Marktberichte

Allzeithoch dank Macron 12.455: Anleger lassen Dax-Bullen fliegen

Mehrfach probiert der Dax es in den vergangenen Wochen, den mittlerweile rund zwei Jahre alten Höchststand zu knacken. Nun ist es gelungen, und wie: Um satte 400 Punkte zieht der Leitindex im Hoch an. Merci, Macron!

"Hier flieht die Kuh - und das Allzeithoch." Mit diesen Worten hat n-tv-Börsenexperte Frank Meyer die Situation am deutschen Aktienmarkt zum Start in die neue Handelswoche kommentiert. Passender geht es nicht, denn der Dax sprang bereits zum Start deutlich an, knackte dann am Vormittag das rund zwei Jahre alte Allzeithoch knapp unter der 12.400-Punkte-Marke und schraubte später am Nachmittag seinen neuen Rekord bis auf 12.455 Zähler. Zur Erinnerung: Am Freitag hatte sich der Leitindex mit 12.048 Punkten aus dem Handel ins Wochenende verabschiedet. Als "Erleichterungsrally" bezeichnete n-tv-Börsenexpertin Katja Dofel den 386-Punkte-Aufschlag. Sie verwies auf "deutlich risikofreudigere Anleger", die nach dem Ausgang der ersten Wahlrunde in Frankreich beherzt zugegriffen hätten.

Der Dax schloss 3,4 Prozent im Plus bei 12.455 Punkten. Der MDax verbesserte sich 2,5 Prozent auf 24.593 Stellen. Der TecDax zog 2,4 Prozent auf 2064 Zähler.

Konjunktur: Börsianer feiern Macron 

Gleich mehrere Faktoren stützten den Markt: Zuballerst der Sieg Emmanuel Macrons in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Er nahm eine Menge Druck aus dem Kessel, wie es von Marktseite hieß. Macron tritt nun in der Stichwahl am 7. Mai gegen Marine Le Pen an, der aber angesichts eines Rückstands in den Umfragen von 25 Prozentpunkten praktisch keine Siegchancen eingeräumt werden. Durch den Wahlausgang wurde das aus Marktsicht schlechteste Szenario einer Stichwahl zwischen Le Pen und dem linken Politiker Jean-Luc Melenchon vermieden.

Stützend war dabei nicht nur die Tatsache, dass Macron den ersten Wahlgang gewonnen hatte, sondern auch dass Le Pen schlechter als in den Umfragen erwartet abgeschnitten hatte. Im Handel sah und sieht man nun Aufwärtspotenzial bei Aktien und für den Euro. Letzterer könnte nach Einschätzung von Cityindex bis auf 1,12 Dollar steigen. Andere Marktexperten halten auch 1,15 Dollar für durchaus möglich.

Bei aller Euphorie gab es aber auch skeptische Stimmen am Markt. "Es wäre ein Fehler (...) zu glauben, Frankreichs Probleme wären nun gelöst", sagte Analyst Michael Hewson von CMC Markets. Das Land sei immer wieder an politischen Reformen gescheitert, die Bevölkerung sei von der politischen Elite unverändert desillusioniert. Habe sich die Euphorie erst einmal gelegt, müsse sich zeigen, ob Macron seine Wahlankündigungen umsetzen könne. Andere Teilnehmer verwiesen darauf, dass der Markt bei "Brexit" und Trump-Wahl zunächst falsch gelegen hatte.

Belebend wiederum wirkte die erneut aufgehellte Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft. Der Ifo-Geschäftsklimaindex kletterte im April auf 112,9 Punkte von 112,4. Ökonomen hatten nur mit einem leichten Plus auf 112,5 Zähler gerechnet.

Devisen: Euro kurz über 1,09

In einer ersten Reaktion war der Euro am Sonntagabend bis auf 1,0937 Dollar geklettert und damit auf den höchsten Stand seit fünf Monaten. Allerdings konnte er dieses Niveau nicht behaupten und notierte am Montagabend bei 1,0862 Dollar. Am Freitagabend hatte die Gemeinschaftswährung noch bei rund 1,07 Dollar gelegen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zudem am Freitagnachmittag auf 1,0698 Dollar festgesetzt. Heute lag dieser bei 1,0848 Dollar.

Marktbeobachter sprachen von einer Gegenbewegung nach dem Kurssprung vom Sonntagabend. Nach Einschätzung des Experten Daisuke Karakama von der japanischen Mizuho Bank hatte sich der Fokus der Anleger am Devisenmarkt außerdem bereits ein wenig von der Frankreich-Wahl auf die politische Entwicklung in den USA verschoben. Demnach werde der Dollar derzeit von der Aussicht auf Steuersenkungen durch die US-amerikanische Regierung gestützt und der Euro im Gegenzug belastet.

Dax: Fantasie bei Linde

Im Dax lagen 29 von 30 Werten im Plus, nur Vonovia schlossen rund 0,5 Prozent leichter. Linde zogen mehr als 3 Prozent an. Der "Platow-Brief" verweist auf kommende gute Zahlen: War das bereinigte Ebit im Vorjahr noch auf 530 Millionen Euro gesunken, dürfte jetzt ein Wert von rund 560 Millionen Euro herauskommen, womit Linde einige Analysten auf dem falschen Fuß erwischen würde, schrieb "Platow" ohne Angabe von Quellen. "Der Kurs hängt vor allem an der Fusion mit Praxair", kommentierte ein Händler.

RWE verbessern sich ebenfalls deutlich: 2,8 Prozent. Die Stadt Dortmund könnte über ihre Stadtwerke den Anteil an RWE ausbauen, selbst Aktienkäufe auf Kredit seien nicht ausgeschlossen, wie Bürgermeister Ullrich Sierau der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" sagte. Der Kurs sei unterbewertet, so Sierau.

Am deutlichsten ging es für die Banken nach oben. "Hier ist die Erleichterung besonders spürbar", sagte n-tv-Börsenexpertin Dofel. Commerzbank sprangen mehr als 9 Prozent an. Für die Titel der Deutschen Bank ging es rund 8 Prozent aufwärts.

Aktien von Adidas und Siemens wiesen neue Rekordhochs aus. Die Aufschläge betrugen 1,7 Prozent und knapp 5,5 Prozent. Auch SAP bewegten sich auf Allzeithochniveau mit einem Plus von etwa 2 Prozent.

TecDax: Sartorius und das Jahreshoch

Weiter auf Hausse-Kurs befanden sich die Aktien von Sartorius, deren Kurs 3,4 Prozent stieg. "Die Zahlen sind in der Breite gut", sagte ein Marktteilnehmer. In den ersten drei Monaten 2017 steigerte Sartorius seinen Umsatz wechselkursbereinigt um 12,2 Prozent auf 343,1 Millionen Euro. Das operative EBITDA legte um 17 Prozent auf 84,6 Millionen Euro zu. Den erst kürzlich angehobenen Ausblick hatte das TecDax-Unternehmen bekräftigt. "Bei einem neuen Jahreshoch über 82,93 Euro setzt sich die Hausse fort", so der Marktteilnehmer.

Siltronic verloren etwa 3,5 Prozent. Hintergrund dürfte nach Einschätzung von mainfirst ein Artikel in der "Economic Daily News" sein. Dort hieß es, dass die japanischen Marktführer Sumco und Shin-Etsu mit TMSC Preissteigerungen für Wafer von 10 Prozent für das zweite Halbjahr vereinbart haben. Da die japanischen Unternehmen den Wafer-Markt mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent kontrollieren, geben sie normalerweise die Preisentwicklung vor. Die Analysten sehen daher für Siltronic nur begrenzten Spielraum, die Preise zu steigern.

Europa: Philips liefert

Von guten Zahlen sprachen Marktteilnehmer bei Philips, die Aktien verteuerten sich fast 4 Prozent. "Erstaunlich ist eigentlich nur, dass Philips den Ausblick nicht angehoben hat", sagte ein Marktteilnehmer. Der Gewinn je Aktie habe mit 0,25 Euro die Erwartung von 0,18 Euro deutlich geschlagen. Besonders gut abgeschnitten habe der Bereich Medizintechnik, womit Philips auch von der neuen Übernahmefantasie in der Branche profitieren sollten. Die Übernahme von C.R. Bard durch Becton Dickinson rückt den gesamten Medizintechnik-Sektor in den Blick.

USA: Dow zieht an

US-Anleger reagierten ebenfalls mit Erleichterung auf den Erfolg von Macron in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich und griffen beherzt bei Aktien zu. "Das Ergebnis der ersten Runde der Frankreichwahl gefällt sehr", sagte Chef-Marktstratege Peter Cardillo von First Standard Financial.

Der Dow-Jones-Index stieg um 1,1 Prozent auf 20.764 Punkte, der S&P-500 gewann ebenfalls 1,1 Prozent und der Nasdaq-Composite 1,2 Prozent.

Unter den Einzelwerten fielen Halliburton um 0,7 Prozent. Der Öldienstleister hat einen Erstquartalsverlust ausgewiesen, weil das Unternehmen einige seiner Schulden zurückgezahlt hat. Dagegen verteuerte sich die Hasbro-Aktie um 5,9 Prozent. Der Umsatz in der Spielesparte des Unternehmens schnellte im ersten Quartal um 43 Prozent nach oben.

PPG Industries gibt beim niederländischen Farben- und Spezialchemiekonzern Akzo Nobel nicht auf. PPG erhöhte ihre Offerte zum zweiten Mal. Die Papiere des Herstellers von Kunstglas- und Chemieprodukten zeigten sich 2 Prozent fester. Nach zunächst noch positiv aufgenommenen Studienergebnissen ging es für den Kurs von Akari Therapeutics um 14,7 Prozent gen Süden. Nach Geschäftsausweis des Hygieneartikelanbieters Kimberly-Clark stiegen die Titel 0,3 Prozent und zeigten damit relative Schwäche. Das Unternehmen verbuchte Erlösrückgänge in fast allen entwickelten Regionen.

Rohstoffe: WTI klopft an die 50-Dollar-Marke

Selbst der günstige Dollar sorgte nicht für eine Erholung am Erdölmarkt nach dem Preisrutsch der Vorwoche. US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich um weitere 0,8 Prozent auf 49,23 Dollar, das war ein Vierwochentief. Die europäische Referenzsorte Brent sank in gleichem Umfang. Fundamental habe sich nichts geändert, hieß es im Handel. Die Sorge vor einer Überversorgung des Marktes bedingt durch die steigende US-Förderung dominiere weiter das Handelsgeschehen.

Händler begründeten die moderaten Preisaufschläge und die darauf folgenden Abgaben mit der Entwicklung des Dollar. Zunächst habe der deutlich schwächere Dollar die Ölnachfrage außerhalb des Dollarraums belebt. Danach sei dieser Trend aber schnell abgeflaut. Zudem steht zwar eine weitere Förderkürzung der Opec für das zweite Halbjahr im Raum, konkret ist aber noch nichts.

Angesichts der erkennbar gestiegenen Risikoneigung verließen die Anleger die vermeintlich sicheren Häfen Gold und Renten. Trotz der Schwäche des Greenbacks, der Gold für Anleger außerhalb des Dollarraums billiger macht, fiel der Preis für die Feinunze des Edelmetalls auf 1.276 Dollar. Zum Wochenschluss hatten Anleger noch rund 1.285 berappen müssen - ein Abschlag von 0,7 Prozent.

Asien: Nikkei sticht alle aus

An den Börsen in Ostasien überwogen zu Wochenbeginn die positiven Vorzeichen, nachdem der europafreundliche Kandidat Macron die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Nur die chinesischen Aktienmärkte profitierten nicht von dem Wahlergebnis. Dort standen heimische Faktoren im Vordergrund. Auf den Kursen lastet schon seit einiger Zeit die Furcht vor einer strengeren Regulierung der Wertpapiermärkte.

Beobachter sind diesbezüglich allerdings skeptisch. Es gebe derzeit keine Hinweise darauf, dass die zuständigen Behörden ihre Gangart verschärfen, meinte etwa Zhang Gang, Analyst bei Centra China Securities. Gleichwohl fiel der Shanghai Composite am Montag. In Hongkong bewegte sich der HSI indes kaum. Der Tokioter Nikkei-Index schloss 1,4 Prozent höher bei 18.876 Punkten.

Ein schwächerer Yen trieb die Kurse in Tokio. Der Nikkei-Index schloss 1,4 Prozent höher bei 18.876 Punkten.  Gesucht waren vor allem Aktien exportorientierter Unternehmen. An den anderen Märkten der Region fielen die Gewinne weniger deutlich aus. In Seoul ging es mit dem Kospi 0,1 Prozent nach oben. Der australische S&P/ASX200 tendierte ebenfalls kaum verändert.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/dpa

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