Wirtschaft

Notenbanken arbeiten auf Hochtouren China bringt Währungen ins Wanken

Das gedrosselte Produktionstempo der chinesischen Industrie bringt etliche Schwellenländer in Bedrängnis.

Das gedrosselte Produktionstempo der chinesischen Industrie bringt etliche Schwellenländer in Bedrängnis.

(Foto: REUTERS)

In Chinas Industrie trübt sich die Stimmung ein - an den Devisenmärkten ziehen sogleich dunkle Wolken auf. Vor allem die Währungen der Schwellenländer geraten unter Druck. Sie befürchten unter anderem geringere Rohstoffexporte.

Die schwachen Wirtschaftsdaten aus China bringen die Schwellenländer erheblich unter Druck. Die schlechtere Stimmung in den Industrieetagen in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft sorgte für Abverkauf ihrer Währungen. Besonders bitter traf es den südafrikanische Rand, die türkische Lira, den brasilianischen Real und den argentinischen Peso. Der Einkaufmanagerindex der Industrie sank im Januar in China überraschend auf 49,6 Punkte und liegt damit 0,4 Punkte unterhalb der Wachstum anzeigenden Schwelle.

Anleger hegen die Befürchtung, dass das Stottern des globalen Wirtschaftsmotors zu noch größeren Verwerfungen in Ländern wie Südafrika oder Brasilien führen könnte. Denn diese erwirtschaften hohe Einnahmen mit den Lieferungen von Rohstoffen in die Volksrepublik. Ein in der Folge schwächeres Wachstum weckt zudem die Angst vor sozialen Unruhen wie in der Türkei. Dort ziehen Investoren schon länger Geld ab.

Argentinien greift ein

In Argentinien erlebte der Peso den größten Tageseinbruch seit der Wirtschaftskrise 2002. Zum Dollar sackte die Landeswährung um bis zu 15 Prozent ab. Um die Abwärtsbewegung zu bremsen, musste die Zentralbank Dollarreserven verkaufen. Insidern zufolge nahm die Notenbank 100 Millionen Dollar in die Hand, um den Peso zu verteidigen. Bei den Nachbarn steigt die Angst, dass eine neue Devisenkrise in der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas sie selbst in den Abgrund ziehen könnte.

Der für gewöhnlich streng von der Regierung kontrollierte Peso erlebte eine eine Achterbahnfahrt: Nach der Eröffnung fiel er um fast 20 Prozent von 7,14 auf 8,50 Peso je Dollar. Nach dem Eingreifen der Notenbank erholte sich der Kurs wieder auf 8 Peso. "Der Markt explodiert", sagte Francisco Diaz Mayer, Devisenhändler bei ABC Mercado de Cambios.

Der Sturzflug des argentinischen Peso wirkte auch am Freitag noch nach. In Spanien geriet der Aktienmarkt ins Taumeln: Viele an der Madrider Börse gelistete Unternehmen sind stark in Lateinamerika engagiert. Der Leitindex verlor mit 1,9 Prozent deutlich stärker als die übrigen Indizes in Europa. "Die Angst vor einer erneuten Pleite Argentiniens macht die Anleger nervös", heißt es.

Chile sorgt sich um Kupfer-Ausfuhren

Angesichts einer galoppierenden Inflation tauschten zuletzt immer mehr Argentinier ihr Geld in Dollar. Die US-Währung verteuerte sich am Interbanken-Markt um elf Prozent auf rund acht Peso. Am Schwarzmarkt hatte der Peso am Donnerstag bei 13,1 Peso pro Dollar. Auch andere lateinamerikanische Währungen wie der mexikanische Peso mussten Verluste hinnehmen. Die in London gelisteten Aktien des Vermögensverwalters Aberdeen Asset Management, der stark in Schwellenländern investiert ist, gaben am Freitag in der Spitze 5,8 Prozent nach.

Der chilenische Peso fiel aus Sorge um sinkende Kupfer-Ausfuhren nach China auf den tiefsten Stand seit Juli 2010. Ein Dollar kostete 544,30. Der Preis für eine Tonne Kupfer ging auf 7319 Dollar zurück.

In Südafrika überstieg der Dollar erstmals sei Oktober 2008 die Marke von 11 südafrikanischen Rand. Die Platinbergwerke des Landes lagen wegen eines Streiks lahm. Schon jetzt leidet Südafrika unter schwachem Wachstum, reduzierten Fördermengen in den Gold- und Platinminen und fallenden Rohstoffpreisen. Einer der wichtigsten Handelspartner ist China.

In Brasilien, ebenfalls Rohstofflieferant Chinas, fiel die Landeswährung auf 2,4016 Real je Dollar. Am Vortag waren es nach Zahlen von CQG noch 2,3732 Real.

Türkei reagiert - Märkte zweifeln

US-Dollar / Türkische Lira
US-Dollar / Türkische Lira 32,37

In der Türkei sank die Lira auf ein Rekordtief von 2,3045 Lira zum Dollar - trotz der massiven Eingriffe der Notenbank. Doch das hielt nicht lang: Am Freitag erreichte die Währung bei 2,32 Lira. Ausfallversicherungen für Anleihen des Landes (CDS) und stiegen auf den höchsten Stand seit achtzehn Monaten.

In einer kargen Stellungnahme hatten die Währungshüter erklärt, man habe auf dem Markt interveniert, weil es zu "ungesunden Preisentwicklungen" gekommen sei. Weitere Kommentare lehnte die Bank ab.

Das fehlende Vertrauen in die türkische Notenbank habe zu einem Dominoeffekt auf dem Devisenmarkt geführt, sagt Dan Dorrow, Leiter des Research bei Faros Trading. "Es ist schlicht und einfach ein Vertrauensverlust in die Schwellenländer." Hinzu kommt die seit Monaten anhaltende Verunsicherung der Anleger wegen des Korruptionsskandals.

Die Commerzbank bezeichnen die Zinsentscheidung der türkischen Notenbank inzwischen als "riesigen Fehler". Dadurch habe sich der Abwertungsdruck deutlich verstärkt. Interventionen seien eine riskante Sache, hieß es. Eine Notenbank, die ihre Devisenreserven zur Stützung der Landeswährung einsetze, müsse wissen, was sie tue: Überzeuge die Maßnahme den Markt nicht schnell, könne der Abwertungsdruck dramatisch zunehmen.

Und genau das drohe nun. Gerüchten zufolge habe die türkische Notenbank am Donnerstag Devisenreserven im Umfang von rund drei Milliarden Dollar verbrannt - rund acht Prozent der netto verfügbaren Devisenreserven. Für die Commerzbank ist die Gefahr einer weiteren und noch deutlicheren Abwertung nun sogar größer als zuvor.

Der Absturz der Lira löste Verluste bei vielen anderen Währungen aus. Erst im vergangenen Sommer war es zu einer ähnlichen Kettenreaktion gekommen. Die Lage in der Türkei habe gezeigt,  dass die Notenbanken der Schwellenländer in einer ziemlich komplizierten Lage sind", sagt Peter Kinsella, Devisenstratege für Schwellenländer bei der Commerzbank. Wenn sie ihre Probleme nicht bald in den Griff bekommen, dann könnte sich die Korrektur auf dem Devisenmarkt zu einer Währungskrise ausweiten."

Verschärft Fed die Lage?

Der Abrutsch im Sommer hatte Spekulationen ausgelöst, dass die US-Notenbank ihre Anleihekäufe zurückfährt. Damit hatte sie seit der Finanzkrise 2008 die US-Wirtschaft gestützt. Mit der sogenannten Drosselung begann die Fed letztlich erst Monate später zu Beginn 2014. Das führte zu einer Aufwertung des Dollar und hohen Renditen auf amerikanische Staatsanleihen - und macht Schwellenländer für Investoren weniger attraktiv. Das geldpolitische Komitee trifft sich in der kommenden Woche wieder.

Viele Volkswirte meinen, dass die Notenbanken der Schwellenländer ihre Währungen stärker stützen und die Inflation bekämpfen müssen. Allerdings könnten höhere Leitzinsen das Wirtschaftswachstum im Gegenzug weiter abwürgen.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen