Wirtschaft

Unruhe erfasst die Türkei Börse Istanbul rutscht ab

Der Zorn der Straße: Die türkische Regierung sieht sich mit einer rasch anwachsenden Protestbewegung konfrontiert.

Der Zorn der Straße: Die türkische Regierung sieht sich mit einer rasch anwachsenden Protestbewegung konfrontiert.

(Foto: REUTERS)

Kurssturz am türkischen Aktienmarkt: Die Massenproteste in mehreren türkischen Großstädten lösen an der Börse erdrutschartige Bewegungen aus. Der Leitindex in Istanbul sackt zu Wochenbeginn um mehr als acht Prozent ab. Auch die türkische Lira verliert massiv an Stärke. Wird die Notenbank eingreifen?

Die tagelangen Massenproteste gegen die türkische Regierung haben Anleger offenbar tief verunsichert: Zu Wochenbeginn trennten sich Investoren massenhaft von türkischen Aktien. Auch türkische Staatsanleihen, die sogenannten Bosporus-Bonds, flogen in hohem Bogen aus den Depots.

Der Leitindex der Istanbuler Börse brach unter dem Eindruck der Krawalle in der ersten Sitzung des Tages zeitweise um bis zu 8,1 Prozent ein und markierte bei 79.047,74 Punkten den tiefsten Stand seit Anfang März. Analysten sehen die Entwicklungen mit Sorge: Für den türkischen Aktienmarkt war es der größte Tagesverlust seit den Turbulenzen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008.

Es bestehe das Risiko, dass die Unruhen anhalten und die Gewalt zunimmt, erklärte Timothy Ash, Chef der Schwellenländer-Analysea bteilung bei der Standard Bank, die grundsätzlichen Befürchtungen. "Ich gehe davon aus, dass die türkische Zentralbank aktiv wird, um die Anleger zu beruhigen."

Euro / Türkische Lira
Euro / Türkische Lira 34,97

Am Rentenmarkt fiel der Kurs der richtungsweisenden zweijährigen Bosporus-Bonds auf ein 18-Monats-Tief von 97 Punkten. Im Gegenzug stieg die Rendite auf bis zu 6,67 Prozent von 6,05 Prozent am Freitag. Diejenige der zehnjährigen Papiere erhöhte sich in der Spitze auf 7,1 von 6,77 Prozent.

Auch die türkische Währung ging auf Talfahrt. Ein Dollar war mit 1,9005 Lira zeitweise so teuer wie zuletzt im Dezember 2011. Der Euro markierte mit 2,4726 Lira ebenfalls ein Eineinhalb-Jahres-Hoch.

Nach Auffassung von Devisenanalyst Ash dürfte die türkische Zentralbank die Landeswährung nicht nur durch rhetorische, sondern auch durch tatsächliche Interventionen stützen. Die Nationalbank werde versuchen, auf diese Weise den gesamten türkischen Markt zu stabilisieren. Die Citigroup rät Investoren am Devisenmarkt bei einer Dollarschwäche die US-Währung zu kaufen. Die Experten nennen ein Zielband von 1,89 bis 1,8910 Lira. "Der erste Widerstand manifestiert sich bei 1,90 Lira und dann bei 1,9210 bis 1,9220 Lira", heißt es bei der Citibank.

Bauprojekt als Zündfunke

Die Nervosität der Anleger ließ sich außerdem am Markt für Credit Default Swaps (CDS) ablesen: Die Absicherung eines 10 Mio. Dollar schweren Pakets türkischer Staatsanleihen gegen Zahlungsausfall verteuerte sich um 12.000 auf 143.000 Dollar, teilte der Datenanbieter Markit mit. Dies sei der höchste Stand seit zwei Monaten.

Hintergrund der Lira-Abwertung sind die über das Wochenende eskalierten landesweiten Proteste gegen die konservative Regierung von Ministerpräsident Erdogan, die eigentlich als harmloser Protest gegen die Bebauung eines Parks begonnen hatten. Stein des Anstoßes ist dabei ein geplantes Einkaufszentrum. Seit etwa einer Woche protestieren in den türkischen Großstädten immer mehr Menschen gegen die Regierung des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Sie werfen ihm einen autoritären Führungsstil vor und fordern seinen Rücktritt.

Begonnen hatten die Unruhen mit zunächst friedlichen Kundgebungen gegen die Errichtung eines Einkaufszentrums auf dem Taksim-Platz im Herzen Istanbuls. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden in Istanbul mehr als 1000 Menschen verletzt, in der Hauptstadt Ankara mehrere Hundert.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen