Wirtschaft

"Wir wollen die Konkurrenz schlagen" Daimler sucht die Sternstunde

Trotz Vertragsverlängerung reißt die Kritik an Daimler-Chef Zetsche nicht ab. Offiziell wackelt sein Stuhl aber nicht.

Trotz Vertragsverlängerung reißt die Kritik an Daimler-Chef Zetsche nicht ab. Offiziell wackelt sein Stuhl aber nicht.

(Foto: REUTERS)

Daimler überdenkt die Gewinnziele für 2013. Ein Grund ist der verhaltene Jahresauftakt. Analysten sprechen von einer "halben Gewinnwarnung". Konzernchef Zetsche versucht deshalb die Aktionäre mit dem Versprechen zu beruhigen, die Konkurrenten BMW und Audi überflügeln zu wollen. "Das ist kein neues Ziel und einfach ist es auch nicht", kommentiert n-tv.de-Autoexperte Becker.

Daimler
Mercedes-Benz 73,85

Die Führungsspitze von Daimler präsentiert sich trotz - oder gerade wegen - des schwierigen Jahresstarts auf der Hauptversammlung kämpferisch. "Wir wollen nicht nur besser werden als wir gestern oder vorgestern waren", sagte Konzernchef Dieter Zetsche vor den Aktionären. "Wir wollen die Konkurrenz schlagen - dauerhaft." Bestehende Wettbewerbsnachteile würden nicht verwalten, sondern diese beseitigt. Daimler strebe in den kommenden Jahren "nachhaltig profitables Wachstum" an. Die Kernsparte Mercedes-Benz wolle "mittelfristig" eine operative Rendite von zehn Prozent erreichen, die Truck-Sparte von acht Prozent. Einen Zeitpunkt, wann diese seit vielen Jahren angepeilten Marken tatsächlich erreicht werden, nannte Zetsche erneut nicht.

"Diese Zielsetzung ist nicht neu", kommentierte n-tv.de-Autoexperte Helmut Becker. "Allerdings schläft die Konkurrenz nicht und der Abstand zu ihr ist in der letzten Zeit nicht kleiner geworden." Die Hauptwettbewerber BMW und Audi hatten die Daimler-Kernmarke Mercedes-Benz sowohl bei Absatz als auch bei der Rendite überholt.

Daimler will spätestens 2020 wieder an den beiden bayerischen Rivalen vorbeiziehen.Dazu investiert das Unternehmen nach eigenen Angaben so viel wie nie in die Erneuerung der Produktpalette und hält nach Effizienzverbesserungen Ausschau.

Becker: "China haben auch andere im Visier"

Zesche hat China im Blick. Aber die Konkurrenz fährt (noch) vorweg.

Zesche hat China im Blick. Aber die Konkurrenz fährt (noch) vorweg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vorrangig sei auch eine Verbesserung der Verkaufszahlen auf dem weltweit größten Automarkt in China, wo im Jahr 2020 voraussichtlich jedes dritte Fahrzeug verkauft werde, sagte Zetsche weiter. 2012 habe Daimler mit Mercedes-Pkw in China Marktanteile verloren und steuere nun mit einer Bündelung des Vertriebs, mehr Händlern und einem Motorenwerk in Peking gegen. Bei "aller Aufbruchsdynamik" sei aber klar, dass "sich das Blatt durch keine dieser Maßnahmen in China über Nacht wenden" werde, erläuterte der Daimler-Chef. "Den boomenden chinesischen Markt hat auch die Konkurrenz fest im Visier", kommentiert Autoexperte Becker.

Einen Schub sollen Daimler etwa neue Modellen wie die kompakte A- und B-Klasse oder die Limousinen der E- und S-Klasse geben. "Was unsere Geschäftsentwicklung betrifft, rechnen wir dank der Verfügbarkeit wichtiger neuer Produkte und laufender Effizienzprogramme für das zweite Halbjahr mit Ergebnissen, die über dem Niveau der ersten Jahreshälfte liegen", kündigte Zetsche an.

Schleppender Jahresstart

Der Start ins ins Jahr verlief holprig. So hätten sich viele Märkte negativer als gedacht entwickelt. Auch in den kommenden Monaten sei wenig Rückenwind aus den Märkten zu erwarten. Insbesondere in Europa gebe es keine Anzeichen für eine Trendwende. Die Ergebnisprognose für das laufende Jahr werde deswegen überprüft: "Daimler wird seine marktbezogenen Annahmen für das laufende Jahr überprüfen und sich bei der Berichterstattung für das 1. Quartal zu den Markt- und Ergebnis-Erwartungen für den Konzern und die Geschäftsfelder äußern", so das Resümee des Dax-Schwergewichts.

