Marktberichte

Schwindende Zinsängste Dow schließt mit Gewinn

Epidemie-Drohung, die Gefahr einer Eskalation in der Ukraine und bedenkliche Schwächen im US-Einzelhandel: Barclays-Analysten sehen den Markt in eine Phase mit geringeren Erträgen einlaufen.

Epidemie-Drohung, die Gefahr einer Eskalation in der Ukraine und bedenkliche Schwächen im US-Einzelhandel: Barclays-Analysten sehen den Markt in eine Phase mit geringeren Erträgen einlaufen.

(Foto: REUTERS)

Mit Ebola, der Ukraine und dem US-Einzelhandel ragen an den New Yorker Aktienmärkten drei große Themen aus dem Börsengeschehen heraus. Die Konjunkturdaten des Tages entfachen indirekt neuen Rückenwind.

Schwindende Sorgen um eine eventuell vorgezogene Zinswende im Dollarraum haben die US-Börsen zur Wochenmitte in die Gewinnzone gedrückt. An der New Yorker Wall Street schlossen die großen Indizes im Plus.

Der Dow-Jones-Index beendete den Mittwochshandel mit einem Aufschlag von 0,55 Prozent auf 16.651 Punkte. Damit kann der US-Leitindex der 30 Standardwerte in der Performance-Betrachtung seit Jahresbeginn (YTD) wieder eine positive Bilanz von fast einem halben Prozent vorweisen. Der breiter gefasste S&P-500 ging mit 1946 Zählern 0,67 Prozent höher in den Abend. An der Technologiebörse Nasdaq gewann der Composite-Index 1,02 Prozent und schloss bei 4434 Punkten. Der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg um 1,13 Prozent auf 3949,20 Punkte.

Am Morgen gaben Konjunkturdaten indirekt die Richtung vor: Die lediglich stabil ausgefallenen Einzelhandelsumsätze seien zwar hinter den Erwartungen geblieben, das ändert einem Börsianer zufolge aber nichts am positiven Gesamtbild für Aktien. Die Daten aus dem Einzelhandel finden in der Regel starke Beachtung, weil rund 70 Prozent der US-Wirtschaftsleistung vom privaten Konsum abhängen.

Diesmal aber konnten Anleger der Konsumzurückhaltung der US-Bürger tatsächlich etwas Positives abgewinnen. Sie dürfte nämlich die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) davon abhalten, allzu rasch die Zinsen zu erhöhen. Die Angst vor einer strafferen Geldpolitik war maßgeblich verantwortlich für den Ausverkauf am Aktienmarkt in der vergangenen Woche.

Die jüngste Sorge um eine vorgezogene Zinsanhebung durch die Fed seien durch die Daten gedämpft worden, bestätigte Analyst Andreas Paciorek vom Broker CMC Markets. Nach den Aktienanlegern in Europa setzten auch die Investoren an der Wall Street auf eine Entspannung in der Ukraine-Krise. Mit Blick auf das allgemein abgeschwächte Kursniveau hätten sich risikobereite Anleger sogar auf Schnäppchenjagd begeben, hieß es. Die Lage in der Ukraine könne jedoch jederzeit eskalieren und den Markt erneut belasten, warnte Analyst David Lebovitz von J.P.Morgan Funds.

In Frankfurt war der Dax bis Handelsschluss um 1,4 Prozent auf 9198,88 Punkte geklettert und hatte damit die Verluste seit Monatsbeginn fast wieder ausgeglichen. Vor allem die Äußerung von Polens Außenminister Radoslaw Sikorski, die Gefahr einer russischen Militärintervention in der Ukraine sei geringer geworden, ermutigte US-Investoren, bei ihrer Ansicht nach günstigen Werten einzusteigen.

US-Militär fördert Ebola-Forschung

Auf der Ebene der Einzelwerte rückt die Ebola-Epidemie in Westafrika die Pharmabranche mehr und mehr ins Rampenlicht. Das US-Pharmaunternehmen Newlink Genectics will innerhalb von Wochen erstmals einen Impfstoff gegen Ebola am Menschen testen. Ursprünglich habe ein Zeitraum von bis zu zehn Monaten im Raum gestanden, wie Newlink-Chef Charles Link nach US-Börsenschluss erklärte.

