Marktberichte

"Es bleibt unruhig" Markt steht vor Richtungsentscheidung

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(Foto: REUTERS)

Ist das die Korrektur - oder war sie es schon? Anleger müssen sich entscheiden. Helfen können ihnen etliche Konjunkturdaten. Zudem sinkt die Bereitschaft, Anleihen zum Nullzins zu kaufen. Sicher ist nur - es geht weiter turbulent zu.

Die europäischen Aktien- und Rentenmärkte treten in eine entscheidende Phase ein. Denn nach über einem Monat Konsolidierung an den Aktienmärkten und einem fast crashartigen Anstieg der Zinsen müssen sich Anleger fragen, ob es sich tatsächlich nur um eine Korrektur gehandelt hat. Am deutschen Aktienmarkt rechnen Teilnehmer weiter mit heftigen Kursschwankungen. Etliche Quartalszahlen sowie zahlreiche Konjunkturdaten dies- und jenseits des Atlantiks sollten die Investoren auf Trab halten. "Es bleibt unruhig," sagt ein Händler.

Einige Börsianer an den Anleihemärkten sehen den Kurseinbruch bei den Renten eher entspannt: "Investoren waren nicht mehr bereit, Risiko zum Nullzins zu kaufen", heißt es von dort. Sie sehen das aktuelle Niveau der zehnjährigen Bundesanleihen von 0,60 Prozent wieder attraktiv zum Einstieg gegenüber den Allzeittiefs und erwarten daher keine großen Kursverluste mehr. Andere Investoren sind skeptischer und sehen nur den Beginn eines langen Zinsanstieges.

Fed - handeln oder warten?

Daneben steht weiter der Euro im Fokus, dessen Kursentwicklung seit Wochen über Wohl und Wehe des Leitindex entscheidet. Da die Gemeinschaftswährung in den ersten Monaten des Jahres stark schwächelte, ging es für den Dax zunächst steil bergauf - schließlich machen niedrigere Euro-Kurse europäische Waren auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger. Inzwischen hat sich das Bild allerdings gedreht: Der Euro zieht wieder an und der Dax legt den Rückwärtsgang ein. Seit Mitte April verlor er in der Spitze mehr als neun Prozent, auf Wochensicht schwankte er heftig um die Marke von 11.500 Punkten.

Nach einer Reihe enttäuschender US-Konjunkturdaten setzten zuletzt immer mehr Anleger auf eine spätere Erhöhung der Zinsen in den USA. An der Wall Street musste der Dow-Jones-Index auf Wochensicht leichte Einbußen hinnehmen.

Viel dürfte daher kommende Woche davon abhängen, wie Anleger auf den US-Arbeitsmarktbericht reagieren. Nur ein schwacher Stellenaufbau würde den Gedanken an Zinserhöhungen in den USA noch hinter den Monat September schieben. Denn die Risiken einer Zinserhöhung der US-Notenbank sind hoch. So erwartet Blackrock, immerhin der größte Vermögensverwalter der Welt, dass Anleihen- und Aktienmärkte danach gleichzeitig fallen könnten. Zwar rechnet Blackrock nicht vor September mit einer Zinserhöhung - sieht aber auch Gefahren. Je länger die Notenbank warte, desto mehr steige das Risiko von Spekulationsblasen: "Daher wäre es uns lieber, die Fed würde sich eher früher als später von ihrer Nullzinspolitik verabschieden", kommentiert das BII.

Neue Hinweise auf den Zustand der US-Wirtschaft, sollten zudem die Einzelhandelsumsätze und die Daten zur Industrieproduktion geben. Nach Einschätzung von Commerzbank-Analyst Christoph Weil dürften sie auf eine konjunkturelle Besserung im April hindeuten.

Schüren BIP-Daten Zinsängste?

Gespannt blicken die Investoren auch auf die Wachstumsdaten in der Eurozone: Experten rechnen beim Bruttoinlandsprodukt für das erste Quartal mit leicht besseren Zahlen. Kursrelevanter dürften dagegen die zahlreichen BIP-Daten aus dem Euroraum werden. Sollten sie besser als erwartet ausfallen und damit eine stärkere Wirtschaftsbelebung in der Eurozone aufzeigen, dürften sofort wieder Inflations- und damit Zinsängste aufkommen. Denn bereits jetzt sei die implizite Inflationserwartung des Marktes von 1,5 Prozent auf 1,8 Prozent für die Eurozone gestiegen, heißt es bei den Analysten von Berenberg. Das ist nicht mehr weit entfernt vom mittelfristigen Inflationsziel der EZB.

Auch der überraschend klare Wahlsieg der britischen Konservativen, die in Zukunft voraussichtlich allein regieren, lässt die Experten nicht kalt. "Damit bleibt Großbritannien eine komplizierte Regierungsbildung erspart", schreibt Analyst Christian Apelt von der Landesbank Helaba. Allerdings werde auch das von Premierminister David Cameron für spätestens 2017 angekündigte Referendum über die weitere EU-Zugehörigkeit unausweichlich.

Berichtssaison im Dax - na und?

Auf Hochtouren läuft weiterhin die Berichtssaison: Im Dax legen unter anderem ThyssenKrupp, Telekom, Deutsche Post und RWE ihre Zahlen vor. Aus der zweiten und dritten Reihe lassen sich etwa der Versicherungskonzern Talanx, SMA Solar, oder die Kupferhütte Aurubis in die Bücher schauen. Allerdings spiele schon vergangene Woche die Musik auf dem Rentenmarkt. "Wir hatte diese Woche den Höhepunkt der Berichtssaison - und keinen hat es wirklich interessiert", sagt ein anderer Händler. Von den wenigen Unternehmen, die nun noch folgen, sei daher kein Markteinfluss mehr zu erwarten, hieß es.

Daneben laden auch zahlreiche Unternehmen wie K+S, BMW oder die Deutsche Börse zur Hauptversammlung. Bei der Deutsche Börse wird sich Reto Francioni von den Aktionären verabschieden. Ende des Monats übernimmt Carsten Kengeter das Ruder. Intensiv diskutiert wird die Frage, ob Kengeter nur kleinere Anpassungen vornimmt oder ob die Börse unter ihm wieder große Zukäufe und Fusionen anstrebt.

Athen drängelt sich wieder auf die Agenda

Weiterhin im Blick behalten die Anleger auch das Thema Griechenland: Athen hofft auf einen baldigen Durchbruch im Schuldenstreit mit seinen Geldgebern. Am Montag beraten die Euro-Finanzminister erneut über einen Ausweg aus dem monatelangen Zwist, bei dem es vor allem um Reformauflagen im Gegenzug für weitere Hilfen geht.

"Sowohl für Bunds als sicheren Hafen als auch für die Anleihen der Peripherie sollte wichtig sein, mit welcher Stimmung das Treffen der Eurogruppe am Montag enden wird", heißt es dazu von den Anleihespezialisten der Commerzbank.

Die griechische Regierung ist wegen ihrer klammen Kassen dringend auf weitere Kredite der Geldgeber angewiesen. Anleger fürchten, dass Griechenland pleite gehen und aus der Euro-Zone ausscheiden könnte. Das dürfte die Märkte laut Experten zumindest vorübergehend in heftige Turbulenzen stürzen.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts/dpa

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