Marktberichte

Dax testet nach unten US-Börsen fallen als Zugpferd aus

Erlahmende Dynamik vor "Thanksgiving": Der Feiertag im November ist vielen US-Amerikaner wichtiger als Weihnachten.

Erlahmende Dynamik vor "Thanksgiving": Der Feiertag im November ist vielen US-Amerikaner wichtiger als Weihnachten.

(Foto: REUTERS)

10.800 Punkte: Mit diese Marke kämpft der deutsche Aktienmarkt seit Tagen. Springt der Dax darüber, so heißt es, sei der Weg nach oben frei. In den USA verliert die Trump-Rally kurz vor "Thanksgiving" sichtlich an Schwung.

Am Aktienmarkt scheint sich das Blatt zur Wochenmitte zu wenden. Nach - zugegebenermaßen - geringen Aufschlägen an den ersten beiden Handelstagen verzeichnet der deutsche Leitindex am Mittwoch Verluste. "Es fehlen ein paar richtige Zugpferde", kommentierte n-tv-Börsenexpertin Katja Dofel. Auch die Wall Street schaltet spürbar einen Gang zurück.

Der Dax schloss 0,5 Prozent tiefer bei 10.662 Punkten. Das Tagestief lag bei 10.602, das Tageshoch bei 10.743 Stellen. Am Montag und Dienstag war er jeweils leicht fester aus dem Handel gegangen. Der MDax gab 0,1 Prozent auf 20.698 Zähler ab. Der TecDax büßte 1,3 Prozent auf 1718 Stellen ein.

USA: Wall Street verliert an Auftrieb

Nachdem die Nachwahl-Begeisterung die US-Indizies zuletzt fast täglich auf neue Rekordhochs gehievt hatte, haben sich die Gemüter an der Wall Street am Mittwoch deutlich abgekühlt. Für Zurückhaltung sorgte, dass die US-Börsen am Donnerstag wegen des Feiertages "Thanksgiving" geschlossen bleiben und am Freitag nur verkürzt handeln. Viele Marktteilnehmer gingen vor dem derart verlängerten Wochenende keine neuen Positionen mehr ein, sondern neigten eher dazu, welche glattzustellen, heißt es aus New York.

Eine Ausnahme gab es allerdings: Der Dow-Jones-Index stieg weiter. Er behauptete fast den kompletten Handel über ein kleines Plus und schloss 0,3 Prozent höher mit 19.083 Punkten - und damit erneut auf einem neuen Rekordhoch. Ein kleiner Endpsurt im ganz späten Geschäft hievte auch den S&P-500 noch knapp ins Plus, die Nasdaq-Indizes gaben jedoch leicht nach. Alle Indizes schlossen allerdings auf oder nahe an den Tageshochs.

"Einige Teilnehmer scheinen sich etwas abzusichern und sicher gibt es auch hier und da Gewinnmitnahmen, schließlich steht ein langes Wochenende bevor", sagte Sean O'Hara, Präsident von Pacer ETFs Distributors. Keine Impulse gingen vom während der zweiten Handelshälfte veröffentlichten Fed-Protokoll zur jüngsten US-Notenbanksitzung aus. An den Finanzmärkten wird ohnehin fast sicher mit einer Zinserhöhung im Dezember gerechnet.

"Immer wenn eine solche Euphorie herrscht wie in den vergangenen Wochen, ist auch das Risiko höher, dass das Pendel stärker in die andere Richtung ausschlägt", sagte Anlagestratege Mark Heppenstall vom Vermögensverwalter Penn Mutual Asset Management. Seit Donald Trumps Sieg bei der US-Präsidentenwahl am 8. November herrscht an den US-Börsen gute Stimmung, weil die Anleger auf einen Konjunkturschub durch Trumps geplante Infrastrukturinvestitionen spekulieren.

Etwas Druck auf die Aktien kam vom Dollar. Nach einer Reihe meist robust ausgefallener US-Konjunkturdaten machte der Greenback einen deutlichen Satz nach oben, was die Ertragsaussichten der US-Exportwirtschaft verschlechtert.

Zwar stieg die Anzahl von US-Bürgern, die erstmals Arbeitslosenhilfe beantragt haben, leicht und etwas stärker als erwartet, doch wurden die bereits guten Vorwochenwerte noch weiter nach unten revidiert. Der Auftragseingang langlebiger Wirtschaftsgüter übertraf derweil die Marktprognosen klar und signalisierte eine brummende Wirtschaft. Auch der Markit-Einkaufsmanagerindex fiel gut aus, wobei auch Unterkomponenten für eine robuste Konjunktur sprechen.

Weil die den Dollar stützende Zinserhöhung im Dezember bereits als eingepreist gilt, rückt nun der Zinspfad im kommenden Jahr stärker in den Vordergrund. Und hier könnten nun mehrere Zinserhöhungen anstehen, sollten die US-Daten weiter gut ausfallen.

Fragezeichen hinter der 10.800

"Auch heute sieht es nicht nach dem lang ersehnten Befreiungsschlag aus", sagte Wolfgang Albrecht von der Landesbank Baden-Württemberg mit Blick auf einen etwaigen Ausbruch im deutschen Leitindex nach oben. "Die Trump-Story ist eine US-Story", erläuterte ein Händler. Große US-Anleger favorisierten den heimischen Markt, auch weil sie wegen der Dollar-Stärke an den anderen Märkten mit Währungsverlusten rechnen müssten.

Hierzulande belastete zudem weiterhin die politische Unsicherheit: Im Blick standen das Senats-Referendum in Italien am 4. Dezember und die Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten am gleichen Tag. Sollte das Senats-Referendum scheitern, könnte das eine neue politische Krise in Italien und der EU auslösen - Kurskapriolen inklusive.

Alles andere als positiv wirkte Marktteilnehmern zufolge auch, dass deutsche Nebenwerte-Indizes wie MDax, SDax und TecDax, die als "Vorläufer" in Sachen Markttrend gelten, sich zuletzt schwächer entwickelt hatten als der Leitindex. Der SDax beispielsweise hatte auf Sicht von drei Wochen eine Underperformance zum Dax von 3,2 Prozent erzielt. Händler werteten das als ein Indiz für eine Korrektur des Dax.

Dax: Lufthansa im Streikmodus

Lufthansa-Aktien verabschiedeten sich etwa 0,8 Prozent fester. Die Pilotenvereinigung Cockpit hatte den Streik nun bis Donnerstag ausgeweitet. "Damit nimmt die Belastung erst einmal zu", sagte ein Händler. "Das heißt, dass auch am Freitag noch vereinzelt Flüge ausfallen werden", so ein weiterer Marktteilnehmer. Es dauere immer eine gewisse Anlaufzeit, bis die volle Flugkapazität wieder erreicht werde. Das drücke auf den Kurs.

Im Dax zeigen sich zudem Infineon nach dem neuen Jahreshoch vom Dienstag und Geschäftszahlen erst schwächer, dann wieder stärker: Die Titel schlossen am Ende aber mehr als 2 Prozent höher. Die Gewinnseite habe zwar etwas stärker abgeschnitten als erwartet, der Umsatz liege aber etwas unter den Prognosen. "Die Frage ist nun, wie der Ausblick bewertet wird", sagte ein Händler. Der Sales-Ausblick liege etwas unter den Erwartungen. "Vermutlich ist er aber konservativ", so der Händler weiter. "Das Zahlenwerk ist solide", kommentierte Heino Ruland von Ruland Research.

Bei den Autotiteln standen erneut VW im Blick. Die Papiere gewannen etwa 2 Prozent und waren damit stärkster Wert im Dax. Der Autobauer will Diesel-Fahrzeuge aus dem US-Angebot streichen. Goldman Sachs hatte den Anlegern zudem grünes Licht zum Einstieg gegeben und VW von "Verkaufen" auf "Kaufen" erhöht. Dagegen hatten sie Daimler von "Kaufen" auf "Halten" zurückgestuft. Daimler büßten etwa 1,7 Prozent ein und gehörten damit zu den Topverlierern im Dax.

MDax: Kein Lichtblick bei Osram

Osram fielen rund 1,2 Prozent. Ein Vertreter der Gewerkschaft IG Metall hatte sich für die Unabhängigkeit des Lichtkonzerns ausgesprochen. Osram benötige keinen Partner und sei alleine gut aufgestellt, sagte Jürgen Wechsler, Bezirksleiter der IG Metall Bayern. Zudem signalisierte er Widerstand gegen mögliche Übernahmeversuche.

SDax: Heja BVB?

Trotz des torreichsten Sieges in der Historie der Champions Leagure gegen Legia Warschau sackten Borussia Dortmund etwa 4,5 Prozent ab. Die Aktien gehörten damit zu den größten SDax-Verlierern. "Die Abstufung von Oddo Seydler hat einigen am Markt vor Augen geführt, wie stark der Kurs seit Ende September schon gestiegen ist", sagte ein Händler. Das Unentschieden gegen Real Madrid und der darauf folgende Auswärtssieg bei Sporting Lissabon hätten den Aktienkurs mit Blick auf die Uefa-Gelder bei Erreichen der Endrunde stark nach oben getrieben.

Devisen: Euro deutlich unter 1,06

Der Euro gab weiter nach und fiel auf den Tiefstand seit Dezember 2015. Robuste Konjunkturdaten aus den USA lieferen dem Dollar Auftrieb und schwächten im Gegenzug den Euro. Am Abend notierte die Gemeinschaftswährung  bei 1,0536 Dollar. Ein Abschlag von 0,9 Prozent zum Dienstag. Im Tagestief stand der Euro sogar bei 1,0525 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0602 Dollar fest nach 1,0617 Dollar am Dienstag.

Überraschend gute Konjunkturdaten aus den USA hatten die Erwartung einer strafferen Geldpolitik der US-Notenbank Fed weiter gestärkt und dem Dollar auf breiter Front Auftrieb gegeben. Die Neuaufträge für langlebige Güter hatten laut dem US-Handelsministerium im Oktober überraschend stark um knapp fünf Prozent zugelegt. Es bestehe Hoffnung, dass die Investitionstätigkeit im vierten Quartal zunehme, kommentierte Viola Julien, Expertin bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Am Abend wollte die US-Notenbank zudem ihre Mitschrift zur jüngsten Zinssitzung veröffentlichen. Experten gingen von Hinweisen auf die für Mitte Dezember erwartete Zinsanhebung aus. An den Finanzmärkten gilt der Schritt bereits als vollständig eingepreist. Es wäre erst die zweite Zinsanhebung nach der Finanzkrise.

Experten der Deutschen Bank rechnen im Laufe des kommenden Jahres mit einer möglichen Schwächung des Euro unter Parität zum US-Dollar. "Die zunehmende Zinsdifferenz zwischen Europa und Amerika wird im Jahresverlauf zu Kapitalflüssen Richtung USA führen", sagte Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden..

Rohstoffe: Ölpreis verschnauft

Der Ölpreis entwickelte sich zur Wochenmitte uneinheitlich. Starke Impulse gab es aber nicht. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Abend 48,96 Dollar. Das waren 0,3 Prozent weniger als am Dienstag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg dagegen 1,2 Prozent auf 48,20 Dollar.

Für Belastung sorgte+ am Ölmarkt, dass wichtige Fragen in der vom Ölkartell Opec angestrebten Förderkürzung nicht geklärt sind. Es geht vor allem um Irak und Iran, die derzeit zweit- und drittgrößten Opec-Produzenten. Zusammen vereinen sie fast ein Viertel der Kartellförderung auf sich. Nach derzeitigem Stand wollen sie keinen Beitrag zu der beabsichtigen Produktionskürzung leisten. Mit der Kürzung will die Opec das Überangebot am Ölmarkt verringern und die Preise anheben.

Asien: Tokioter Börse geschlossen

Die steigenden Kurse an der Wall Street beflügelten am Mittwoch auch die Kauflaune der Anleger an den Aktienmärkten in Fernost. Die Liste der Gewinner führte der S&P/ASX200 in Sydney mit einem Plus von 1,3 Prozent an. Hier sorgten anziehende Rohstoffpreise für Kauflaune. In China stützte ein niedriger Yuan-Kurs die Märkte. Der Shanghai Composite stieg 0,2 Prozent, der MSCI-Index für die Region Asien-Pazifik unter Ausschluss Japans kletterte 0,6 Prozent. Die Aktienbörse in Tokio blieb wegen eines Feiertags geschlossen.

Etwas nach unten ging es in Malaysia, den Philippinen und in Indonesien, auch weil der Ringgit seine Talfahrt fortsetzte. Händler warten nun, ob sich die Zentralbank in Malaysia auf ihrer Sitzung zur Ringgit-Schwäche äußern wird.

Die Beurteilung Trumps ist auch in Asien einer nüchterneren Betrachtung gewichen, wie es hieß. Die asiatischen Märkte hatten zeitweise besonders verschnupft auf die Sorgen vor einer Einschränkung des Freihandels reagiert. "Sie werden nun von den Erwartungen eines Konjunkturpakets in den Hintergrund gedrängt", sagte Ric Spooner, Marktanalyst von CMC Markets in Sydney. 

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen