Marktberichte

Längste Minusserie seit 9 Monaten Trump macht Dax-Anlegern Angst

Wer hat Angst vor Donald Trump?

Wer hat Angst vor Donald Trump?

(Foto: REUTERS)

Angst vor der US-Wahl, miese Bilanzen - der Dax erleidet einen herben Wochenverlust. Gute Jobdaten aus den USA helfen da wenig. Erholung ist erst in Sicht, wenn Donald Trump nicht gewinnt.

Bösianer bibbern den US-Präsidentschaftswahlen entgegen. "Die Angst ist zurück an den Börsen", sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Auch ein insgesamt gut ausgefallener US-Arbeitsmarktbericht konnte die Stimmung am Freitag nicht retten. Zu groß ist die Sorge, dass sich Donald Trump durchsetzen könnte. "Die Märkte sind ziemlich beunruhigt über die Möglichkeit eines Siegs von Donald Trump", kommentierte Chris Hare von Investec. Vieles deutet auf ein enges Rennen bis zur letzten Minute hin.

Immer mehr Anleger suchen das Weite. Der Dax schloss den fünften Handelstag in Folge niedriger, zum Schluss standen noch einmal minus 0,6 Prozent zu Buche bei einem Stand von 10.259 Punkten. Das Minus in dieser Woche summierte sich damit auf vier Prozent.

Der MDax der mittelgroßen Unternehmen schloss 1,0 Prozent tiefer bei 20.428 Punkten, der Technologiewerte-Index TecDax sackte 0,7 Prozent auf 1691 Zähler ab. Zurückhaltung dominierte auch im restlichen Europa: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 0,5 Prozent auf 2956 Punkte ein.

Sollte Trump wirklich gewinnen, drohen weitere Verluste an den Aktienmärkten, warnen Beobachter. Der Republikaner gilt unter Marktteilnehmern als unberechenbar. Am Freitag lasteten zusätzlich durchwachsene Zahlen von der Berichtssaison auf den Kursen.

Was der Brexit im Frühsommer gewesen sei, sei nun Trump, sagte Daniel Saurenz von Feingold-Research n-tv.de. "Donald 'zertrumpelt' den Dax könnte man sagen." Die Anleger flüchteten sich aus Aktien und dem Dollar hinein in Euro und Yen. Gleichzeitig kauften sie Gold und Silber. Die Zitterpartie dürfte bis Dienstag anhalten. "Die Ampel für Aktien steht auf gelb", so Saurenz.

Und danach? "Bei einem Sieg Clintons ist eine Erleichterungsrally zu erwarten, ebenso wie Gewinnmitnahmen bei Gold und Silber. Ein Sieg Trumps dagegen wird wohl  auch die Fed schocken. Die Zinspolitik dürfte dann noch mal neu gewürfelt werden," prognostizierte Saurenz.

Ein Händler kommentierte, dass ein Fall auf die September-Tiefs bei 10.170 Punkten nun sehr wahrscheinlich sei. "Vor allem der krasse Anstieg der Volatilitäten warnt, dass wir noch nicht am Boden sind", gab ein weiterer Marktbeobachter zu bedenken.

Die Volatilitäten seien auf "invers" gedreht, was extremen kurzfristigen Stress anzeige, kommentiert er. Zur Erklärung: Der Sub-Index für Optionen mit einem Monat Restlaufzeit, der Optionen zur Absicherung auf die US-Wahl beinhaltet, notiert bei 27 Prozent. Der 3-Monats-Bereich kostet dagegen nur 23,6 Prozent, obwohl er die Fed-Zinsentscheidung im Dezember und das klassische Hedging zum Jahresende mit enthält. Kurz gesagt, Anleger rechnen kurzzeitig mit Turbulenzen.

Bei den Einzeltiteln stand Dax-Neuling ProSiebenSat.1 mit einem Kurssturz von 7,3 Prozent im Fokus. Der Medienkonzern hat sich 515 Millionen Euro frisches Kapital von Investoren beschafft, um Zukäufe im Digitalgeschäft zu tätigen. Das zusätzliche Aktienangebot drückte sichtlich auf den Kurs. Händler kritisieren zudem den unklaren Verwendungszweck. "Es heißt nur allgemein für Digitalzwecke, aber es gibt keine bekannten Übernahmeziele dafür", so ein Händler. Das sorge für Fragezeichen.

BMW enttäuschte seine Anleger mit einem unerwartet geringen Ergebnis in seiner Kernsparte Automobile. Die Aktien drehten am Ende trotzdem mit 0,3 Prozent ins Plus.

Commerzbank gaben 1,3 Prozent nach, obwohl der Verlust des zweitgrößten deutschen Geldhauses im dritten Quartal mit 288 Millionen Euro geringer ausfiel, als Analysten vorhergesagt hatten.

Im MDax zeigten Anleger Salzgitter die rote Karte, nachdem der Umsatz des Stahlkonzern in den ersten neun Monaten zurückgegangen ist. Der Gewinnanstieg sei trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Stahlmarkt zwar positiv, die Erwartungen hätten aber noch höher gelegen, hieß es. Dass der Ausblick bestätigt worden sei, sei eher ein Problem. Schließlich bräuchte Salzgitter ein sehr starkes viertes Quartal, um noch die Erwartungen an die Jahreszahlen erfüllen zu können. Die Aktien verloren 2,2 Prozent.

Von guten Quartalszahlen sprachen Händler beim Chemiekonzern Evonik. "Die Analysten waren im Vorfeld zu skeptisch und im Handel haben wohl einige eher mit einer nach unten angepassten Prognose gerechnet", sagte ein Händler. Dies sei nicht passiert. Trotzdem büßte die Aktie 0,9 Prozent ein.

USA: Wall Street geht die Puste aus

Die US-Börsen konnten zum Wochenausklang ihren Abwärtstrend nicht stoppen. Zunächst stützten solide Zahlen vom Arbeitsmarkt die Kurse. Die Wall Street steht allerdings weiter im Bann der Präsidentenwahl am Dienstag. Der Republikaner Donald Trump hat in Umfragen den Rückstand auf seine Rivalin Hillary Clinton von den Demokraten auf nur noch wenige Prozentpunkte verringert, was die Aktienkurse zuletzt gedrückt hatte. Trump gilt wegen seiner Unberechenbarkeit als Börsenschreck, Clinton dagegen als Garantin für Kontinuität.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte sackte um 0,2 Prozent und ging mit 17.888 Punkten ins Wochenende. Der breiter gefasste S&P-500 fiel um 0,2 Prozent zu auf 2085 Zähler. Auch der Index der Technologiebörse Nasdaq sank um 0,2 Prozent auf 5046 Stellen.

Der Boom am US-Arbeitsmarkt hielt auch im Oktober an. Private Firmen und der Staat schufen insgesamt 161.000 Stellen. Die Erwerbslosenquote fiel um einen Tick auf 4,9 Prozent. Damit ist praktisch Vollbeschäftigung erreicht - eines der erklärten Ziele der US-Notenbank. Diese dürfte nun im Dezember erstmals seit einem Jahr den Leitzins anheben.

Starbucks stiegen um 1,8 Prozent. Das abgelaufene Quartal lief besser als erwartet. Um 5,9 Prozent sackten indes Papiere von GoPro ab. Der Hersteller von Actionkameras, etwa für Fallschirmspringer und Surfer, hat Anleger mit seiner Prognose verschreckt.

Asien: Minuszeichen überwiegen

Nikkei
Nikkei 37.552,16

Auch an den Börsen Asiens überwogen die Minuszeichen. Zwar sprechen Händler nicht von starkem Abgabedruck, doch die Risikoneigung sei extrem gering. Auch hier wird damit gerechnet, dass dieser Zustand bis zur Wahl in den USA in der kommenden Woche anhalten wird. Zwar liegt Clinton in den Umfragen nach wie vor vorne. "Aber in der letzten Minute kann alles passieren, das hat unser der Brexit gelehrt", sagte Norihiro Fujito, Investmentstratege bei Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securities.

In Tokio schloss der Nikkei-Index 1,3 Prozent tiefer bei 16.905 Punkten und damit auf dem niedrigsten Stand seit Mitte Oktober. Auf Wochensicht gab der japanische Leitindex 3,1 Prozent nach, so stark wie seit vier Monaten nicht mehr.

Der breiter gefasste Topix verlor 1,6 Prozent auf 1347 Zähler. Die Börse in Schanghai lag im späten Handel rund 0,1 Prozent tiefer. Auch an anderen Aktienmärkten gab es Minuszeichen: Der MSCI-Index für die Region Asien/Pazifik unter Ausschluss Japans sank um 0,4 Prozent.

Devisen: Euro hält sich über 1,11 Dollar

Wie der Aktienmarkt reagierten auch Anleihen und Devisen nur verhalten auf den Arbeitsmarktbericht. Der Dollar machte zunächst auf breiter Front Boden gut, kam aber wieder zurück. Auch wegen der Unsicherheit um den Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen steht der Euro wieder deutlicher über 1,11 Dollar. Am späten Abend notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,1134 Dollar.

Wegen der Festnahme führender türkischer Oppositionspolitiker werfen Anleger die türkische Lira in hohem Bogen aus ihren Depots. Der Dollar stieg um bis zu 1,4 Prozent und war mit 3,1528 Lira so teuer wie noch nie. Der Euro markierte mit 3,4989 Lira ebenfalls ein Rekordhoch.

Die Trump-Nervosität der Anleger ließ sich auch an der mexikanischen Währung ablesen. Der Dollar verteuerte sich um bis zu 0,5 Prozent auf 19,258 Peso und lag damit weniger als einen Dreiviertel Peso unter seinem Rekordhoch vom September.

Trump will unter anderem Strafzölle auf mexikanische Waren erheben. Der Dollar gewann am Freitag nicht nur zum Peso, sondern auch zum Euro. Rückenwind erhielt er dabei vom anhaltenden Beschäftigungsaufbau in den USA. "Hürden für eine Zinserhöhung der Notenbank Fed im Dezember gibt es unseres Erachtens nicht", sagte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. In den Minuten nach Bekanntgabe der US-Arbeitsmarktdaten verbilligte sich der Euro um einen knappen Viertel US-Cent auf 1,1081 Dollar.

Investoren trennten sich daneben auch von türkischen Aktien und Anleihen. Der Leitindex der Istanbuler Börse fiel um 2,5 Prozent und damit fast drei Mal so stark wie der Dax. Auslöser der Verkaufswelle sei die Verhaftung mehrerer HDP-Mitglieder, sagte Anlagestratege Paul Fage vom Brokerhaus TD Securities. Die Polizei verhaftete unter anderem die beiden Chefs der prokurdischen Partei. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnet die HDP als verlängerten Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK.

Wenige Stunden nach den Verhaftungen explodierte in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir eine Autobombe, bei der nach Regierungsangaben mindestens acht Menschen starben.Ministerpräsident Binali Yildirim machte kurdische Extremisten für den Anschlag verantwortlich.

Rohstoffe: Ölpreise purzeln wieder

Am Ölmarkt ging es trotz einer kleinen Zwischenerholung weiter abwärts. Marktteilnehmer verwiesen auf eine Meldung, die bei Twitter kursierte. Dort hieß es unter Berufung auf Opec-Kreise, Saudi-Arabien habe die Ölfördermenge erhöht, nachdem Iran sich kürzlich geweigert habe, seine Förderung zu begrenzen. Der festere Dollar lastete zusätzlich auf den Ölpreisen.

Von einem Preis bei etwa 44,80 Dollar fiel das Barrel WTI in kurzer Zeit steil ab. Am späten Abend kostete WTI dann wieder 44,76 Dollar und damit 1,1 Prozent weniger als am Vorabend. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Januar kostete 45,65 US-Dollar. Das waren 70 Cent oder 1,5 Prozent weniger als am Vortag.

Druck auf die Preise kam auch vom dem anhaltend hohen Angebot. Die US-amerikanische Regierung hatte zur Wochenmitte einen Anstieg der Lagerbestände an Rohöl um 14,4 Millionen Barrel gemeldet. 

Der Goldpreis entfernte sich in einer ersten Reaktion auf die Arbeitsmarktdaten von der 1300er Marke kurz nach unten, eroberte das verlorene Terrain aber rasch wieder zurück. Die Feinunze kostete zu US-Handelsschluss 1305 Dollar. Auch hier überwog die Furcht vor einem Präsidenten Trump.

Quelle: ntv.de, ddi/kpi/DJ/rts

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