Marktberichte

Draghi bringt Dax nicht auf Touren Gehen Anleger mit Trump "Risk on"?

Nach der EZB-Sitzung geht der Blick der Anleger in Richtung Washington: Am Freitag steht die Amtseinführung Donald Trumps an. Für die Aktienmärkte heißt das: Vorsicht. Daran kann auch Mario Draghi nichts ändern.

Am deutschen Aktienmarkt bleibt es auch am Donnerstag dabei: Dax und Co. kommen einfach nicht auf Touren. Der von vielen Marktteilnehmern als möglicher Impulsgeber gesehene Sitzungstermin der Europäischen Zentralbank (EZB) lieferte nicht das, was vielerorts erwartet worden war: Überraschungen. "Im Großen und Ganzen bleibt alles wie gehabt", kommentierte dann auch n-tv-Börsenexpertin Katja Dofel. Die Anleger werteten es positiv, dass Mario Draghi nicht viel gesagt habe, sagte ein Marktteilnehmer. Dadurch sei keine Verunsicherung aufgekommen und man könne beruhigt auf die Amtseinführung Donald Trumps als US-Präsident am Freitag schauen.

Der Dax schloss kaum verändert bei 11.597 Punkten. Zur Wochenmitte hatte der Leitindex 0,5 Prozent im Plus geschlossen. Auch der MDax bewegte sich nicht merklich - Schlussstand: 22.635 Zähler. Der TecDax büßte 0,1 Prozent auf 1836 Stellen ein.

Konjunktur: EZB hält Zinsen unten

Man wolle die Leitzinsen noch lange niedrig halten, verlautbarte die EZB. Der Schlüsselsatz für die Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld werde weit über die Zeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau von 0,0 Prozent oder sogar noch tiefer liegen, teilten die Zentralbanker weiter mit. Sie bekräftigten zugleich, dass die Anleihenkäufe bis mindestens Ende 2017 weitergeführt werden sollen. Dabei soll - wie bereits angekündigt - ab April der monatliche Umfang der Transaktionen von derzeit 80 Milliarden Euro auf 60 Milliarden Euro sinken.

Draghi unterstrich seinerseits, dass die steigenden Inflationsraten in der Eurozone vor allem auf steigende Energiepreise, und damit auf Basiseffekte zurückzuführen seien. Die Kernrate entwickele sich weiter niedrig. Somit gebe es für die EZB aktuell keinen geldpolitischen Handlungsbedarf, so Draghi.

Nachdem zuletzt eher defensive Titel gesucht gewesen seien, griffen Anleger nun wieder bei Aktien aus dem Finanzsektor und dollarsensitiven Werte sowie Rohstoffaktien zu, sagte ein Marktteilnehmer im Handelsverlauf. Am Markt habe es Empfehlungen gegeben, so von Morgan Stanley, nach der Wahl Trumps den so genannten Reflationierungs-Trade aufzusetzen und ihn mit der Amtseinführung zu schließen. Der Abbau sei aber nun wie so oft bereits vorher vollzogen worden. "Damit ist der Markt nun sauber", glaubt der Händler. Trump hatte nach seiner Wahl ein billionenschweres Investitionsprogramm angekündigt. Ein höherer Schuldenstand, mehr Geld im Umlauf und dadurch eine anziehende Inflation sind in der Regel die Folgen.

Devisen: Yellen befeuert Dollar

Der Dollar zog vor allem in der Nacht deutlich an - nach den neuesten Aussagen von US-Notenbankchefin Janet Yellen. Während der künftige US-Präsident Trump zuletzt einen schwächeren US-Dollar forderte, lenkte Yellen den Fokus auf höhere Zinsen und bekräftigte die Ansicht, dass die US-Wirtschaft auf Kurs ist und höhere US-Zinsen angezeigt sind. Sie sprach dabei explizit davon, die Zinsen "einige Male in diesem Jahr" anzuheben.

Der Euro, der vor der Yellen-Rede noch bei über 1,07 gelegen hatte, kam zurück. Einer Erholung im frühen Handelsverlauf folgten dann erneut Abgaben im späten Handel. Die europäische Gemeinschaftswährung notierte am Abend dann bei 1,0617 Dollar und damit 0,2 Prozent schwächer. Die EZB setzte den Referenzkurs auf 1,0668 Dollar fest nach 1,0664 Dollar am Mittwoch.

Unter Druck geriet der Euro, als Draghi die zuletzt gestiegene Inflation mit der Bemerkung herunterspielte, es handele sich nicht um einen überzeugenden Anstieg auf breiter Front. Vielmehr seien vor allem gestiegene Energiepreise für den Preiszuwachs verantwortlich. Über eine Straffung des extrem lockeren Kurses habe der Zentralbankrat deshalb nicht diskutiert. Zusätzliche

Dax: VW und Analysten

Die Topgewinner waren bei den Einzelwerten die Banken. Commerzbank sprangen rund 4 Prozent an. Deutsche Bank legten noch etwa 1 Prozent zu. Die Finanzwerte profitierten vom "Status quo", den die EZB mit ihren Entscheidungen nicht antastete, wie es am Markt hieß.

Daneben schauten die Anleger wieder einmal auf Volkswagen. Ex-VW-Chef Martin Winterkorn stand vor einem Untersuchungsausschuss zum Abgasskandal dem Bundestag Rede und Antwort. Er wiederholte dabei erneut, nicht eher als bisher bekannt von dem Betrug gewusst zu haben. VW gehörten mit einem Aufschlag von mehr als 1 Prozent zu den größten Gewinnern im Dax.

Zudem sorgten Analysten für Kursbewegungen. So hatte Goldman Sachs SAP auf "Conviction Buy" genommen. Die Aktien des Softwareunternehmens legten daraufhin 0,5 Prozent zu. Im Gegenzug wurden Software AG auf zum "Verkauf" gestellt. Die Titel gaben dementsprechend 1,6 Prozent ab. Die Analysten von Morgan Stanley nahmen Thyssenkrupp auf "Equalqweight" herunter. Die Papiere büßten daraufhin etwa 1,6 Prozent ein.

MDax: Kursdruck bei Aurubis

Aurubis sackten rund 4 Prozent ab. Zudem rechnen Händler mit weiterem Druck. Der Kurs war jüngst stark gestiegen, nachdem Goldman Sachs die Aktie vor etwa einem Jahr auf die Kaufliste genommen hatte.

Europa: In Rüstungssektor kommt Bewegung

Mit stark steigenden Kursen präsentierten sich Zodiac Aerospace, das Plus betrug 20 Prozent. Das Unternehmen hatte sich mit Safran auf eine Übernahme geeinigt. Safran bietet 29,47 Euro je Zodiac-Aktie, das liegt rund 26 Prozent über dem letzten Zodiac-Kurs.

Remy Cointreau zogen nach Veröffentlichung von Umsatzzahlen kräftig an. Der Umsatz war im Schlussquartal 2016 auf vergleichbarer Basis um 9 Prozent gewachsen. Das lag deutlich über der Erwartung von 4,2 Prozent. Der Kurs verbesserte sich rund 7 Prozent.

USA: Mit Trump mehr "Risk on"?

An der Wall Street blieben die Anleger einen Tag vor der Amtsübernahme des Präsidenten Trump in Deckung. Kaum jemand am Markt wage sich vor der Vereidigung weit vor, sagten Analysten. Die Investoren erhofften sich von der Rede zum Regierungsantritt am Freitag Klarheit über Trumps Ankündigungen von Steuersenkungen, Deregulierungen und Infrastrukturprogrammen. Der Dow-Jones-Index reduzierte sich um 0,4 Prozent auf 19.732 Punkte und fiel damit bereits den fünften Handelstag in Folge. Der S&P-500 gab um 0,4 Prozent auf 2.264 Punkte nach und der Nasdaq-Composite schloss mit einem Minus von 0,3 Prozent bei 5.540 Punkten.

Charttechnisch habe sich die Chance auf steigende Kurse in New York gebessert, sagte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest. Sollte es am Donnerstag eine weitere "Buy-the-Dip-Sitzung" geben, könnten Dow & Co bis Anfang Februar zulegen. Die Märkte hätten am Mittwoch auf Halbleiter, Biotechnologie und Broker gesetzt und damit auf "Risk on" gedreht, erläuterte er. Denn diese Branchen müssten im Zweifelsfall eine Rally anführen, so wie bereits im November.

Bei den Einzelwerten stachen Netflix mit einem Kursplus von 3,9 Prozent heraus. Dank zugkräftiger Eigenproduktionen steigerte die Online-Videothek Kundenzahl und Umsatz im vergangenen Quartal deutlich. Die Aktien von Tesla legen rund 2,3 Prozent zu. Der japanische Elektronikkonzern Panasonic kündigte an, seine Partnerschaft mit dem amerikanischen Elektroauto-Pionier auszubauen und auf das Zukunftsgeschäft mit autonomen Fahrsystemen auszuweiten.

Rohstoffe: Goldpreis runter, Ölpreis rauf

Mit einem leichten Anzug wartete der Ölpreis auf. US-Leichtöl der Sorte WTI verteuerte sich zum US-Settlement um 0,6 Prozent auf 51,37 Dollar, Brent zog um 0,4 Prozent auf 54,16 Dollar an. 

Ein Grund für die Stabilisierung war Händlern zufolge, dass die in Paris ansässige Internationale Energieagentur (IEA) von einer sinkenden Förderung des Erdölkartells Opec im Januar ausgeht: Die Förderkürzung soll üppiger als jene im Dezember ausfallen.

Der Goldpreis gerät mit dem steigenden Dollar und den steigenden Renditen unter Druck. Er fällt Richtung 1200 Dollar je Feinunze, nachdem er am Mittwoch zeitweise auf fast 1220 Dollar gestiegen war und damit auf den höchsten Stand seit zwei Monaten. "Die Erholung ist erst einmal beendet", sagt ein Marktteilnehmer. Sollten Renditen und Dollar weiter steigen, dürfte der Goldpreis weiter fallen.

Asien: Uneinheitlich

Die Aktienmärkte in Fernost fanden am Donnerstag keine gemeinsame Richtung. Der Handel stand ganz im Zeichen von US-Notenbankchefin Yellen, die in einer Rede Zinserhöhungen in Aussicht stellte. Diese Perspektive lastete auf vielen Börsen in Asien. Da nach Yellens Äußerungen aber auch der Dollar stieg und sich der Yen damit verbilligte, waren in Tokio Exportwerte gefragt. Auch Finanztitel fanden Anklang. In Seoul reagieren Anleger erleichtert darauf, dass ein Gericht es abgelehnt hat, einen Haftbefehl gegen den Samsung-Erben Lee Jae-yong zu erteilen, dem unter anderem Bestechung vorgeworfen wird. Die Samsung-Aktie kletterte daraufhin.

Vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Trump am Freitag herrschte unter den Börsianern aber auch Nervosität. Ungewissheit über die bisher von den Anlegern fest einkalkulierten Konjunkturimpulse durch Trump nahmen einige Investoren zum Anlass für Gewinnmitnahmen.

Der Tokioter Nikkei schloss 0,9 Prozent höher bei 19.072 Punkten. Der Shanghai Composite gab 0,4 Prozent auf 3101 Zähler nach. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans verlor 0,3 Prozent.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen