Wirtschaft

"Wir brauchen Beistand" Papandreous Rettungsruf

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou bittet die EU-Länder um Unterstützung im Kampf gegen den drohenden Bankrott seines Landes. Er kündigt harte und mitunter ungerechte Entscheidungen seiner Regierung an. Am Mittwoch tritt das sozialistische Kabinett zu einer Krisensitzung zusammen.

Überlebt Giorgos Papandreou die notwendige Sparorgie politisch?

Überlebt Giorgos Papandreou die notwendige Sparorgie politisch?

(Foto: AP)

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat die EU-Partner mit dramatischen Worten zur Unterstützung im Kampf gegen die Schuldenkrise aufgerufen. Angesichts immer neuer Löcher im Haushalt gehe es darum, einen Staatsbankrott zu verhindern, sagte Papandreou auf einer Veranstaltung seiner sozialistischen Partei Pasok. Dazu brauche Griechenland auch die Unterstützung seiner EU-Partner.

"Ich werde kämpfen, um das Vaterland vor den Folgen zu bewahren, die der Alptraum eines Staatsbankrotts mit sich bringen würde", sagte Papandreou weiter. Er werde alles tun, um die schlimmsten Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Autonomie Griechenlands abzuwehren. Dazu seien harte und mitunter auch ungerechte Entscheidungen nötig. Griechenlands Schulden lägen inzwischen bei 300 Milliarden Euro und damit über dem Bruttoinlandsprodukt.

Für Mittwoch hat der Regierungschef eine Krisensitzung des Kabinetts einberufen. Dann werde die Regierung auch Entscheidungen treffen, versprach Papandreou. Die Gewerkschaften haben bereits Massenproteste gegen den von der EU verordneten Sparkurs der Regierung angekündigt. Die Europäische Kommission hatte erklärt, dass eine Rettungsaktion für den EU-Defizitsünder bei den jüngsten Gesprächen in Athen kein Thema gewesen sei.

Rettungsaktion kein Thema

Trotz drohender Massenproteste gegen den von der Europäischen Union verordneten Sparkurs soll Griechenlands Regierung die Schuldenkrise ohne Hilfe aus Europa meistern. Eine Rettungsaktion für den EU-Defizitsünder sei kein Thema bei bilateralen Gesprächen im Athen gewesen, versicherte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn in Brüssel.

Rehn hatte zuvor gemeinsam mit EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark in der griechischen Hauptstadt eine Verschärfung des Sparprogramms beraten. Ministerpräsident Giorgos Papandreou will am Mittwoch nach einer Krisensitzung des Kabinetts bekanntgeben, wo der Rotstift genau angesetzt werden soll. Rehn hatte das Mittelmeerland mit deutlichen Worten zu weiteren Sparmaßnahmen aufgefordert. Kein Mitglied der Eurozone könne auf Dauer über seine Verhältnisse leben, mahnte Rehn.

Bestechung an der Tagesordnung

Die Korruption hat Griechenland fest im Griff, wie es in Medienberichten unter Berufung auf eine neue Untersuchung von Transparency International (TI) heißt. Der weltweit gegen Korruption kämpfenden Organisation zufolge zahlten Griechen im vergangenen Jahr durchschnittlich 1355 Euro Bestechungsgeld, wenn sie etwa die Ausstellung eines Führerscheins beschleunigen oder eine Baugenehmigung erkaufen wollten.

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Trotz des großen Reformbedarfs im Land machen die Gewerkschaften bereits seit Wochen gegen den Sparplan der Regierung mobil. Wenn sie den Kurs nun wie von Europäischer Zentralbank (EZB) und EU gewünscht verschärft, dürfte der Widerstand im Land zunehmen. Die große Gewerkschaft Adedy hat die Beschäftigten im Öffentlichen bereits aufgerufen, am 16. März die Arbeit niederzulegen - bereits der dritte Streikaufruf der Gewerkschaft in diesem Jahr.

"Griechen müssen ihre Hausaufgaben machen"

Trotz der prekären Lage der Athener Regierung hält Bundesaußenminister Guido Westerwelle eine Debatte über Finanzhilfen derzeit für unangebracht. "Wir erwarten, bevor es Diskussion über Hilfe gibt, dass Griechenland im vollen Umfang die eigenen Hausaufgaben für die Konsolidierungspolitik abarbeitet", forderte der FDP-Politiker. "Ich halte alle anderen Diskussionen derzeit für unangebracht, weil dadurch lediglich Nervosität statt Vertrauen in die Märkte gebracht wird."

Wie Westerwelle ist auch der frühere EZB-Volkswirt Otmar Issing dagegen, dass Deutschland in dieser heiklen Situation für Griechenland als Nothelfer einspringt. Garantien für die Käufer griechischer Anleihen durch die bundeseigene Förderbankgruppe KfW kämen "zunächst einmal überhaupt nicht in Frage", sagte Issing im Rundfunk. EU-Finanzhilfen für Griechenland verstießen zudem klar gegen den Vertrag zur Europäischen Union.

Euro unter Druck

Die Schuldenkrise des Mittelmeerlandes ist für die EU zuletzt auch deshalb zu einem zentralen Problem geworden, weil der Euro an den Märkten unter Druck geraten ist. Auch am Dienstag blieb die europäische Gemeinschaftswährung im Sog der Schuldenkrise angeschlagen. "Der Streikaufruf macht es für die griechische Regierung schwieriger, die vorgeschlagenen Einsparungen auch umzusetzen", sagte Währungsstratege Jeremy Stretch von Rabobank. "Das hat die Unsicherheit über die Staatsfinanzen wieder erhöht und zum Druck auf den Euro beigetragen." Der Druck auf die griechischen Anleihen nach indes etwas ab.

In diesem Marktumfeld warten Beobachter gespannt darauf, auf welches Interesse Griechenland bei der nächsten Platzierung von Staatsanleihen zur Finanzierung des Defizits stoßen wird und wie hoch die Renditeaufschläge im Vergleich zu deutschen Bonds ausfallen. Bereits in den nächsten Tagen wird damit gerechnet, dass die Schuldenagentur des Landes eine zehnjährigen Anleihe auflegen wird. Experten gehen davon aus, dass es erst nach der Krisensitzung des Kabinetts am Mittwoch soweit sein wird.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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