Marktberichte

Wall-Street-Vorschau Dollar-Stärke bedrückt US-Anleger

Ein China-Konzern an der Wall Street: Wie kann das funktionieren?

Ein China-Konzern an der Wall Street: Wie kann das funktionieren?

(Foto: AP)

Der Wirbel um die geglückte Mega-Premiere von Alibaba kann Börsenprofis nicht darüber hinwegtäuschen: Der Aufwind scheint an der Wall Street an Kraft zu verlieren. In der kommenden Woche dürfte die Dollar-Stärke in den Vordergrund rücken.

Erschöpft und ausgelaugt von einer außergewöhnlich erfolgreichen und außergewöhnlich umfangreichen Parkettpremiere blicken New Yorker Aktienhändler den Herausforderungen der anstehenden Börsenwoche entgegen. Mit nüchternem Abstand betrachtet, bewegen sich die großen Kursbarometer auf historisch hohem Niveau - die Rückschlagsgefahr wächst.

In der abgelaufenen Woche waren Dow-Jones-Index und S&P-500 noch auf Rekordkurs geblieben. Der Dow mit seinen 30 Standardwerten aus der US-Unternehmenslandschaft gewann auf Wochensicht 1,7 Prozent und schloss im Freitagshandel vergleichsweise lustlos und wenig euphorisiert bei 17.279 Punkten. Der sehr viel breiter aufgestellte S&P-500-Index kletterte im Wochenvergleich um 1,3 Prozent auf 2010 Zähler. Im Freitagshandel verlor das Barometer auf Tagessicht 0,05 Prozent. An der Nasdaq beendete der Composite-Index den Handel mit einem Wochenplus von 0,27 und einem Tagesverlust von 0,29 Prozent auf knapp 4580 Punkte.

An der Gesamtsituation hat sich nicht viel geändert. Die geldpolitischen Rahmenbedingungen sprechen mit Niedrigzinsen und einer vergleichsweise stabilen weltwirtschaftlichen Lage nach wie vor für Aktien. Beobachtern zufolge bereitet den Anlegern an der New Yorker Börse allerdings die neugewonnene Stärke des Dollar langsam Kopfzerbrechen.

Dollar im Höhenflug

Eine ganze Reihe von Unternehmen - von Konsumgüterproduzenten bis zu Technologiefirmen und Ölkonzernen - werde die Bewegung am Devisenmarkt schmerzhaft zu spüren bekommen, erklärte Larry Glazer von Mayflower Adivsors. Die Anleger hoffen jedoch gleichzeitig, dass die Negativ-Effekte von den positiven Nebenwirkungen eines starken Dollar mehr als nur ausgeglichen werden könnten. Vor allem die Konsumenten könnten beim Einkauf sparen - und anschließend das dadurch frei gewordene Geld anderweitig ausgeben, lautet eine der mehr oder weniger gut begründeten Hoffnungen.

Neue starke Signale sind von der Konjunkturseite in der kommenden Woche nicht zu erwarten: In den USA dürften die am Donnerstag anstehenden Auftragseingänge langlebiger Güter im August ein deutliches Minus von geschätzten 17 Prozent aufweisen. Dieses hat nach Einschätzung der BayernLB aber wenig Aussagekraft. Denn die Juli-Daten seien überaus gut gewesen, nachdem in dem Monat Aufträge des Flugzeugbauers Boeing wegen der Präsentation eines neuen Flugzeugtyps in die Höhe geschossen waren.

Für Gesprächsstoff dürften die Spekulationen um einen Bieterwettstreit rund um den Turbinen-Spezialisten Dresser-Rand sorgen. Gerüchten zufolge sind sowohl der Dax-Konzern Siemens als auch der US-Rivale General Electric (GE) an dem Unternehmen interessiert. GE habe bereits Gespräche mit Dresser-Rand geführt und überlege derzeit, ob es ein Übernahmegebot abgeben solle, zitierte die "Financial Times" einen nicht näher genannten Informanten.

Siemens erwägt Medienberichten zufolge eine Offerte in Höhe von mehr als 6 Milliarden Dollar. Am Donnerstag hatte der Schweizer Konzern Sulzer mitgeteilt, Fusionsverhandlungen mit Dresser-Rand zu führen. GE und Siemens lehnten Stellungnahmen zu den Berichten ab. Erst vor wenigen Monaten hatten sich die beiden Konkurrenten einen Übernahmekampf um das Energiegeschäft des französischen Industriekonzerns Alstom geliefert. Am Ende machte der US-Konzern das Rennen.

Die erste Börsenwoche für Alibaba

Unter besonderer Beobachtung dürften in der kommenden Woche jedoch auch die frisch erhältlichen Alibaba-Aktien stehen. Dem chinesischen Onlineriesen war am Freitag bei seinem Rekord-Börsengang ein fulminanter Erfolg gelungen. Zum Start an der New Yorker Börse sprang die Aktie überraschend deutlich auf 92,70 Dollar. Das war ein Plus von mehr als 36 Prozent im Vergleich zum Ausgabepreis.
Zwischenzeitig schnellte der Kurs sogar bis auf 99,70 Dollar hoch. Zum Handelsschluss landete das Papier mit 93,89 Dollar bei einem Plus von gut 38 Prozent.

Alibabas Aktienpremiere war ein Projekt der Superlative: 320 Millionen Anteilsscheine zum Ausgabepreis von 68 Dollar, Emissionserlös 21,8 Milliarden Dollar. Mit den Zeichnungsrechten der Investmentbanken erreicht das Volumen 25 Milliarden Dollar. Es ist damit der bisher größte Börsengang. Firmengründer Jack Ma hatte zuletzt auch kräftig die Werbetrommel gerührt. Der Andrang war seit dem Morgen gewaltig: Die Aktienbörse war mit Bannern des chinesischen Onlinekonzerns geschmückt, davor drängten sich die Journalisten, Händler und Offizielle um Firmengründer Jack Ma und sein Team.

Größer als Ebay oder Amazon

Noch nie hat ein Unternehmen bei seinem Aktiendebüt mehr Geld bei Investoren einsammeln können. Die bislang größten Börsengänge in den USA gelangen der Kreditkartenfirma Visa 2008, dem Autobauer General Motors (GM) bei seinem Neustart 2010 und Facebook im Jahr 2012. Weltweit liegt die Agricultural Bank of China bislang an der Spitze der IPO-Rangliste.

Alibaba ist beim tatsächlichen Handelsvolumen nach eigenen Angaben größer als Amazon oder Ebay. Zu den großen Handelsplätzen des Konzerns gehören die Plattformen Taobao, Tmall und Juhuasuan. 231 Millionen Käufer und acht Millionen Verkäufer wickelten hier im vergangenen Jahr Geschäfte über 248 Milliarden Dollar ab. Alibaba wird an der Wall Street trotz seiner Größe ein Exot sein. Außerhalb Chinas war der Konzern bislang vergleichsweise unbekannt.

Die Konzernstruktur mit etlichen Beteiligungsverzweigungen und verstrickten Eigentumsverhältnissen ist für Außenstehende nur schwer zu durchblicken. Außerdem kritisieren Analysten die Machtballung im engen Führungszirkel um Gründer Jack Ma.

Sondersendungen in China

Trotzdem war die Nachfrage der Investoren nach den Aktien bereits im Vorfeld des Börsengangs so riesig, dass der Konzern das obere Ende der Preisspanne für seine Anteilsscheine am Dienstag erhöht hatte. Am Ende war der Ausgabepreis auf 68 Dollar festgelegt worden. Mit Sondersendungen im Fernsehen und Sonderausgaben von Zeitungen waren Millionen Chinesen auf den Börsengang eingestimmt worden.

Stunden vor dem erwarteten Aktiendebüt in New York verfolgten knapp 23 Millionen Nutzer Diskussionen um Chancen und Risiken von Alibaba auf Chinas größtem Mikroblog "Sina Weibo". Gleichzeitig gab es jedoch auch Kritik. Wegen der strengen Kapitalverkehrskontrollen ist es den meisten Chinesen nicht möglich, Aktien im Ausland zu kaufen. Ein Nutzer kritisierte online: "Das ist doch paradox: Eine chinesische Firma geht an die Börse, und Chinesen können nicht mitbieten."

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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