Marktberichte

EZB "schießt aus allen Rohren" Dax knackt die 10.000 nur kurz

Historische Dax-Kurse: Erst die 10.000-Punkte-Marke geknackt, dann wieder hergeschenkt.

Historische Dax-Kurse: Erst die 10.000-Punkte-Marke geknackt, dann wieder hergeschenkt.

(Foto: REUTERS)

Das Thema "Dax 10.000" ist durch. Der Leitindex hat die Marke übersprungen - mit freundlicher Hilfe der EZB und deren Chef Draghi. Der kündigt ein geldpolitisches Maßnahmenpaket von historischem Ausmaß an. Das pusht den Dax.

Der 5. Juni 2014 hat sich einen Platz in den Geschichtsbüchern des deutschen Aktienmarkts verdient - als Tag, an dem der Leitindex Dax erstmals die 10.000er Marke durchbrochen hat. Verantwortlich dafür war allein die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem Präsidenten Mario Draghi.

Die EZB senkte den Leitzins auf ein neues Rekordtief von 0,15 Prozent. Zugleich beschlossen die Währungshüter einen Strafzins von minus 0,1 Prozent für Geldreserven, die die Banken bei der EZB zwischenlagern, statt sie Unternehmen als Kredite zur Verfügung zu stellen.

Draghi kündigte zudem unter anderem Käufe von verbrieften Krediten (ABS) und neue langfristige Notenbank-Kredite (LTRO) an. Letztere hätten zunächst ein Volumen von 400 Milliarden Euro. Außerdem stellte er kurzfristige weitere Maßnahmen in Aussicht, sollten diese notwendig sein.

Tageshoch 10.013,69

Dieses Bündel an Entscheidungen ist ebenso historisch wie die fünfstellige Zahl auf der Dax-Anzeigetafel. Im Tageshoch schaffte der deutsche Börsen-Leitindex 10.013,69 Punkte. Zum Handelsende gab der Dax wieder deutlich ab und schloss 0,2 Prozent fester bei 9948 Zählern. Der MDax kam ebenfalls von seinem bei 16.997 Stellen liegenden Tageshoch zurück und wies noch einen Aufschlag von 0,5 Prozent auf bei 16.942 Punkten. Der TecDax zog 0,2 Prozent auf 1305 Zähler an.

Deutliche Abschläge musste zwischenzeitlich der Euro hinnehmen, der bis auf 1,3503 Dollar fiel. Dagegen zog der Goldpreis deutlich an.

Bonds der Euro-Krisenstaaten rückten nach der Zinssenkung in den Blick, wurden gekauft. "Grundsätzlich kommen die Beschlüsse der EZB den Südländern mehr zu Gute als uns", kommentierte ein deutscher Rentenhändler. Während der Bund-Future um bis zu 68 Ticks auf 145,25 Punkte rutschte, zog der Future auf die italienischen Anleihen um bis zu 92 Ticks auf 125,72 Zähler an. Entsprechend gaben die Renditen der italienischen Anleihen bis auf 2,923 Prozent nach. Auch die spanischen Anleihen waren gefragt. Ihre Renditen purzelten auf 2,811 Prozent. Dagegen kletterte die Rendite der deutschen Bundesanleihe auf 1,442 von 1,387 Prozent am Vorabend.

Kritik wird laut

"Draghi schießt aus allen Rohren", sagte dann auch ein Händler. "Das ist mehr als die 'Dicke Bertha'. Es muss verdammt schlimm um die Eurozone stehen, wenn so viel Geld reingepumpt werden muss."

Die Entscheidungen der EZB riefen auch warnende Stimmen auf den Plan: Der Targobank geht die jetzt beschlossene Leitzinssenkung zu weit. Diese Entscheidung, vor allem aber der Beschluss für einen negativen Einlagezinssatz von minus 0,1 Prozent sei für den Euro-Raum völliges Neuland, sagte Chefvolkswirt Otmar Lang.

Die Niedrigzinspolitik nehme immer extremere Züge an, obwohl schon die bisherigen Maßnahmen keinen wirklich durchgreifenden Erfolg gezeigt hätten. "Eines ihrer wichtigsten Ziele, nämlich die Banken zu einer großzügigeren Kreditvergabe an die Wirtschaft zu bewegen, hat die EZB bislang nicht erreicht", so Lang weiter.

Auch erreichten die Aktienmärkte - insbesondere der Dax - befeuert durch die niedrigen Zinsen Woche für Woche neue Höchststände. "Diese Entwicklung ist jedoch nicht durch die konjunkturelle Entwicklung in Europa unterlegt", so Lang. Er sieht daher die Gefahr einer Blasenbildung bei Aktien wie auch an den Rentenmärkten.

