Wirtschaft

Nutzer können mit Bitcoin viel Geld verlieren Bankenwächter warnen vor Cybergeld

Kein Netz, kein doppelter Boden: Welche Risiken verbergen sich hinter Online-Währungen wie Bitcoin?

Kein Netz, kein doppelter Boden: Welche Risiken verbergen sich hinter Online-Währungen wie Bitcoin?

(Foto: REUTERS)

In der Debatte um Computergeld meldet sich die Europäische Bankenaufsicht zu Wort. Die EBA kritisiert mangelnden Verbraucherschutz und warnt vor "E-Wallets". Insgesamt führt sie sechs potenzielle Gefahrenquellen an. Anlass zur Besorgnis gibt es.

Der Bitcoin

- Die Menge an Bitcoin ist gedeckelt. Maximal 21 Mio. werden einmal im Umlauf sein. Bislang sind es etwa 15 Mio. Bitcoins. Da die Produktion immer aufwendiger und teurer wird, wird es schätzungsweise bis 2040 dauern, bis der letzte produziert ist.

- Das Cybergeld gilt als fälschungssicher. Neue Bitcoins werden nicht von eine zentralen Institution ausgegeben, sondern dezentral generiert.

- Nutzer können über Online-Börsen reales Geld in Bitcoins umtauschen.

- Zahlungen mit Bitcoins können nicht rückgängig gemacht werden. Die Transaktionen erfolgen innerhalb kürzester Zeit.

- Vor allem im Netz findet man Anbieter, bei denen man gegen Bitcoins Waren erwerben kann. Unter anderem gehören bitcoin.de oder Btcworld24.com dazu. Spenden von Bitcoins werden von zahlreichen NGOs akzeptiert, wie etwa vom BUND Berlin.

Die Warnungen der internationalen Finanzaufsichtsbehörden zu Internetwährungen reißen derzeit nicht ab: Auch die europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) mahnt jetzt vor den Risiken bei Cybercoins wie Bitcoin. Die digitale Währung stelle ein hohes finanzielles Risiko für Verbraucher dar, erklärte die EBA jetzt in London. Vor einer knappen Woche hatten Probleme bei zwei bekannten Bitcoin-Börsen für Unruhe in der Szene gesorgt.

In einer dreiseitigen Erklärung betont die in London ansässige European Banking Authority unter anderem, dass die Nutzer durch keinerlei staatliche Aufsicht geschützt seien und dadurch viel Geld verlieren können. Die EBA empfiehlt daher, im Handel mit virtuellen Währungen kein "echtes" Geld einzusetzen, wenn "man es sich nicht leisten kann, dieses zu verlieren".

Konkret warnt die Bankenaufsicht EBA vor sechs Risiken:

1.) Die Plattformen unterliegen keiner Aufsicht

Die Handelsplattformen für Internetgeld sind keine Banken. Sie unterliegen keiner Aufsicht. In mehreren Fällen sind die Börsen für virtuelle Währungen bereits pleitegegangen oder zusammengebrochen – zum Teil durch Hacker-Angriffe. Die EBA verweist darauf, dass ihr mehrere Fälle bekannt sind, in denen die Konsumenten größere Beträge verloren haben.

2.) Hacker-Angriffe auf elektronische Geldbörsen

Digitale Portemonnaies auf Smartphones, Tablets oder Computern können wie richtige Geldbörsen gestohlen werden. Die EBA berichtet von Fällen, in denen Cybergeld im Gegenwert von 1 Million US-Dollar geklaut wurde. Die Aussichten, das Geld zurück zu bekommen, sind gering.

3.) Falsche Abbuchungen

Die bei Bankgeschäften üblichen Rückerstattungsrechte gibt es nicht. Unauthorisierte oder falsche Abbuchungen können daher in der Regel nicht umgekehrt werden. Außerdem gibt es keine Garantie, dass Einzelhändler virtuelle Währungen dauerhaft akzeptieren.

4.) Starke Kursschwankungen

Der Wert virtueller Währungen ist sehr volatil. Sollte die Popularität einer bestimmten virtuellen Währung nachlassen, ist es möglich, dass ihr Wert stark und dauerhaft sinkt.

5.) Krimineller Missbrauch

Die Eigentümer und Empfänger der Transaktionen mit virtuellem Geld bleiben anonym. Deshalb kann das Netzwerk für kriminelle Geschäfte wie Geldwäsche missbraucht werden. Wenn Behörden im Zuge von Ermittlungen Plattformen schließen, werden möglicherweise auch Guthaben von unschuldigen Bitcoin-Nutzern geschlossen.

6.) Unklare Steuer-Rechtslage

Nutzer von virtuellen Währungen sollten wissen, dass auch bei Bitcoin und Co. Mehrwert- oder Kapitalertragssteuern anfallen können. Sie sollten prüfen, ob in ihrem Land steuerliche Verpflichtungen entstehen, rät die EBA.

Notenbanken in China und Frankreich warnen

Die scharfe Warnung von Europas Bankenaufsehern erfolgt nur wenige Tage nach einer Vorgabe der chinesischen Zentralbank. Diese hatte Finanzinstitute angewiesen, keine Guthaben von Unternehmen anzunehmen, die mit der Bitcoin-Branche zusammenarbeiten. Damit wollte sie offenbar verhindern, dass eine mögliche Krise auf dem Markt für virtuelle Devisen auf den realen Finanzsektor übergreift.

Auch die französische Notenbank hat jüngst auf die möglichen Fallstricke im Handel mit virtuellen Währungen hingewiesen. Die Europäische Zentralbank und die Bank of England beobachten nach eigenen Angaben die Entwicklung der Bitcoin-Branche.

Die EBA ist die Dachorganisation der nationalen Aufsichtsbehörden der 28 EU-Staaten. Sie hat nicht das Recht, virtuelle Währungen zu verbieten, will jedoch prüfen, ob diese reguliert und überwacht werden können und sollten.

Eine Welt ohne EZB und Fed

Fiatgeld

Als Fiatgeld bezeichnet man Objekte ohne inneren, sogenannten intrinsischen Wert, die als Tauschmittel dienen. Das Gegenteil von Fiatgeld ist Warengeld, das zum Beispiel als Gold, Silber, Perlen oder Tabak neben dem äußeren Tauschwert auch einen intrinsischen Wert hat. Alle großen Währungen, ob Euro, Dollar, Yen oder Pfund, sind Fiatgeld. Sie werden von den Zentralbanken praktisch aus dem Nichts geschaffen.

Im Gegensatz zu den offiziellen "Fiat"-Währungen wie dem US-Dollar oder dem Euro, steht hinter Bitcoin keine Zentralbank wie die Federal Reserve oder die Europäische Zentralbank. Vielmehr produzieren Hochleistungscomputer über komplexe Rechenprozesse - dem sogenannten Mining - das virtuelle Geld, das dann in teilnehmenden Läden zum Einkaufen verwendet oder auf unregulierten Online-Börsen weltweit gehandelt werden kann.

Mit der steigenden Leistungskraft moderner Computer steigt auch die Menge der existierenden Bitcoins. In diesem Jahr ist die Nachfrage regelrecht explodiert: Zwischen Februar und Anfang Dezember ist der Bitcoin-Kurs von etwa 20 US-Dollar auf mehr als 1200 Dollar gestiegen.

Jüngst brach der Kurs jedoch wieder ein, weil die Tücken des Systems immer deutlicher werden. So musste die Internet-Börse Sheep Marketplace schließen, nachdem Kriminelle ein IT-Schlupfloch nutzten und 5400 Bitcoin von Nutzerkonten klauten. Das virtuelle Diebesgut entspricht einem Marktwert von mehr als 5 Millionen US-Dollar.

Das virtuelle Bermuda-Dreieck

Was mit den fehlenden Bitcoins geschehen ist, bleibt unklar. Der Administrator der Seite hat die Nutzer aufgefordert, Kontodaten zur Erstattung der Verluste anzugeben. Einträge in Foren zeigen jedoch, dass die meisten Kunden ihr Guthaben schon abgeschrieben haben. Viele verdächtigen den mittlerweile abgetauchten Administrator des Diebstahls.

Sheep Marketplace war einer der Nachfolger von Silk Road, einer Börse für illegale Waren und Dienstleistungen, welche die US-Bundespolizei FBI im Oktober schloss.

Auch die weltweit zweitgrößte Bitcoin-Börse Mt. Gox leidet in dieser Woche unter Problemen. Nutzer klagen über lange Wartezeiten bei der Auszahlung ihrer Guthaben in Euro oder Dollar. Viele Kunden bezweifeln die offiziellen Angaben der Börsenbetreiber, dass technische Gründe für den Auszahlungsstopp verantwortlich sind. Offensichtlich ignoriert die Börse schon seit Wochen sämtliche Anfragen.

Quelle: ntv.de

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