Wirtschaft

Wohnungsunternehmen verpatzt Börsengang Deutsche Annington braucht Plan B

Wie es mit den Börsenplänen weitergeht, ist offen.

Wie es mit den Börsenplänen weitergeht, ist offen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der geplatzte Börsengang bringt Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen in Bedrängnis: Eigentlich wollte sich die Deutsche Annington mit dem Gang aufs Parkett billig refinanzieren, um ihre Milliardenschulden zu drücken. Ob es einen zweiten Anlauf gibt, ist offen.

Der Börsengang von Deutschlands größtem Wohnungsunternehmen ist geplatzt. Die Deutsche Annington und ihr Mehrheitseigentümer Terra Firma legten die Pläne in letzter Minute wieder in die Schublade, nachdem sich nicht genug Anleger gefunden hatten, die die Aktien zum geforderten Preis von mindestens 18 Euro zeichnen wollten. Selbst eine Reduzierung des Emissionsvolumens von mehr als einer Milliarde auf 650 Mio. Euro konnte den Börsengang am Ende nicht mehr retten, wie beteiligte Banker sagten. Branchenkenner halten einen neuen Anlauf noch in diesem Jahr für unrealistisch. "Deutsche Annington ist jetzt erst einmal verbrannt."

Das Annington-Management begründete die Absage mit den "anhaltend ungünstigen Marktentwicklungen". Die Märkte schwanken stark, weil es große Unsicherheit darüber gibt, wann die US-Notenbank Fed das Ende der ultralockeren Geldpolitik einleiten wird. Das hatte schon den Börsengang des Wiesbadener Gabelstaplerherstellers Kion belastet, der seine Aktien in der vergangenen Woche nur am unteren Ende der Preisspanne verkaufen konnte.

Eine Sprecherin des Deutschen Mieterbunds zeigte sich erleichtert: "Wir hatten befürchtet, dass der Börsengang zu Lasten der Mieter geht". "Wir befürchten, dass zu hohe Gewinnerwartungen letztlich zu Lasten der Mieter der Deutschen Annington gehen", sagte der Vorsitzende des Deutschen Mieterbunds NRW, Bernhard von Grünberg. In zahlreichen Wohnungen, in denen viele Menschen mit geringem Einkommen wohnen, komme es bereits jetzt aufgrund eines jahrelangen Investitionsstaus zu Vernachlässigungen.

Finanzierungspläne liegen auf Eis

Die Deutsche Annington hat nun ein Problem: Die geplanten Einnahmen von 400 Mio. Euro, auf die das Unternehmen durch den Börsengang spekulierte, sollten eigentlich in den Abbau von Schulden fließen. Das Unternehmen hätte danach nur noch mit 5,2 Mrd. Euro in der Kreide gestanden, die Hälfte des Verkehrswertes seiner Wohnungen. Der niedrigere Schuldenstand wiederum war Voraussetzung für ein besseres Rating, mit dem das Unternehmen billiger an frisches Geld kommen wollte. Geplant war die Ausgabe von vorrangigen, unbesicherten Anleihen.

Wie es nun mit diesen Plänen weitergeht, wollte eine Unternehmenssprecherin nicht kommentieren. Gemeinsam mit den Eigentümern werde das Unternehmen das Marktumfeld bezüglich eines möglichen Börsengangs weiter beobachten, hieß es. Jedoch hat die Deutsche Annington bereits Anfang des Jahres Kredite im Volumen von 700 Mio. Euro refinanziert. Zusätzlich wurden weitere besicherte Darlehen von rund 940 Mio. Euro und von 2,5 Mrd. Euro aufgenommen.

Das Management versuchte zu beschwichtigen: "Die Entscheidung hat keine Auswirkungen auf die Strategie", sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch. "Wir verfügen über eine starke finanzielle Basis und werden unser operatives Geschäft weiter vorantreiben, einschließlich des von uns geplanten Investitionsprogramms." 800 Mio. Euro sollen in die Sanierung der Wohnungen fließen, die altersgerecht werden und weniger Energie verbrauchen sollen.

Schlechte Zeit für geplanten Börsengang

Analysten zufolge hat das Unternehmen das richtige Zeitfenster schlicht verpasst. Das Umfeld für Börsengänge hat sich in der heißen Phase des geplanten IPOs der Deutschen Annington erheblich verschlechtert. Investoren zeichnen neue Aktien nämlich dann, wenn sich die Finanzmärkte in einem vergleichsweise ruhigen Fahrwasser bewegen. Starke Schwankungen dagegen sind Gift für Börsengänge, denn sie erhöhen das Risiko, dass der Aktienkäufer in den kommenden Monaten Kursverluste auf sein neues Engagement hinnehmen muss.

Die Kurse von Wettbewerbern wie Deutsche Wohnen, Gagfah, GSW Immobilien, LEG und TAG Immobilien, die sämtlich mit dem Rekordhoch des DAX im Mai ebenfalls neue Höchststände meldeten, sind seitdem um 10 bis 17 Prozent gefallen. "In einem solchen Umfeld ist es schwierig bis unmöglich, einen Börsengang erfolgreich zu meistern", sagte Immobilienexperte Stefan Bongardt von Independent Research.

In diesem Umfeld war vielen Investoren die Annington-Aktie schlicht zu teuer, wie aus Finanzkreisen verlautete. "Zu 17 Euro hätte der Börsengang geklappt", sagte ein Banker. Selbst die angelsächsischen Fonds, die zu Jahresbeginn beim Börsengang der kleineren Konkurrentin LEG Immobilien noch ordentlich zugegriffen hatten, hielten sich jetzt zurück. Denn sie haben mit der LEG Geld verloren: Die Aktie notiert heute zehn Prozent unter dem Ausgabepreis von 44 Euro.

Angst vor der Mietpreisbremse

Terra Firma und die den Börsengang begleitenden Banken JP Morgan und Morgan Stanley hatten offenbar unterschätzt, dass der Ansturm ausländischer Investoren auf deutsche Wohnimmobilien längst abgeebbt ist. Mit großen Wachstumsplänen konnte Annington auch nicht punkten. Und die gut 180.000 Wohnungen sind zwar fast voll vermietet, doch das Potential für Mieterhöhungen ist begrenzt - erst recht, wenn die von der Politik diskutierte Mietpreisbremse kommt.

 Die Deutsche Annington SE ist die größte private Wohnimmobiliengesellschaft Deutschlands, ihr gehören mehr als 180.000 Wohneinheiten mit einem Wert von 10,4 Milliarden Euro. Die in Bochum sitzende Gesellschaft will mehr als 800 Millionen Euro in ihren Wohnungsbestand stecken und vor allem in Energieeffiezienz und altersgerechtes Wohnen investieren.

Quelle: ntv.de

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