.

Zudem müssen Geldhäuser eigene Sanierungs- und Abwicklungspläne aufstellen, um im Krisenfall rasch zu reagieren. Diese "Testamente" gelten dann im Fall einer Krise als Anleitung für die Aufseher, wie die betreffende Bank möglichst ohne Ansteckungsgefahren in der Branche in unschädliche Einzelteile zerlegt werden kann - ohne dabei erneut die Steuerzahler belasten zu müssen.

Zusammen sollen diese neuen Vorschriften und Regelungen dazu beitragen, die deutsche Bankenbranche stabiler und insgesamt resistenter gegen künftige Finanzkrisen zu machen. Insbesondere zielt das Trennbanken-Gesetz darauf, die Spareinlagen der Bankkunden besser vor Spekulationsrisiken zu schützen.

Die Fristen sind knapp bemessen: Bis 2016 müssen die Großbanken als riskant eingestufte Teile ihrer Handelsgeschäfte in eigene Tochtergesellschaften ausgliedern.

Was kommt auf die Banken zu?

Unter dem Dach einer Holding müssen künftig zwei getrennte Töchter geführt werden. Ausgegliedert werden muss in eine eigenständige Handelssparte: der Eigenhandel auf eigene Rechnung, der Hochfrequenzhandel mit leistungsstarken Computern sowie die Kreditvergabe an Hedgefonds und andere Beteiligungsfirmen, die ihre Investments mit großen Anteilen von Schulden finanzieren. Das zentrale Kundengeschäft wird in einer Einlagensparte zusammengefasst. Beide Einheiten müssen wirtschaftlich voneinander unabhängig sein.

Was heißt das für Bankkunden?

Für das spekulative Handelsgeschäft müssen sich die Banken eigenes Kapital besorgen. Die Einlagen der Kunden dürfen sie dafür nicht mehr verwenden. Mit dem billig eingesammelten Spargeld war der Handel bisher quersubventioniert worden. Im Krisenfall standen damit auch die Ersparnisse der Kleinanleger als Teil der Spekulationsmasse voll im Feuer. Wenn sich die Bank das Geld dafür in Zukunft am Kapitalmarkt holen muss, wird es für sie - und letztendlich wohl auch für ihre Kunden - insgesamt teurer.

Wie strikt ist die Trennung?

Die Koalition hat sich für einen umstrittenen Mittelweg zwischen einem strikten Trennbankensystem und einem reinen Universalbankensystem entschieden. So dürfen die Banken in der Handelssparte weiter Derivategeschäfte machen - aber nur im Kundenauftrag, zum Beispiel zur Absicherung von Währungsrisiken.

Auch die Marktpflege, das sogenannte Market Making, bleibt dort erlaubt, wo es für Kunden der Bank den Handel mit Wertpapieren in Schwung halten soll. Ausgegliedert werden muss aber der Eigenhandel auf eigene Rechnung - dieser findet in Deutschland allerdings ohnehin kaum statt.

Welche Teile der Geschäft in welche Tochter überführt werden müssen, soll bis 2015 geklärt sein. Ein Jahr später folgt die Trennung.

Welche Banken sind betroffen?

Das Trennbanken-Gesetz gilt nur für jene Institute, bei denen der Anteil riskanter Geschäfte bestimmte Schwellenwerte übersteigt. Laut Gesetzestext verläuft diese Linie bei 20 Prozent der Bilanzsumme oder mehr als 100 Mrd. Euro. Damit kommt das Gesetzt in erster Linie nur bei einem einzigen Geldhaus zur Anwendung: bei der Deutschen Bank. Auch die Commerzbank und die LBBW liegen über den Grenzwerten, sie spielen aber im Geschäft mit Finanzinvestoren eine sehr viel zurückhaltendere Rolle als die Deutsche Bank und könnten deshalb letztendlich verschont bleiben. Wenn sie es mit der Marktpflege oder anderen Handelsgeschäften nach Ansicht der Finanzaufsicht Bafin übertreiben, kann diese sie oder weitere Banken dazu zwingen, dieses Geschäft auszugliedern.

Was steht in den "Testamenten"?

Der Kerngedanke ist, dass Banken Vorkehrungen für ihre eigene Abwicklung treffen müssen. Dies soll chaotische Rettungsaktionen wie in der Finanzkrise 2008 verhindern, die schlimmstenfalls erneut zu hohen Belastungen der Steuerzahler führen können.

Teil der Testamentsvorgabe sind klare Vorplanungen mit möglichen Maßnahmen zur Sanierung. Darüber hinaus sollen die Behörden, die mit der Abwicklung systemrelevanter Institute betraut sind, eigene Handlungspläne entwickeln. Darin sollen sie darlegen, welche Abwicklungsmaßnahmen sie im Ernstfall ergreifen würden, falls die Sanierungsbemühungen erfolglos bleiben sollten.

Stehen Banker jetzt mit einem Bein im Gefängnis?

Das Trennbanken-Gesetz sieht vor, dass Geschäftsführer von Kreditinstituten und Versicherungen leichter strafrechtlich belangt werden können, wenn ihr Institut durch Missmanagement in Schieflage geraten ist. Bisher sind Pflichtverletzungen, die nicht nur das Institut, sondern das gesamte Finanzsystems gefährden, - abgesehen von groben Straftatbeständen wie Untreue, Unterschlagung oder Insolvenzverschleppung - nicht strafbewehrt. Künftig sollen allgemeine Pflichtverstöße mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden.

Wie geht es weiter?

Noch ist nach Einschätzungen von Experten aus den Reihen der Union und der SPD nicht klar, ob das Trennbanken-Gesetz widerspruchslos durch die Länderkammer geht oder dort blockiert wird. Das Gesetz ist zwar im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. Doch SPD und Grüne können es dort aufgrund der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse theoretisch durch Anrufung des Vermittlungsausschusses bis zur Bundestagswahl verzögern. Dann wäre das Vorhaben gescheitert.

"Wir befinden uns nicht in einem kontextfreien Raum", dämpfte der Unions-Finanzexperte Ralph Brinkhaus die Erwartungen. "Wir befinden uns Monate vor der Bundestagswahl." Man müsse abwarten, ob das regulatorische Interesse oder eine politische Akzentsetzung im Vordergrund stünde. "Das ist im Grunde die Bruchlinie", erklärte der CDU-Abgeordnete.

Am Vortag hatte der Bundestag bereits - mit zum Teil breiter Mehrheit - mehrere Gesetze beschlossen, die grundsätzliche Neuregelungen im Finanzmarktbereich vorsehen. Gegen diese hatte die SPD nicht votiert, anders als bei dem umstrittenen Trennbankengesetz. Die Abgeordneten stimmten zum Beispiel der Umsetzung der neuen Eigenkapitalbestimmungen für Banken gemäß Basel III und einer umfassenden Neuregelung für Investmentfonds zu, mit der sämtliche Manager und Fonds unter das Dach der Finanzmarktaufsicht kommen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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