Kleine Panne am Rande

Für etwas Abwechslung - und Aufregung am Vormittag - sorgten technische Probleme beim Börsenbetreiber Deutsche Börse im elektronischen Aktienhandel. Kurz vor 10.30 Uhr ging für einige Minuten nichts mehr. Das elektronische Handelssystem Xetra sei kurzzeitig gestoppt worden, so die Börse. Anschließend sei das Geschäft mittels Auktionen wieder zum Laufen gebracht worden, der fortlaufende Handel sei kurz darauf wieder möglich gewesen.

Banken feiern Draghi

Mit einem Aufschlag von zeitweise 2,6 Prozent führte der Bankensektor mit großem Abstand die Gewinnerliste in Europa an. Die zusätzlichen Liquiditätsbereitstellungen durch die EZB sowie die geringeren Refinanzierungskosten seien gute Nachrichten für die Kreditinstitute, hieß es am Markt. Daneben habe Draghi mitgeteilt, dass die EZB an einem ABS-Kaufprogramm arbeitet. Hier fehlten zwar noch Details, aber ABS-Käufe könnten für den Bankensektor eine große Entlastung darstellen. Die Banken könnten ABS-Pakete an die EZB verkaufen und sich auf diese Weise bilanziell entlasten, so das Fazit von Marktteilnehmern.

Commerzbank zogen daraufhin 3,2 Prozent an - und marschierten an die Spitze der Dax-Gewinner. Die größten Verluste wiesen Deutsche-Bank-Titel auf, sie verloren 3,8 Prozent. Das Finanzhaus legte im Zusammenhang mit der anstehenden Kapitalerhöhung den Bezugspreis für die neuen Aktien auf 22,50 fest. Das Bezugsverhältnis liegt bei 18:5, die Bezugsfrist endet am 24. Juni. Die Bank rechnet mit einem Bruttoemissionserlös von 8,5 Milliarden Euro.

"Merger Thursday" im Telekom-Sektor

Bei den Einzelwerten wanderte der Blick zudem in Richtung des Telekom-Sektors. Ein Händler sprach vom "Merger Thursday". Er verwies auf das mögliche 50 Milliarden US-Dollar schwere Zusammengehen von Sprint mit T-Mobile US sowie auf ein mögliches Gebot der französischen Orange für Bouygues Telecom. "Derart große Deals werden nicht an ein, zwei Tagen eingepreist", sagte ein anderer Händler. Die Titel der Deutschen Telekom zogen dann auch 0,6 Prozent an.

Henkel vergrößert sich

Bei Henkel schauten Marktteilnehmer auf den Kauf der französischen Spotless Group. "Etwas teuer", sagte dazu ein Händler. Das dürfte aber den Kurs von Henkel nicht belasten. Denn mit einem Umsatz von 280 Millionen Euro - rund 1,7 Prozent des Umsatzes von Henkel - sei die Übernahme "ohnehin ein kleines Geschäft". Spotless würde mit dem 3,3-fachen des Umsatzes bewertet, bei Henkel liege dieser Wert mit dem 2-fachen deutlich niedriger. Henkel verteuerten sich zunächst, schlossen dann aber nahezu unverändert.

Dortmund steigt in 3. (Börsen)Liga auf

Titel von Borussia Dortmund sprangen 6,6 Prozent an - auch deshalb, weil die Deutsche Bank wohl vor einem einstieg steht. Zudem spielten den Papieren auch der anstehende Aufstieg in den SDax in die Karten. "Mit dem kontinuierlichen Kursanstieg seit Juni 2012 sind auch die Börsenumsätze gestiegen", begründete ein Börsianer den nicht ganz unerwarteten Schritt. Der sportliche Erfolg der vergangenen Jahre habe die Bewertung der Aktiengesellschaft nach oben getrieben.

Neues im SDax

Überraschender sei da schon eher die Aufnahme von Hornbach Baumarkt in den SDax - da die Hornbach Holding bereits im Index vertreten sei, führte der Marktteilnehmer weiter aus. Vielmehr habe man auf eine Rückkehr von VTG in den Nebenwerteindex gesetzt. "Aber so richtig ernst nehmen darf man das Rein und Raus in den Katakomben des SDax ohnehin nicht", sagte er.

Hornbach Holding gewannen 0,6 Prozent, Hornbach Baumarkt sprangen 2,7 Prozent an. VTG bewegten sich 1,0 Prozent nach oben. Die beiden Absteiger Air Berlin und König & Bauer gingen uneinheitlich mit Abschlägen von 0,9 Prozent und mit Aufschlägen von 0,2 Prozent und Prozent aus dem Handel. Die Deutsche Börse hat die Wechsel beschlossen, sie werden zum 23. Juni wirksam.

Quelle: ntv.de, bad/jwu/rts/DJ

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