Die Defense Threat Reduction Agency (DTRA) des US-Militärs habe dann in der vergangenen Woche eine Million Dollar für weitere Studien mit dem in Kanada entwickelten Impfstoff zur Verfügung gestellt. "Die DTRA hat gesagt, 'wir wollen das schnell voranbringen'", sagte Link. Die Behörde befasst sich eigentlich mit der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen, fördert jedoch auch die Grundlagenforschung.

Newlink will nun die Verträglichkeit des Medikaments an bis zu 100 Freiwilligen testen. Vermutlich würden viele Probanden aus dem Gesundheitswesen und dem amerikanischen Militär stammen, sagte Link. Zwar müsse noch eine Genehmigung der US-Arzneimittelbehörde FDA eingeholt werden, diese habe sich jedoch in der Frage "so hilfreich wie noch nie" gezeigt. Der Kurs der an der Nasdaq notierten Newlink-Aktie hatte den Handel zur Wochenmitte 0,7 Prozent fester bei 23,44 Dollar beendet.

Angesichts der bisherigen Versuche an Affen zeigte sich Link zuversichtlich, dass der Impfstoff sich als sicher und wirksam erweisen werde. Man habe zudem mindestens zwei Herstellerfirmen an der Hand und könne innerhalb von ein oder zwei Monten Zehntausende Impfdosen produzieren. In Westafrika tobt einer der größten Ebola-Epidemien der Geschichte. Die Zahl der Toten liegt inzwischen bei mehr als Tausend. Gegenwärtig gibt es weder ein Heilmittel noch ein Impfstoff.

Bester Sektor am breiten Markt waren die Gesundheitswerte, wie die Übersicht der 10 wichtigsten Branchen im S&P-500-Index zeigt. An der Spitze der entsprechenden Einzelwerte standen Vertex-Papiere mit plus 3,91 Prozent auf 88,75 Dollar.

Blick auf den Einzelhandel

Bei den übrigen Einzelwerten ruhten die Blicke der Analysten unter anderem auf den Signalen aus dem US-Einzelhandel. Die Aktien der Kaufhauskette Macy's verloren nach Vorlage der Halbjahreszahlen 5,5 Prozent. Der Warenhausbetreiber enttäuschte Branchenkenner mit seinem Gewinn und lieferte damit Experten zufolge zugleich "ein böses Omen" für die anstehende Saison der Quartalszahlen aus dem Einzelhandel.

Die Aktien von Wal-Mart gaben unter dem Eindruck der schwachen Einzelhandelsdaten mit minus 0,26 Prozent auf 74,03 Dollar einziger Verlierer im Dow. Am Donnerstag legt der weltgrößte Einzelhändler selbst seine Bilanz zum zweiten Quartal vor. Laut Jasper Lawler von CMC Markets wird ein Ergebnis je Aktie von 1,21 Dollar um 3 Cent unter dem Vorjahr erwartet. Der Umsatz sollte demnach um 2 Prozent wachsen. Ein stabiles Quartal könnte den Weg zurück zum Wachstumspfad weisen.

Kursrutsch bei King Digital

Wesentlich härter traf es die Aktien von King Digital, die um 23 Prozent einbrachen. Der Produzent von Online-Spielen wie etwa der "Candy Crush Saga" hatte am Vortag nicht nur einen unerwartet flauen Umsatz gemeldet, sondern auch noch den Ausblick gesenkt.

Aktien der Fossil Group fielen um 5,6 Prozent zurück, nachdem der Hersteller und Vertreiber von Uhren, Taschen und Bekleidung den Ausblick gesenkt hatte. Ähnlich war die Lage bei JDS Uniphase, wo sich Analysten ebenfalls vom Ausblick enttäuscht zeigten. Die Aktie des Herstellers von Test- und Messinstrumenten verbilligte sich um 8,5 Prozent.

Die Aktien von John Deere gaben um 2,3 Prozent nach. Der Landmaschinenhersteller senkte nach Quartalszahlen die Jahresprognosen in Bezug auf den Gewinn. Zudem liegt die Umsatzschätzung des Agco-Rivalen zum vierten Quartal unter der Konsensschätzung.

Wein- und Bierproduzent Constellation Brands folgt dem Beispiel anderer Branchenvertreter und kauft sich mit "Casa Noble Tequila" eine sogenannte Premium-Marke. Mit im Boot bei der Transaktion ist als Partner auch der berühmte Musiker Carlos Santana. Das wurde an der Wall Street allerdings kaum gewürdigt: Die Aktie schloss lediglich "gut behauptet", wie Börsianer erklärten.

Aufwärts ging es für Aktien aus dem Tech-Sektor: Die Intel-Titel knüpften laut Händlern ohne starke neue Nachrichten an ihre jüngste Aufwärtsbewegung an. Sie gewannen an der Dow-Spitze 2,9 Prozent auf 34,10 US-Dollar.

Auch andere Techwerte zeigten sich in dem Leitindex gefragt: Microsoft verteuerten sich um 1,29 Prozent, und Cisco legten vor dem Quartalsbericht um 0,2 Prozent zu. Die nach Handelsende vorgelegten Zahlen des Netzwerkausrüsters fielen besser als erwartet aus und wurden in einer ersten Reaktion nachbörslich gefeiert.

Der US-Konzern Amazon verlieh dem Markt zusätzlichen Auftrieb. Die Anteilsscheine legten knapp 2,2 Prozent zu, nachdem der Online-Händler ein mobiles Kreditkarten-Lesegerät vorgestellt hatte.

Wo geht's hin?

Die Analysten von Barclays sehen den US-Aktienmarkt in einer Übergangsphase. Aus einer Erholungsrally gehe er nun über in eine Phase mit geringeren Erträgen, da höhere Margen, Aktienrückkäufe der Unternehmen und gesunkene Risikoprämien für systemische Risiken inzwischen eingepreist seien. Für eine Neubewertung bedürfe es einer Rückkehr zu schnellerem Umsatzwachstum. Die Kurse dürften sich nun im Einklang mit den KGV entwickeln ohne darüber hinaus gehende Höherbewertungen.

Barclays gibt als 2014er Ziel für den S&P-500 1975 Punkte aus und 2100 Zähler für 2015. Für 2014 rechnen die Experten mit einem KGV-Wachstum von 7 Prozent für 2015 mit 8 Prozent. Für 2014 bewege man sich damit im Rahmen der Konsensschätzungen, für 2015 liege man darunter. Aktuell liegt der S&P-500 bei 1946 Punkten.

Beruhigende Töne steuerten die Analysten der Credit Suisse (CS) bei. Sie rieten Anlegern, sich nicht überstürzt aus US-Aktien zurückzuziehen. Investoren sollten dieses Segment "übergewichtet" halten, bis die Fed tatsächlich die Zinsen erhöhe, erklärten die Aktienmarktexperten. In der Vergangenheit hätten Aktien frühestens vier Monate vor einer Zinserhöhung ihren Höhepunkt erreicht. Wenn es dann tatsächlich soweit gewesen sei, hätten die Kurse im Schnitt um nur 3 Prozent korrigiert.

Die Aktienanalysten der Credit Suisse erwarten die erste Zinserhöhung schon vor Juni kommenden Jahres und liegen damit im Einklang mit dem Konsens, aber nicht mit den eigenen Volkswirten. Die CS-Ökonomen prognostizieren, dass die Fed die Zinsen im dritten Quartal 2015 erhöht.

An der New York Stock Exchange wechselten zur Wochenmitte rund 558 Millionen Aktien den Besitzer. 2292 Werte legten zu, 774 gaben nach und 103 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,59 Milliarden Aktien 1798 im Plus, 881 im Minus und 135 unverändert.

Experten zufolge investierten Ausländer angesichts der weltpolitischen Spannungen in US-Staatsanleihen, die als sicherer Hafen gesehen würden. Die zehnjährigen Papiere stiegen um 7/32 auf 100-23/32. Sie rentierten mit 2,41 Prozent. Die 30-jährigen Bonds stiegen um 16/32 auf 102-18/32 und hatten eine Rendite von 3,24 Prozent.

Ein Euro kostete zum Handelsschluss an der Wall Street 1,3365 Dollar und damit in etwa so viel wie am Vorabend. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,3360 (Dienstag: 1,3346) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete 0,7485 (0,7493) Euro.

Quelle: ntv.de, mmo/bad/DJ/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen