Wirtschaft

Revolution im Softdrink-Vertrieb Coca-Cola kommt bald aus der Kapsel

Auf den ersten Blick wirkt der Schritt kurios: Mit einer Milliardensumme steigt Coca-Cola bei einem Kaffeekonzern ein. Der Brauseriese will sich damit einen festen Platz am Familientisch erobern. Die Reaktionen an der Börse sprechen Bände.

Die Kaffeemaschine, die auch Cola kann: Brian Kelley setzt auf "Keurig Gold".

Die Kaffeemaschine, die auch Cola kann: Brian Kelley setzt auf "Keurig Gold".

(Foto: REUTERS)

Der US-Getränkekonzern Coca-Cola will seine Softdrinks künftig direkt in die Küchen und Wohnzimmer seiner nach Erfrischungsgetränken dürstenden Kundschaft liefern. In einem historischen Schachzug besiegelte das weltbekannte Unternehmen eine zehnjährige Partnerschaft mit den Kaffeeröstern von Green Mountain Coffee (GMC).

Die Allianz erscheint ungewöhnlich, verschafft Coca-Cola aber strategische Vertriebsvorteile: Green Mountain ist mit seinem Kaffeekapsel-Brühsystem "Keurig" erfolgreich in den USA aktiv. Alleine im Weihnachtsquartal verkaufte Green Mountain 5,1 Millionen Maschinen des Typs.

Jetzt wollen die GMC-Vermarkter den US-Markt mit einem neuen Kapselsystem für Kaltgetränke aufmischen. Coca-Cola wird dabei seine Geschmacksrichtungen beisteuern und GMC beim Marktstart des Produkts unterstützen, wie die beiden börsennotierten Konzerne übereinstimmend mitteilten.

Um das Bündnis zu bekräftigen, steigt Coca-Cola bei der 1980 gegründeten Kaffeefirma GMC ein und übernimmt für etwa 1,25 Milliarden US-Dollar (rund 925 Millionen Euro) zehn Prozent der GMC-Aktien. Das Unternehmen aus Atlanta liefert die Aromen seiner bekannten Softdrinks. GMC stellt dafür sein neu entwickeltes Getränkesystem bereit.

Die neuen Apparate für Kaltgetränke sollen den Namen "Keurig Cold" tragen und müssen zur Getränkebereitung ebenfalls mit separat erhältlichen Portionskapseln gefüttert werden. Bei der Entwicklung der Geräte ist GMC noch nicht ganz bis zur Marktreife vorgedrungen. Keurig Gold soll frühestens Ende des laufenden Jahres in den Handel kommen.

Kursplus: 55 Prozent

Die zunächst auf zehn Jahre angelegte Kooperation mit Coca-Cola beflügelte die Fantasie der Anleger. Die Aktie von Green Mountain Coffee schossen an der New Yorker Wall Street nachbörslich um 55 Prozent in die Höhe. Dagegen fiel der Kurs des Rivalen Sodastream - jüngst bekannt geworden durch einen Werbespot mit Scarlett Johannson - an der US-Börse Nasdaq nachbörslich mehr als 7 Prozent. Der Kurs der Coca-Cola-Aktie legte rund 1 Prozent zu.

Für Coca-Cola selbst markiert der Pakt mit Green Mountain einen tiefen Einschnitt. Seit seiner Gründung im Jahr 1886 setzte das Traditionsunternehmen aus Atlanta ausschließlich auf Automatensysteme für Restaurants und ein ganzes Heer von Getränkeabfüllern.

Der jetzige Schritt geht einher mit einem bereits fast zehn Jahre währenden Rückgang des US-Softdrinkverbrauchs. Dieser Trend setzt Coca-Cola ebenso wie die Konkurrenz von Pepsi und Dr. Pepper massiv unter Druck. Sie müssen neue Wege finden, um Kunden für sich zu gewinnen.

Die Partnerschaft ändere die gesamte Branche, jubelte Coke-Chef Muhtar Kent. Gleichzeitig würden die traditionellen Vetriebskanäle bei weitem nicht über Bord geworfen. "Das ist kein Nullsummenspiel", beschwichtigte Kent. Die Getränkeabfüller spielten eine sehr wichtige ergänzende Rolle im Marketing der Automatensysteme des Green-Mountain-Tochterunternehmens Keurig.

Eine "Fanta" aus der Kapsel

Was tun, wenn der Brauseabsatz schwindet? Muhtar Kent erobert neue Vertriebswege.

Was tun, wenn der Brauseabsatz schwindet? Muhtar Kent erobert neue Vertriebswege.

(Foto: Reuters)

Coca-Cola verfügt über ein globales Geträn ke-Portfolio von etlichen Marken, darunter "Sprite", "Fanta", "Minute Maid" oder auch "Powerade". Sie alle sollen im KeurigCold-System von Green Mountain verfügbar sein.

Auch für Green-Mountain-Chef Brian Kelley ist der Deal ein größerer Meilenstein. Auf einen Schlag wächst der Konzern über sein Kerngeschäft des Verkaufs von Kaffeemaschinen und Kapseln hinaus. Das könnte sich auszahlen: Mit dem Angebot an Kaffeekapseln muss sich Green Mountain mit wachsender Konkurrenz aus dem Ausland herumschlagen. Aus Europa droht unterdessen mit dem "Nespresso"-System von Nestlé ein mächtiger Rivale. Dazu kommt die ständige Konkurrenz durch "To go"-Angebote durch Niederlassung etwa von Konzernen wie Starbucks oder McDonald's.

Die jetzt besiegelte Kooperation kommt nicht von ungefähr. Kelley war rund fünf Jahre lang Top-Manager bei Coca-Cola, bevor er im Dezember 2012 an die Spitze von Green Mountain strebte. Persönliche Kontakte dürften den strategischen Zusammenschluss erleichtert haben.

Großer Coup für Brian Kelley

Den nunmehr eingeläuteten Übergang hatte Kelley zum Eckpfeiler seiner Amtszeit gemacht. Seinen Vorstellungen zufolge sollen Automaten sowohl für den Hausgebrauch als auch für den Arbeitsplatz maßgeschneidert werden.

Der Coup von Green Mountain setzt den Konkurrenten Sodastream mächtig unter Druck. Sodastream ist momentan Weltmarktführer bei handlichen Softdrink-Maschinen. Green Mountain ist momentan äußerst umtriebig. Bereits im September ging das Unternehmen eine Kooperation mit dem Suppenhersteller Campbell ein. Seitdem liefert Campbell Inhaltsstoffe, damit in Keurig-Maschinen Hühnersuppe aufgebrüht werden kann.

Der Deal mit Coca-Cola sticht aus dieser Entwicklung allerdings weit heraus. Mit dem neuen Maschinentyp können die Softdrinks direkt vor Ort hergestellt werden. Green Mountain will auch andere Softdrink-Marken vorhalten. Kelley schwieg sich zu Details jedoch aus. Unklar blieb damit, ob Coca-Cola sich nicht vielleicht doch die Exklusivrechte sichern konnte.

Vor wenigen Jahren erst hatte Coca-Cola rund 12,3 Milliarden Dollar locker gemacht, um den größten US-Getränkeabfüller zu übernehmen. Dadurch sicherte sich das Unternehmen die volle Kontrolle über den Großteil von Produktion und Vertriebskanälen auf seinem Heimatmarkt. Zuletzt sprach Coca-Cola wieder mehr darüber, beim Vertrieb künftig mit Franchise-Nehmern zu kooperieren. Auf den meisten Märkten in der Welt arbeitet der Konzern mit unabhängigen Abfüllern zusammen.

Kokosmilch und Fruchtsaft

Analysten bewerten die Entscheidung positiv: Durch den Vertrag mit Green Mountain schafft sich der Coke-Konzern ein neues Standbein im Kaffee- und Tee-Geschäft. Das ergebe durchaus Sinn, heißt es unter Branchenkennern. Beide Getränke verkaufen sich in letzter Zeit besser als zuckerhaltige Softdrinks. Beobachter sprechen von einem Zeitgeist-Problem für Coca-Cola. Das traditionelle Angebot passe einfach nicht zu aktuellen Gesundheitstrends.

Dass sich etwas ändern muss, scheint der Führungsebene bei Coca-Cola längst bewusst zu sein. Im Jahr 2007 ging Coca-Cola zuletzt eine größere Diversifizierung an. Der Konzern kaufte für 4,1 Milliarden Dollar Glaceau, den Hersteller von Vitaminwater. Mit kleineren Zukäufen expandierte das Unternehmen aus Atlanta in schnellwachsende Marktsegmente wie Kokosnussmilch und exotische Fruchtsäfte.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa

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