Marktberichte

Schwere Kursverluste in New York US-Börsen brechen ein

Hochdruck-Informationsverarbeitung an der New Yorker Börse: Händler Peter Tuchman (r.) mit Kollegen bei der Arbeit.

Hochdruck-Informationsverarbeitung an der New Yorker Börse: Händler Peter Tuchman (r.) mit Kollegen bei der Arbeit.

(Foto: AP)

Der von der Fed entfachte Rückenwind hält an den US-Börsen nicht lange vor. Trotz der Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen geht es an der Wall Street zum Teil deutlich abwärts. Auch erfreuliche Konjunkturdaten können die Stimmung nicht drehen.

Der kurze Aufwärtstrend erweist sich als wenig nachhaltig: An der New Yorker Wall Street geht es am Donnerstag auf breiter Front nach unten. Beobachter sprachen von einem "rabenschwarzen Donnerstag", bei dem vor allem Technologiewerte, die am Vortag noch stramm zugelegt hatten, völlig unter die Räder gerieten.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss mit einem Minus von 1,62 Prozent auf 16.170,22 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 2,09 Prozent auf 1833,09 Zähler. Das breit gefasste Börsenbarometer rutschte damit auf den tiefsten Stand seit Ende Februar und liegt nun auch in der Jahresbilanz 2014 wieder im Minus. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq gab 3,10 Prozent auf 4054,11 Stellen nach. Das war der stärkste Tagesverlust seit November 2011. Der Auswahlindex Nasdaq 100 verlor 3,13 Prozent auf 3487,76 Punkten und erreichte damit den tiefsten Stand seit Anfang Februar. Viele Anleger wollten besonders ihre riskanteren Werte abstoßen, hieß es.

Schwache Handelsdaten aus China weckten die Sorge vor einer nachlassenden weltweiten Nachfrage. Außerdem agierten die Anleger ängstlich wegen der gerade angelaufenen Berichtssaison. Mit Nervosität blicken sie auf den Freitag, wenn mit JP Morgan und Wells Fargo die ersten Banken ihren Quartalsbericht vorlegen. Im Vorfeld der anstehenden Zahlen ging es mit den beiden Aktien erst einmal abwärts: JP Morgen verbilligten sich um 3,2 Prozent. Die Titel von Wells Fargo verloren 2,8 Prozent. Ein Portfoliomanager sprach von einer anhaltenden Umschichtung aus Wachstumswerten in werthaltigere Defensivtitel.

"Von Souveränität keine Spur"

Das jüngste Fed-Protokoll, das die Börsianer zur Wochenmitte nach der Veröffentlichung noch gefeiert hatten, wurde auf einmal sehr viel kritischer beurteilt. Die Wortwahl der Notenbank rückte ins Blickfeld. "Von den forschen Zinsprognosen von Janet Yellen ist die Fed komplett zurückgerudert. Das zeigt, dass die Absprachen innerhalb der Fed noch nicht funktionieren", meinte etwa ein Händler. Es belege ferner - und das wiege noch schwerer -, dass die US-Notenbank schon fast reflexhaft und panikartig auf die steigenden Zinsen am Bondmarkt reagiere. "Von Souveränität also keine Spur", urteilte der Händler.

Gute Daten vom Arbeitsmarkt gingen völlig unter. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe waren auf den niedrigsten Stand seit fast sieben Jahren gefallen. "Der Jobmotor in den USA scheint langsam ins Laufen zu kommen", meinte ein Händler. Die Daten legen nahe, dass mit dem Ende der kalten Jahreszeit die Nachfrage für Arbeitskräfte wieder anzieht, erklärte ein anderer Teilnehmer.

Facebook bekommt WhatsApp

Bewegung gab es bei den Einzelwerten: Der Internetkonzern Facebook erhält von US-Regulierern die Genehmigung für den milliardenschweren Kauf des Kurznachrichtendienstes WhatsApp. Zugleich mahnte die Handelskommission FTC die strikte Einhaltung der Datenschutz-Versprechen an. Die Unternehmen hatten unter anderem versichert, dass sich nach der Übernahme an dem Umgang mit Nutzer-Daten bei WhatsApp nichts ändern werde.

"Wir wollen deutlich machen, dass WhatsApp diese Versprechen an Verbraucher ungeachtet der Übernahme erfüllen muss", heißt es in der FTC-Mitteilung. Facebook war von der FTC bereits wegen wechselnder Datenschutz-Bestimmungen ins Visier genommen worden. Das Unternehmen hatte die Ermittlungen 2011 mit Zugeständnissen beenden können. Dabei versprach Facebook unter anderem, Nutzer besser über Änderungen bei der Privatsphäre zu informieren und stimmte für 20 Jahre unabhängigen Kontrollen zu. WhatsApp mit inzwischen rund 480 Millionen Kunden sammelt kaum Informationen über die Nutzer und zeigt keine Werbung an. Facebook zahlt für den Kurznachrichtendienst insgesamt 19 Milliarden Dollar. Die Facebook-Aktien fielen um 5,2 Prozent zurück.

Fehlstart für Ally Financial

Weit oben auf der Verkaufsliste standen vor allem die Biotech- und Internet-Werte kräftig ein. Aber auch Pharma-, Einzelhandels-, Medien- und Finanzwerte gaben teils kräftig nach. Die neu an die Börse gekommenen Ally Financial erlitten einen Fehlstart. Vom Emissionspreis ging es gut 4 Prozent abwärts. Ally Financial ist eine frühere Finanztochter von General Motors (GM). Der Autobauer muss seine Kostenschätzungen nach dem abgelaufenen Quartal erheblich ausweiten. Die GM-Aktien gaben vergleichsweise robuste 0,8 Prozent nach.

Die Aktien von Chevron fielen um 2 Prozent zurück. Der Öl- und Gaskonzern erwartet im ersten Quartal einen Gewinnrückgang im Vergleich zum Vorquartal. In den ersten drei Monaten werde die Öl- und Gasförderung unter der des Vorjahres liegen, weil unter anderem das schlechte Wetter in Teilen der Vereinigten Staaten, Kanada und anderen Ländern die Produktion gestört habe, erklärte der Konzern. Zudem würden negative Wechselkurseffekte und Wertminderungen das Ergebnis im ersten Quartal belasten.

Neue Einschätzungen für Apple

Bed Bath & Beyond stand nach einem schlechter als erwartet ausgefallenen Ausblick auf das erste Quartal unter verstärktem Abgabedruck. Die Viertquartalszahlen haben derweil den Erwartungen weitgehend entsprochen. Das Papier rauschte gut 6 Prozent nach unten.

Daneben bestimmten Analysten-Kommentare die Kurse. So hat die Deutsche Bank die Beobachtung der Apple-Aktie mit einer Kaufempfehlung aufgenommen. Die Ersteinstufung der Deutschen Bank für Hewlett-Packard (H&P) lautet ebenfalls "Buy", für IBM "Hold". Die Apple-Aktie zeigte mit minus 1,2 Prozent relative Stärke, während es für die Aktien von Hewlett-Packard 0,2 Prozent nach oben und IBM 0,5 Prozent nach unten ging.

Nach zwei freundlichen Tagen mit Kursgewinnen zeichnete sich bereits nach der Eröffnungsglocke am Morgen ein schwacher Handelstag ab. Händler führen mehrere Gründe für die Zurückhaltung der Anleger an. Einige verweisen auf unerwartet schwache Quartalszahlen einiger Großunternehmen zum Beginn der Bilanzsaison. Andere mutmaßen, dass die Freude darüber, dass die US-Notenbank die Angst vor baldigen Zinserhöhungen in ihrem am Vortag veröffentlichten Sitzungsprotokoll zerstreut hat, schon wieder verflogen sei. Denn die Rolle rückwärts, welche die Fed in den Augen der Marktteilnehmer vollzogen hat, komme nicht überall gut an, hieß es.

Die US-Kreditmärkte haben unterdessen zugelegt. Die zehnjährigen Staatsanleihen stiegen 17/32 auf 101-2/32. Die Rendite fiel auf 2,627 Prozent. Der 30-jährige Bond tendierte 1-5/32 fester bei 102-8/32 und rentierte mit 3,503 Prozent. Händler verwiesen zur Begründung der Entwicklung auf die Wall Street, die wegen Gewinnmitnahmen Abschläge verbuchte. Zudem profitierten die Bonds von der allgemein positiven Stimmung an den Anleihenmärkten nach Griechenlands Comeback am Kapitalmarkt.

Quelle: ntv.de, mmo/jga/DJ/dpa/rts

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