Die Pkw-Tochter Mercedes-Benz legte im 1. Quartal um 3,5 Prozent auf rund 325.000 verkaufte Fahrzeuge weltweit zu. Das lag aber vor allem am Wachstumsmarkt USA. Das Plus dort konnte die Absatzflaute auf dem europäischen und insbesondere dem chinesischen Markt kompensieren.

Auch die Lkw-Sparte zeigte sich ob des schwachen Jahresstarts nicht besser. Dort wurden 6 Prozent weniger Fahrzeuge abgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Der Absatz von Transportern legte um drei Prozent, der von Bussen um 23 Prozent zu. Das Neugeschäft der Finanzsparte Financial Services habe über Vorjahr gelegen.

Zu Beginn des Jahres hatte Vorstandschef Zetsche bereits angekündigt, dass 2013 ein weiteres Übergangsjahr werde. Zwar wolle der Konzern den Umsatz weiter steigern, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern solle hingegen lediglich auf Vorjahresniveau verharren, hieß es im Februar. Erst 2014 soll der Gewinn wieder zulegen.

Zetsche ist und bleibt Chef

Nach Einschätzung von Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler stellen die Aus sagen von Daimler zur Geschäftsentwicklung eine "halbe Gewinnwarnung" dar. Pieper geht allerdings nicht davon aus, dass der Stuhl von Konzernchef Dieter Zetsche wackelt. Es sei unwahrscheinlich, dass Zetsches Position so kurz nach der Vertragsverlängerung in Frage gestellt werde, so Pieper.

Von Aufsichtsratschef Manfred Bischoff bekam Zetsche Rückendeckung. Seine Wiederbestellung um drei Jahre sei einstimmig vom Aufsichtsrat beschlossen worden, sagte Bischoff. Auch die eingeschlagene Strategie sei einstimmig unterstützt worden.

Die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hatten Zetsches erneuter Bestellung bis Ende 2016 nur unter der Bedingung zugestimmt, dass Mercedes-Produktionschef Wolfgang Bernhard mit Truck-Chef Andreas Renschler den Posten tauscht. Eine nochmalige Bestellung Zetsches werde es mit der Arbeitnehmerbank nicht geben, hatte jüngst ein Aufsichtsrat Reuters gesagt. Der Grund: Kritik an Zetsches Führungsstil - und sein Umgang mit dem Sparprogramm. Bei den Aktionären warf dies zahlreiche Fragen zur künftigen Ausrichtung des Konzerns auf.

Zetsche verteidigte indes auf der Hauptversammlung das Sparpaket. "Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird Daimler verändern - und das führt fast zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten", sagte er. "Umso wichtiger ist es, dass die vom Vorstand entwickelte Strategie auch vom Aufsichtsrat volle Rückendeckung hat."

Trotz der massiven Kritik an seiner Arbeit, stimmten die Aktionäre mit großer Mehrheit für die Entlastung des Vorstands. Zudem wurden die Mandate der Aufsichtsratsmitglieder Sari Baldauf und Jürgen Hambrecht für weitere fünf Jahre verlängert. Andrea Jung wurde als neues Mitglied in den Aufsichtsrat gewählt. Zuvor hatten Großinvestoren auf der Hauptversammlung öffentlich an der Kompetenz der ehemaligen Chefin des Kosmetikkonzerns Avon gezweifelt.

Anleger greifen zu

Einigermaßen überrascht über die Kursreaktion von Daimler zeigten sich viele Aktienhändler. Nachdem die in Frage gestellte Konzernprognose zunächst zu einem Minus von rund 1 Prozent geführt hatte, sprang der Kurs an, der Titel ging mit einem Plus von 4,3 Prozent aus dem Handel. Händler führten dies zumeist auf die Dividendenzahlung am Donnerstag zurück. "Sie schütten morgen eine Rendite von 5,4 Prozent aus, da haben einige Kaufstopps im Markt gelegen oder wurde die Schwäche der Aktie sofort zum Einstieg genutzt", so ein Händler.

Zudem habe die Aktie durch ihren Kursrutsch im März schon viel Negatives eingepreist, die vorsichtigen Zetsche-Aussagen überraschten daher nicht mehr. Die meisten Broker hätten mit einer direkten Gewinnwarnung gerechnet. Diese sei nicht gekommen, also müsse nun eingedeckt werden, hieß es.

"Daneben fehlen die üblichen Short-Spieler", sagte ein anderer Händler: "Keiner setzt mit Shorts auf schlechte Nachrichten, wenn am nächsten Tag Dividende gezahlt wird - die müsste er dann ja selber zahlen." Das Bankhaus Metzler stufte die Daimler-Aktie dennoch mit "Sell" ein. Das bisherige Kursziel von 40 Euro wird überarbeitet, wie es hieß.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/dpa

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