Wirtschaft

Börsengang mit der Brechstange Deutsche Annington düpiert Kleinanleger

180.000 Wohneinheiten machen Deutsche Annington zur größten privaten Wohnimmobiliengesellschaft Deutschlands.

180.000 Wohneinheiten machen Deutsche Annington zur größten privaten Wohnimmobiliengesellschaft Deutschlands.

(Foto: picture alliance / dpa)

In der vergangenen Woche wollte Deutsche Annington an die Börse. Dann folgte die überraschende Absage. Das Interesse sei zu gering, hieß es. Nun versucht es Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern erneut - aber mit deutlich abgespeckten Ambitionen. Ein Vorgehen, das nicht neu ist.

Wenige Tage nach der überraschenden Absage will Deutsche Annington nun doch an die Börse und zwar mit aller Macht. In einer Blitzaktion sollen am Dienstag und Mittwoch Annington-Aktien für bis zu 592 Mio. Euro verkauft werden, wie Deutschlands größte private Wohnimmobiliengesellschaft mitteilte. Zeichnen dürfen allerdings nur Fonds und andere Großanleger, Privataktionäre sind ausgeschlossen.

Dafür macht Annington-Eigentümer Terra Firma Zugeständnisse bei der Preisspanne: Die bis zu 34,85 Millionen Papiere sollen 16,50 bis 17,00 Euro kosten. Für 18,00 bis 21,00 Euro hatte der Vermieter von mehr als 180.000 Wohnungen in der vergangenen Woche nicht genügend Interessenten gefunden.

Durch das setzen auf institutionelle Anleger wird der Streubesitz an der Börse erheblich kleiner ausfallen als ursprünglich geplant: Sollte der sogenannte Free Float zunächst bei rund einem Viertel liegen, peilt Deutsche Annington jetzt nur noch 15,5 Prozent an. Ein hoher Streubesitz ist wichtig, um beispielsweise in den Mittelwerteindex MDAX aufgenommen zu werden. Je höher der Free Float, desto besser sind die Chancen.

Neuer Anlauf

Bereits am Donnerstag soll die Annington-Aktie ihre Debüt an der Frankfurter Börse geben. Die Gründe für die Absage beim ersten Anlauf aufs Parkett waren vielfältig. Zum einen hatte sich die Stimmung an den Kapitalmärkten deutlich eingetrübt. Zum anderen gilt der Immobiliensektor vielen Investoren schlicht als zu heiß. Die Aktien der börsennotierten Unternehmen aus dem Sektor haben zuletzt deutlich verloren. Die Kurse haben ihre Höchststände Analysten zufolge bereits erreicht.

Dazu kommt, dass sich jene Investoren, die beim Börsengang des Rivalen LEG dabei waren, ordentlich die Finger verbrannt haben. Bei der Erstnotiz im Februar hatte der nur gut halb so große Konkurrent der Annington seine Aktien für 44 Euro pro Stück ausgegeben. Gemessen am Emissionsvolumen von 1,34 Mrd. Euro war der Börsengang der größte seit Telefonica Deutschland Ende Oktober 2012.

LEG erreichte damit eine Marktkapitalisierung von 2,3 Mrd. Euro und war sofort der neue Platzhirsch unter den börsennotierten Immobiliengesellschaften. Allerdings hat die Aktie seither enttäuscht: Nach einem kurzen Zwischenhoch hat der Kurs seither deutlich verloren, die Aktie notierte zuletzt unter der Marke von 40 Euro.

Schuldenberg muss runter

Nun versucht es Annington "bescheidener": Doch der Gang aufs Parkett erfüllt den Zweck für das Unternehmen. Denn mindestens 400 Mio. Euro sollen der Deutschen Annington selbst zufließen - genau die Summe, die sie braucht, um ihre Refinanzierung auf neue Beine zu stellen. "Wir freuen uns, dass wir den geplanten Börsengang der Deutschen Annington heute fortsetzen können", sagte der erst seit wenigen Monaten amtierende Vorstandschef Rolf Buch. "Ein erfolgreicher Börsengang ermöglicht es uns, die Verbreiterung unserer Finanzierungsstruktur zu beschleunigen."

Die Deutsche Annington will künftig unbesicherte Anleihen begeben, die billiger sind als die verbrieften Hypotheken-Darlehen (CMBS), die sie 2006 aufgenommen hatte. Doch dafür braucht sie eine "BBB"-Note, die ihr die Ratingagentur Standard & Poor's in Aussicht gestellt hatte - wenn die Schulden um 400 Mio. Euro reduziert würden und mit 5,2 Mrd. Euro nur noch die Hälfte des Verkehrswertes der Wohnungen erreichten. Der Finanzinvestor Terra Firma begnügt sich beim Börsengang mit einem Erlös von rund 180 Mio. Euro.

Am oberen Ende der Preisspanne wird die Deutsche Annington nun mit rund 3,8 Mrd. Euro bewertet. Investoren hatten einen deutlichen Preisabschlag zum Nettovermögenswert (NAV) der Wohnungen von 4,25 Mrd. Euro gefordert. Ein mit dem Börsengang befasster Banker hatte schon in der vergangenen Woche gesagt, die Aktien ließen sich zu 17 Euro am Markt unterbringen.

Beispiel macht Schule

Die Annington ist ein Schwergewicht in der Branche. Das Unternehmen beschäftigt etwa 2400 Mitarbeiter. Gemessen am Portfoliowert und der Anzahl der Wohneinheiten sind die Bochumer sogar Deutschlands größte private Wohnimmobiliengesellschaft. Das Unternehmen besitzt über 180.000 Wohneinheiten. Zwar ist das Immobilienunternehmen in ganz Deutschland vertreten, der Großteil des Portfolios befindet sich jedoch in den alten Bundesländern und in Berlin.

Das Vorgehen der Annington erinnert gleichzeitig an die Börsengänge des Chemiekonzerns Evonik und des Versicherers Talanx. Letzterer hatte im September 2012 ebenfalls schon abgesagt und wenige Tage später einen neuen und letztlich erfolgreichen Anlauf genommen, mit einem verkleinerten Volumen.

Inzwischen ist die Talanx-Aktie fast ein Viertel teurer als zum Ausgabepreis. Evonik hatte seine Papiere im Frühjahr vor dem Börsengang ebenfalls nur an einen kleinen Kreis von Investoren verkauft. Sie haben seither allerdings rund ein Viertel an Wert verloren.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ

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